053 - Die Schlacht von El'ay
herauszutreten. Mit ruhiger Stimme sprach er zu einem Ninja, der beim Einbau eines Prozessors das Hirn des Kamikaze irreparabel beschädigt hatte. Statt durch Strenge überzeugte er durch Kompetenz. Ein würdiger Ersatz für Kashima, vielleicht sogar eine Bereicherung.
Unsere jungen Leute sind nicht von derselben Bitterkeit vergiftet wie Kashima oder ich,
dachte der General wehmütig. Sie werden es einmal besser haben.
Während er unbeweglich auf der Stelle stand, wirkte er wie eine alte Samurai-Skulptur. Trotz des unförmigen Leibpanzers strahlte seine aufrechte Haltung eine ruhige Würde aus.
»Fudoh-san?« Ein Schatten, nicht mehr als ein lichtloser Fleck im matten Schein der Fettlampen, trat an ihn heran. Eine Ninja, von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt. Selbst die Augenpartie unter dem schmalen Sichtschlitz der Kopfhaube war mit Ruß beschmiert.
Suno kam gerade von einer Außenmission.
»Jellotoon ist in unserer Hand«, meldete sie. »Fong ist tot. Ich habe seine Leiche selbst identifiziert.«
»Gut.« Die Stimme des Samurais drückte weder Triumph noch sonstige Emotionen aus. Sie klang abwesend, wie die eines Schachspielers, der bereits die nächsten Spielzüge plante.
Suno wartete vergeblich auf neue Order. Um das Schweigen zu überbrücken, wagte sie zu bemerken: »Es heißt, der Tenno ist sehr zufrieden mit dem Verlauf der Invasion.«
»Dieser Krieg ist noch lange nicht gewonnen«, wies sie Fudoh zurecht. Seine Stimme hob sich nur um eine winzige Nuance, trotzdem fuhr Suno zusammen. Sie wusste, dass die Ruhe des Generals nur Fassade war. Unter der schweren Rüstung brodelte blanker Hass.
Fudoh bemerkte ihre furchtsame Reaktion. Etwas milder erklärte er: »Mit den Kamikaze an vorderster Front brauchen wir weder die Mechicos noch die vertriebenen Meerakaner zu fürchten. Nur einer kann uns noch gefährlich werden - Takeo und seine Robotergarde. Erst wenn sie vernichtet sind, können wir unserer Sache wirklich sicher sein.«
Suno senkte demütig den Kopf, zum Zeichen, dass sie verstanden hatte.
»Ich werde mir persönlich ein Bild von der Lage machen«, fuhr der General fort.
»Bereite alles für einen Spähtrupp ins San Fernando Valley vor.«
»Aber Fudoh-san!« Sunos Stimme schwankte zwischen Unglauben und Empörung. Ehe sie diese Respektlosigkeit bedauern konnte, hob der General die rechte Hand. Die Geste ließ sie augenblicklich verstummen.
»Die anderen meiner Kaste mögen die Schlachten gerne aus sicherer Entfernung beobachten«, klang es dumpf unter der Eisenmaske hervor. »Ich hänge nicht so sehr an meinem Leben. Das Wohl des japanischen Volkes ist mir wichtiger. Takeo muss bezwungen werden, und dazu bedarf es all unserer Kraft.«
Die Ninja verneigte sich erneut und verschwand so unauffällig, wie sie gekommen war. Ohne ihr nachzublicken setzte Fudoh seinen Kontrollgang fort. Er wusste, dass er sich auf Suno verlassen konnte.
***
Medical Science Center, Kellergeschoss
Rundum Stahlbeton, künstliche Beleuchtung und eine massive Stahltür. Man brauchte schon einen Presslufthammer, um aus diesem Rattenloch zu entkommen.
Lieutenant Harris hob die Beine auf die Pritsche und umklammerte seine Knie. Gut zwei Dutzend Fluchtideen hatte er schon entwickelt und entnervt wieder verworfen. Aus dem nach Altöl stinkenden Abstellraum konnte er sich ohne schweres Werkzeug nicht selbst befreien. Der einzige Weg hinaus führte durch die offene Tür, in den wenigen Sekunden, wenn Essen gebracht oder der Behälter des chemischen Klos ausgewechselt wurde. Der Versuch, den Wärter dabei zu überwältigen, erübrigte sich jedoch. Die Cyborgs waren ihm eindeutig an körperlicher Kraft überlegen.
Ohne Waffe war da nichts zu machen.
Seufzend presste Harris die Stirn gegen seine spitzen Knie. Die Aussicht, Jahre, wenn nicht gar den Rest seines Lebens unter diesen Bedingungen zu verbringen, hätte ihn glatt in den Wahnsinn getrieben - wenn er nicht genau gewusst hätte, dass er nur noch knapp vier Monate zu Leben hatte. Dann nämlich waren die letzten Vorräte des Serums verbraucht, auch die Reste der toten Melanie Chambers und Major Miller.
Ohne die stundenweise Abschaltung des Lichts hätte Harris nicht einmal gewusst, ob draußen Tag oder Nacht war. Falls die künstlichen Hell- und Dunkelphasen überhaupt mit der Tageszeit übereinstimmten. Vielleicht versuchten seine Feinde auch nur, ihn aus dem normalen Rhythmus zu bringen.
Zuzutrauen war es ihnen.
Diese Cyborgs hatten eine Stinkwut auf ihn. Wegen
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