053 - Der Brigant
von seinem Erstaunen erholen konnte.
»Dal?« fragte Mr. Flake. »Wer, zum Teufel, ist denn Dal?«
»Das werde ich Ihnen bei einem späteren Stand der Dinge mitteilen«, entgegnete der tüchtige junge Mann. »Ich dachte, Sie. wüßten es.«
Mr. Flake schaute ihn scharf an, aber Anthony Newton hielt seinen Blick aus, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Immerhin«, sagte der Finanzmann, als er die Dokumente wieder in den Kasten legte, »kann ich sie jetzt nicht alle durchsehen. Ich gebe Ihnen in einigen Tagen Antwort.«
»Aber die Sache eilt«, erwiderte Anthony ernst. »Und wenn es nur am Geld liegt, so kommt es schließlich auf ein paar hundert Pfund nicht an. Es ist nur notwendig, daß wir das Schriftstück sofort zurückerhalten.«
»Und es ist absolut notwendig«, erwiderte Mr. Flake gutgelaunt, »daß ich erst meinen Tee trinke und die nötige Zeit habe, den Inhalt des Kastens zu prüfen. Ich werde Ihnen morgen meinen Bescheid zukommen lassen.«
Hiermit mußte sich Anthony zufriedengeben. Er verließ das Haus und erkundigte sich merkwürdigerweise nicht mehr nach der Telefonnummer, die er vorher verlangt hatte. Schnell ging er zum nächsten Postbüro und schickte ein Telegramm an Smith, Bull-Hotel, Little Wenson, Kent. Die Botschaft war nur kurz und lautete:
»Kauf abschließen!«
Vier Tage später hielt ein schönes Auto vor dem kleinen Haus, das eine Meile vor dem Dorf Little Wenson lag, und Mr. Flake stieg aus.
Das Häuschen enthielt nur eine armselige Wohnung. Der Garten war ganz vernachlässigt, und an den Fenstern hingen nicht einmal Gardinen. Aber Mr. Flake interessierte sich weniger für das Haus selbst als für das Land und den Küchengarten, der ebenfalls vollständig verwahrlost war.
Er konnte alles sehen, was er wollte, denn das Gebäude stand an einer Straßenecke, und die westliche Grenze des Gartens wurde durch die Hecke gebildet, an der die eine Straße entlanglief. Es standen zwei Apfelbäume dort, dahinter lag die eingefallene Mauer eines kleinen Brunnens.
Mr. Flake ging langsam zu der Front des Hauses zurück, öffnete das Gartentor und ging den Weg entlang. Dann klopfte er an die Haustür. Ein Mann in Hemdsärmeln, ein großer, ernst dreinschauender Mensch, trat heraus, der auf Mr. Flakes liebenswürdigen Gutenmorgengruß nur mit einem unverbindlichen Kopfnicken antwortete.
»Ist das Ihr Haus?« fragte Mr. Flake höflich.
»Jawohl«, erwiderte Bill Farrel, der der Bewohner der Hütte war.
»Eine wunderschöne Lage hier«, meinte Mr. Flake.
»Ja, sie ist nicht schlecht.«
»Wohnen Sie schon lange hier?«
»Erst eine Woche. Ich bin vor kurzem aus der Armee ausgetreten und wollte hier eine Hühnerfarm einrichten.«
»Ach, sehen Sie, in der Armee haben Sie früher gedient?« fragte Mr. Flake wohlwollend. »Aber das scheint mir doch eigentlich nicht die rechte Stelle zu sein, um Hühner großzuziehen? Wer hat denn das Haus vor Ihnen besessen?«
»Ich weiß den Namen nicht mehr. Aber es ist über hundert Jahre in dem Besitz einer Familie gewesen.«
»Hm, können Sie sich gar nicht auf den Namen besinnen?« fragte Mr. Flake obenhin.
»Ich glaube, sie hießen Samson«, antwortete der Mann und gab sich scheinbar Mühe, darüber nachzudenken.
»Nicht Samuels?« fragte Mr. Flake eifrig.
»Ja, das ist der Name - Samuels. Aber von denen habe ich es nicht gekauft. Die haben es vor langen Jahren gehabt.« »Wenn es nicht aufdringlich ist, möchte ich Sie bitten, mir zu sagen, wieviel Sie für das Haus gezahlt haben?«
»Alles Geld, das ich besaß«, erwiderte Bill Farrel ausweichend. »Und wie hier das Gerede geht ...«
»Ja, ja, ich weiß, was man sich hier erzählt. Aber nun sagen Sie mir, um welchen Preis würden Sie das Grundstück verkaufen?«
»Ich habe nicht die Absicht, es zu veräußern.«
»Aber sicherlich würden Sie es doch abgeben, wenn Sie dabei hundert Pfund verdienen?«
»Auch nicht, wenn ich tausend oder zehntausend dabei verdiene«, sagte der andere entschlossen. »Es gibt hier ein merkwürdiges Gerede wegen dieses Hauses. Neulich war ein Rechtsanwalt mit einem Privatdetektiv hier.«
»So, so. Nun wollen wir doch einmal in aller Ruhe miteinander sprechen. Ich bin Geschäftsmann, und ich will Ihnen tausend Pfund für das Grundstück geben.«
»Und wenn Sie mir zwanzigtausend Pfund anböten, würde ich sie auch nicht nehmen«, war die entschiedene Antwort. »Ich bin zufrieden damit, und Sokrates sagte schon: ›Zufriedenheit ist der natürliche Reichtum, Luxus aber
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