0529 - Der Würgeadler
Fall lachen wir Sie aus. Wir nehmen die Sache sogar sehr ernst.«
Die Familie Grenier staunte uns an. »Meinen Sie wirklich?« fragte Eliette.
»Das ist nicht gelogen, Madame. Ich will Ihnen allen sagen, daß mein Kollege Suko und ich uns mit diesen und ähnlichen Dingen beschäftigen. Beruflich sogar.«
Jetzt weitete sich ihr Staunen noch mehr aus. Der fünfzehnjährige Pierre fragte: »Dann sind Sie so etwas wie Geister-Polizisten?«
»Fast.«
Eliette faßte nach meinem Arm. »Kann Sie uns der Himmel geschickt haben, Monsieur?«
»Ich weiß es nicht, aber es ist kein Zufall, sondern Bestimmung.«
»Wie kommen Sie darauf?« wollte Jacques Grenier wissen.
Auf meine Antwort mußte ich die Familie erst vorbereiten. »Was ich Ihnen jetzt sage, klingt vielleicht schlimm, aber wir versprechen Ihnen, daß wir alles tun werden, um es nicht noch mehr zu steigern. Vorhin wurde von einem zweiten Bösen gesprochen, das sich mit dem ersten verbinden sollte. Dieses zweite Böse existiert. Wir haben es mitgebracht. Es sitzt draußen im Wagen.«
»Dieser Verbrecher?« fragte Paul sofort.
»Genau!«
Er starrte Suko und mich an. Dann leerte er den Rest aus seinem Glas. »Nein, das glaube ich nicht. Das kann ich einfach nicht glauben. Es sind zu viele Zufälle.«
»Keine Zufälle, Monsieur Grenier. Überhaupt keine. Alles ist Bestimmung, Schicksal.«
»Ich weiß nicht.« Er wandte sich an die restlichen Familienmitglieder. »Was meint ihr denn dazu?«
Sie schwiegen, bis Jacques das Wort ergriff. »Ich glaube auch nicht, daß es ein Zufall ist. Haben Sie nicht auch den gewaltigen Schatten auf dem Hang gesehen?«
»Das haben wir.«
»Da seht ihr es. Nicht nur ich habe den Flügel entdeckt. Ich will euch etwas sagen. Da tut sich was. Dieser verfluchte Adler wird irgendwann aus dem Berg hervorkommen und uns vernichten.«
»Weshalb?« fragte Suko.
»Der alte Fluch.«
»Dafür muß es einen Grund geben.«
Jacques nickte. »Der Ort hier heißt Aigleville ( Adlerstadt ). Früher gab es hier zahlreiche Adler, aber es gab auch Menschen, die Jagd auf die Vögel machten. Sie schossen sie ab, sie ermordeten sie mit Lanzen und Speeren, bis sie an den König der Adler gerieten, ihn aber nicht töten konnten und ihn in einem Bergstollen vergruben. Viele waren der Meinung, daß es sich bei dem Tier um keinen normalen Adler gehandelt hatte. In ihm steckte eine immense Kraft, die so mächtig war, daß sie selbst den Tod überwinden konnte. Man sprach davon, daß der Adler nicht sterben und irgendwann einmal zurückkehren würde. Das war es.«
»Er will sich also rächen.«
»Ja. Er wartete darauf, daß in diesem Ort etwas Böses geschieht oder etwas Böses eintrifft. Außerdem ist er der König der Vögel. Die anderen gehorchen ihm. So haben es bestimmt auch die Krähen und Raben getan. Sie haben ihm allein gehorcht, sind seinen Befehlen gefolgt und haben uns angegriffen.«
»Weshalb ausgerechnet Sie, Monsieur?« erkundigte sich Suko.
»Das weiß ich nicht. Sie sind auch attackiert worden.«
»Klar, wir sind auch mit dem Menschen unterwegs gewesen, der das zweite Böse manifestiert. Oder was meinst du, John?«
»Ich denke ebenso.«
»Dieser Kerl im Wagen?« flüsterte Eliette. »Ich… ich kann es noch immer nicht glauben, aber ich sehe ein, daß es allmählich doch so etwas wie Schicksal ist, das uns zusammengeführt hat.«
Ich nickte.
Suko schob seine Kaffeetasse von sich. »Ob van Akkeren eventuell mehr über den Adler weiß?«
Ich starrte den Inspektor an. »Die Idee ist nicht schlecht. Wir sollten ihn fragen.«
Paul Grenier war dagegen. »Wollen Sie ihn herholen?« flüsterte er.
»Nein, keine Sorge, das erledigen wir draußen.« Suko schob den Holzstuhl zurück und erhob sich.
Auch ich stand auf.
»Und wenn er tatsächlich mehr weiß?«
»Wissen Sie, Monsieur«, ich legte Paul eine Hand auf die Schulter.
»Um so besser ist es für uns. Dann können wir nämlich zuschlagen. Informationen sind oft der halbe Sieg.«
»Wenn Sie meinen.«
Pierre, der Sohn, hatte sich bisher rausgehalten. Er stand am Fenster und schaute nach draußen. Plötzlich drehte er sich um. »Sie kommen wieder!« rief er. »Die Vögel sind wieder da!« Er ging zurück, bleich im Gesicht. »Tun Sie was.«
»Wo?« fragte ich.
»Da draußen!«
Ich lief ebenfalls zum Fenster. Suko erreichte es zusammen mit mir. Wir schauten über den Weg und dorthin, wo der Wagen parkte.
Er stand noch so da, wie wir ihn verlassen hatten. Auch van Akkeren
Weitere Kostenlose Bücher