053 - Der Brigant
kaufte oder mietete er Häuser, möbliert oder unmöbliert, die er dann der Fürsorge vertrauenswürdiger Landsleute, Männern oder Frauen, übergab. Er verstand es, einige mittellose Mitglieder des Adels anzustellen, die als Gastgeber und Agenten fungierten. In erstaunlich kurzer Zeit hatte er auf diese Weise sieben Spielhöllen in vollen Schwung gebracht.
Jepburns Name war jedoch damit nicht verknüpft. Wenn man zu Mrs. Keluer Buizans belgischen Tanztees und Tanzabenden ging, konnte niemand vermuten, daß der Dame nicht ein Stück der schönen Einrichtung gehörte und daß sie weder die Eigentümerin noch die Mieterin des Hauses war, in dem sie lebte. Alle ihre Ausgaben zuzüglich eintausend Pfund Gehalt im Jahr wurden von dem kleinen, untersetzten, kahlen Mann bezahlt, der in einer bescheidenen Wohnung in Bloomsbury hauste.
Die Leute kamen zum Tanz und blieben dann noch zum Spiel. Es wurde gewöhnlich Trente-et-quarante gespielt. Die Croupiers stellte Mr. Jepburn persönlich an, und die Einnahmen aus dem Spiel flossen auch in seine Tasche. Es wurde sehr viel verdient, denn seine Croupiers wurden besser bezahlt als die adeligen Herren und Damen, die nach außen hin die Gastgeber waren. Der Spielleiter, der die Karten mischte, war so geschickt, daß er durch besondere Manipulationen nach Belieben eine rote oder eine schwarze Karte zum Vorschein bringen konnte. Natürlich gewann immer diejenige Farbe, auf die am wenigsten gesetzt war.
Trotz seiner ungeheuren Ausgaben verdiente Mr. Jepburn jährlich doch zwanzigtausend Pfund an jedem der sieben Häuser. Die Angelegenheit war der Polizei sehr unangenehm, denn die Leute, denen angeblich die Häuser gehörten und die als Gastgeber auftraten, hatten sehr bekannte Namen. Allem Anschein nach war das Spiel absolut fair, und in England ist das Gesetz sehr nachsichtig und rücksichtsvoll, wenn es sich um die Rechte der Persönlichkeit handelt, besonders, wenn es sich dabei um die eigenen Wohnungen und Häuser dieser Leute handelt.
Anthony erwähnte den Namen Mr. Jepburns gelegentlich, als er seinen versprochenen Besuch bei Sybil Martin machte.
»Jepburn?« fragte die Dame leichthin. »Ja, ich kenne ihn oberflächlich. Er ist ganz interessant und verkehrt in den besten Kreisen. Ich vermute, es befremdete Sie, daß er mich ins Theater begleitete?«
Anthony lächelte.
»Solche Gedanken kommen mir nie«, log er. »Sind Sie denn mit ihm befreundet?«
»Nein!«
Die Antwort kam so entschieden und heftig, daß es ihm auffallen mußte. Aber sie nahm sich sofort wieder zusammen und sprach in ihrer alten Art weiter.
»Ach nein! Eigentlich wollte damals eine größere Gesellschaft ins Theater gehen. Lady Mambury hatte mich eingeladen. Da aber drei Teilnehmer plötzlich erkrankten, darunter auch Lady Mambury, blieben nur wir beide übrig. Es war allerdings etwas unangenehm für mich.«
Er fühlte sich durch ihre Antwort beruhigt, was sie auch sofort bemerkte. »Sie scheinen ihn nicht gern zu haben?«
»Mir ist er gleichgültig. Ich kann weder sagen, daß ich ihn gern habe, noch daß er mir unangenehm ist«, sagte er diplomatisch. »Aber er hat einen gewissen Ruf.«
»Welchen Ruf?« fragte sie.
Anthony war in einer unangenehmen Lage, denn er wünschte durchaus nicht, daß Mr. Jepburn aus zweiter, Hand erfahren sollte, daß man ihn verdächtigte.
»Nun ja ... man hört so allerhand. Hat er denn nicht irgendwie mit Spielklubs zu tun?«
Sie schwieg einen Augenblick.
»Ist das . Tatsache? Ich meine, glaubt man allgemein, daß er ... derartige Einnahmequellen hat?«
»Ich möchte nicht gerade sagen, daß man es allgemein glaubt. Aber das ist der Eindruck, den ich von ihm habe.«
Wieder entstand eine Pause.
»Das ist aber doch schrecklich. Kennt Sie Mr. Jepburn?«
Anthony erzählte ihr, daß Mr. Jepburn nicht zu seinen Bekannten gehöre. Er hätte sich dazu gratulieren mögen, denn es war für sein Glück und Wohlbefinden notwendig, daß Mr. Jepburn nichts von ihm wußte.
Nach drei Tagen machte aber Anthony Newton doch seine Bekanntschaft. Jepburn speiste gewöhnlich in einem bekannten Restaurant zu Abend, wo ein Tisch für ihn reserviert war.
Anthony Newton setzte sich an diesem Abend auch dorthin. Er schien schon ein wenig angeheitert zu sein, und da er sich hartnäckig weigerte, von dem reservierten Tisch aufzustehen und allem Anschein nach willens war, eine Szene zu machen, winkte Mr. Jepburn dem Kellner, ihn sitzen zu lassen.
»Sie scheinen ja ein sehr entschiedener
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