053 - Die Schlacht von El'ay
die relevanten Fragen abfeuerte.
Keine schlechte Taktik. Aber der Androide zog sie zu regelmäßig durch, um Dinter noch damit überraschen zu können.
»Sind Sie mit den technischen Lieferungen vertraut«, schnarrte Takeo, »die Lynne Crow vor knapp drei Jahren für die Enklave in Amarillo bereit gestellt hat?«
Dinter brauchte nicht den Überraschten zu heucheln. Er wusste wirklich nicht, worauf die Frage abzielte. So viel Information wie nötig, aber so wenig wie möglich. Das war Crows Devise. Was ein Feldagent nicht weiß, kann er bei der Gefangennahme auch nicht ausplaudern.
»Nie von der Sache gehört«, gestand Dinter ehrlich. »Unsere Sicherheitsabteilung lässt sich nicht gern in die Karten gucken. Wir sind nur Forscher, die sich mit den kleinen und großen Problemen des Alltags auseinandersetzen.«
Die Kameraobjektive in den Augenhöhlen des Androiden surrten. Wahrscheinlich zoomte er Dinters Gesicht näher heran, aber außer ein paar Hautunreinheiten bekam er dort nicht viel zu sehen. Der Wissenschaftler bemühte sich um sein vertrauenerweckendstes Gesicht. Nur für den Fall, dass sich ein Festplattengehirn davon beeindrucken ließ.
Takeo ließ den unförmigen Schädel als Zeichen seiner Zufriedenheit auf und nieder wippen. Ein Relikt menschlicher Verhaltensweisen, das bei dem wuchtigen Maschinenkörper deplaziert wirkte. Nach einer kurzen Abschiedsfloskel ging er endgültig.
Miller atmete erleichtert auf. »Meine Fresse, was für ein Auftritt! Ich dachte schon, der verbiegt uns gleich die Knochen.«
»Wieso denn?« Dinter konnte die Furcht seines Kollegen nicht ganz nachvollziehen.
»Na hör mal!« Miller wedelte aufgeregt mit den Händen. »Die kleine Crow macht doch den Ausputzer für ihren alten Herren. Wo die hinlangt, gibt es bald nur noch rauchende Trümmer. Und was Amarillo anbelangt - ich hab gehört, dass es dort Androiden wie Ta- keo geben soll. Hab mich sowieso gefragt, warum Crow die Kleine nicht gleich dorthin gebracht hat in ihrem Stasis-Pod. War doch eine viel kürzere Strecke gewesen…«
Dinter hütete sich davor, auf die Andeutungen einzugehen.
»Sei vorsichtig mit solchen haltlosen Spekulationen«, ermahnte er den jungen Kollegen.
»Es wurden schon aus geringerem Anlass Verfahren wegen Insubordination eingeleitet.« Miller lachte laut auf. »Meine Güte, Steve. Du bist wirklich der größte Schisser von ganz Washington. Es liegt ein ganzer Kontinent zwischen uns und Crow. Der alte Kriegsvogel kann uns doch alle mal…«
Ein schrilles Piepsen unterbrach die spöttische Rede. Es stammte aus dem schweren Funkgerät, das ihnen als Basisstation bei Feldeinsätzen diente. Wegen der prekären Lage an der Oberfläche befanden sich aber alle Gruppenmitglieder innerhalb des Sicherheitsbereiches. Selbst ihr Wachhund war nicht auf Patrouille. Alle sieben Headsets lagen auf dem Tisch.
Wer mochte also auf der WCA-Frequenz rufen?
Dinter erholte sich zuerst von der Überraschung. Mit schnellen Schritten eilte er ans Gerät, nahm das Sprechmikro in die Hand und stellte auf Empfang.
»Außenposten San Fernando«, meldete er sich knapp.
»Na endlich«, dröhnte es verzerrt aus dem Lautsprecher. »Hier spricht Alpha Eins.« Miller gab ein würgendes Geräusch von sich, unterdrückte es aber sofort, indem er die Hände vor den Mund schlug. In seinen Augen spiegelte sich blanke Panik.
Alpha Eins! Das war niemand anderes als Crow! Da die Reichweite wegen der CF- Strahlung auf einen Radius von fünfzig Kilometer begrenzt war, musste er sich in unmittelbarere Nähe befinden.
Dinter warf seinem Kollegen einen deutlichen Siehst du, ich hab dich doch gewarnt- Blick zu, bevor er antwortete: »Alpha Eins, hier Medical Zwölf. Verstehe Sie klar und deutlich. Wie ist Ihre derzeitige Position?«
Einige Sekunden lang war nur das Ätherrauschen zu hören. Dinter fürchtete schon, der General würde gleich durch die Labortür treten - zuzutrauen waren ihm solche Boshaftigkeiten -, als die so verblüffende wie erlösende Antwort kam: »Derzeitiger Standort HQ Washington.«
Dinter und Miller sahen sich an. Das durfte doch nicht wahr sein! Der letzte interkontinentale Funkkontakt lag über fünfhundert Jahre zurück. Seit der verdammte Komet eingeschlagen war, verhinderte eine weltweite Strahlung jeden Funkkontakt über eine größere Strecke. Sie waren Zeuge, nein Beteiligte eines historischen Augenblicks !
»Wie ist das möglich, General?«, rief Dinter begeistert.
Prompt erhielt er einen Rüffel,
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