Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
053 - Der Brigant

053 - Der Brigant

Titel: 053 - Der Brigant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
eine Menge Geld auf Kosten einer armen Familie aneignen können. Ihr ganzes Leben lang haben Sie sich nur auf Kosten des Volkes bereichert, Sie haben von jedem Butterbrot hier im Lande Ihren übermäßigen Profit gehabt. Damit Sie reich wurden, Ihre Jagd und Ihre Landgüter halten konnten, mußten soundso viele Leute hungern. Das Gesetz kann Sie nicht belangen, denn Sie gehören zu den Dieben, deren Taten leider durch das Gesetz gedeckt werden. Ich habe Sie durch eine vollständig rechtmäßige Handlung um achttausend Pfund erleichtert, und ich sage Ihnen nur das eine« - er drohte ihm mit dem Finger -, »daß die achttausend Pfund noch zu achtzigtausend anwachsen, bevor ich mit Ihnen fertig bin.«
    »Sie niederträchtiger Dieb!« schrie Mr. Flake rot vor Zorn.
    »Bill«, rief Anthony laut. Der große Mann erschien in der Türöffnung. »Wirf diesen Lumpen hinaus!«
    Bill, der frühere Flüttenbewohner, öffnete die Tür und zeigte mit dem Daumen nach draußen.

4. KAPITEL
Ein Beitrag für wohltätige Zwecke
    Anthony Newton war nicht für jede Art von Wohltätigkeit zu haben. Er hielt es mehr mit den einfachen Almosen, die man den Armen an der Haustür gab, denn er hatte ein tiefes Mißtrauen gegen die Ehrlichkeit der großen Wohltätigkeitsorganisationen. Er hatte auch durchaus kein Interesse für die Handelsmarine, noch hatte er die leiseste Absicht, Heime für alte Seeleute zu gründen, bis er mit Mr. Match zusammenkam.
    Anthony erzählte später immer, daß die Sache, die er mit diesem Reeder durchführte, sein größter Erfolg war. Er erschien ihm deswegen größer als alle anderen, weil er keinen persönlichen Vorteil aus diesem Unternehmen zog.
    Man muß nicht glauben, daß Scotland Yard die Existenz und die Manöver eines gewissenlosen Briganten duldete, aber auch Scotland Yard ist machtlos, wenn nicht jemand Klage führt, so daß man einen Grund zum Einschreiten hat. Mr. Newton verdankte seine Sicherheit und Straflosigkeit teils der Zurückhaltung der Leute, die er geschädigt hatte, teils der Scheu seiner Opfer vor der Öffentlichkeit, denn die Berichte und Verhandlungen über ihr eigenes Betragen vor dem Strafgericht in Old Bailey hätten ihren Ruf zweifellos schwer geschädigt.
    Anthony und seine Helfer hatten schon einen größeren Ruf erlangt, als er selbst ahnte. Er entdeckte dies eines Tages, als er bei Erledigung eines »Falles« nach Newcastle reiste.
    Er saß mit Bill Farrel schon eine Stunde in der Dämmerung und rauchte schweigend seine Pfeife. Der Abendhimmel war noch vom Glanz der untergehenden Sonne erleuchtet, und durch das offene Fenster drangen die lauten Stimmen der Kinder herein, die unten auf der Straße spielten; denn in London ist die Straße das große Colosseum, in dem sich die Kinder tummeln, sie ist die Arena, die große Schule, in der die Jugend auf den bitteren Kampf ums Dasein vorbereitet wird.
    »Wer ist Theodore Match?« fragte Anthony unerwartet.
    Anthony sprach in dem höflichen Ton eines Schulmeisters, der auf liebenswürdige Art eine Antwort von einem nervösen Schüler bekommen will.
    »Der Schiffskönig.«
    »Und was ist ein Schiffskönig?«
    »Ein Schiffskönig?« sagte Bill zögernd. »Nun das ist jemand, dem Schiffe gehören.«
    Anthony lächelte trübe.
    »Ein Schiffskönig ist ein Mann, der überall Schwierigkeiten sieht. Wenn man seine Berichte liest oder hört, so ist er immer im Begriff, nächstes Jahr den Bankrott zu erklären. Wenn der Handel gutgeht, läuft er Gefahr, weil es zuwenig Schiffsraum gibt. Und wenn viele Schiffe zu haben sind, dann droht ihm der Ruin, weil das Frachtgeschäft darniederliegt. Manchmal sieht er auch seinen Untergang vor Augen, weil die Charter zu gering ist, manchmal, weil der Kohlenpreis zu hoch ist. Er hat immer Schaden, wenn nicht auf diese, so auf eine andere Weise, durch die Extra- und die Einkommensteuer und die Steuern für außerordentliche Gewinne - und dabei weiß er nicht, was er mit seinem Geld anfangen soll.«
    »Großer Gott«, sagte Bill erstaunt.
    »Der Schiffskönig ist eigentlich der Mann, der am wenigsten für sein Vaterland tut. Während des Krieges habe ich Schiffskönige getroffen, die über den Mut und die Geschicklichkeit ihrer Seeleute mit Tränen in den Augen sprachen. Sie liebten diese Männer mit den rauhen Händen, die sich trotz der schrecklichen U-Boot-Gefahr auf die See hinauswagten. Alles, was sie für diese tüchtigen Menschen tun konnten, taten sie, nur ihre Gehälter erhöhten sie nicht und gaben

Weitere Kostenlose Bücher