0532 - Der Blutschwur
zertrümmern können.
Zum Ausweichen war es für mich zu spät. Mir blieb nur noch eine Chance. Ich wuchtete mich in ihn hinein.
Als die beiden Arme nach unten sausten, rammte ich ihn mit dem linken Schulterknochen. Meinen Kopf erwischte er nicht, da ich ihn bei dem Rammstoß noch durch eine heftige Bewegung angehoben hatte und er nach rechts wegdriftete.
Der Hieb verfehlte mich um Haaresbreite.
Er brüllte auf, wollte zu einem neuen Schlag ansetzen, als er mein hochgerisenes Knie spürte, das ihn um einiges zurückwarf und er mit der Hüfte gegen einen Grabstein stieß.
Ich wollte nachsetzen.
Da kamen die anderen.
Inmitten des Chaos aus wackelnden Grabsteinen und heulendem Wind huschten sie auf mich zu. Böse Blicke, verzerrte Gesichter, der Meister hatte sie geimpft, und dieses verfluchte Gift wirkte bis tief in ihre Seelen hinein.
»Tod!« schrie ein junges Mädchen mit schriller Stimme. »Wir müssen ihn töten!«
Ich duckte mich, als sie zuschlug, hebelte sie zur Seite und hatte sie plötzlich am Hals hängen.
Innerhalb von Sekunden befand ich mich in höchster Gefahr. Ich mußte mich wehren, um zu überleben.
Längst hatte ich die Rose und das Kreuz fallen gelassen. Beide Hände schaufelte ich in die Körper hinein, dennoch waren es zu viele. Ein Rückzug wäre am besten gewesen.
Um uns herum tobte und heulte der Wind. Die Grabsteine rissen, ich hörte das Platzen des Gesteins im Unterbewußtsein, steckte ein, konnte auch einigen Treffern entgehen, teilte selbst aus und schnappte mir einen der Finsteren, den ich als Rammbock gegen die anderen benutzte.
Ich bekam etwas Luft, aber es war nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Dann kamen die anderen.
Ich hatte sie nicht gesehen, aber ich hörte Sukos Stimme und sah plötzlich die Körper der Finsteren durch die Luft wirbeln. Suko setzte seine asiatischen Kampftechniken ein. Mit denen verschaffte er sich freie Bahn.
Sehr schnell sahen die Finsteren ein, daß sie in Suko ihren Meister gefunden hatten.
Kein Kung-Fu-Filmer hätte die Szenen besser in den Kasten bekommen können. Suko stand wie ein Fels in der Brandung, obwohl er sich schattenhaft bewegte.
Er drehte sich, Füße und Hände wurden zu Waffen. Wenn die Finsteren angriffen, mußten sie sich vorkommen, als würden sie gegen eine Hartgummiwand laufen, so sehr schleuderte er sie zurück.
Sie gaben auf.
Jemand pfiff. Genau in dem Augenblick, als einer der Kerle vor mir ein Messer zog.
Bevor er damit nach unten stechen konnte, trat ich ihm die Beine weg, doch er war wie ein Wiesel auf den Füßen und gab plötzlich Fersengeld. Dieser junge Mann war das Vorbild für die anderen.
Auch sie hielt nichts mehr auf ihrem Friedhof.
Ich lag am Boden und fühlte mich ziemlich lädiert. Suko wollte noch jemand festhalten, der schaffte es aber, sich loszureißen und stob davon.
Noch kniend schaute ich dem Himmel entgegen, der sich wieder normalisiert hatte. Die sechs Rosen hatten die entsprechenden Geister entlassen. Von ihnen war nichts mehr zu sehen.
Ich dachte darüber nach, daß sie eigentlich keine zu große Gefahr dargestellt hatten. Normalerweise hätten sie mächtiger sein müssen, das war nicht der Fall gewesen.
Weshalb?
Hatte mein Kreuz dafür gesorgt, oder besaßen sie noch nicht die Kraft, die ihnen eigentlich zu eigen war? Jedenfalls hatten sie ihrem Freund geholfen und ihn aus der Gefahrenzone gebracht.
Wieder einmal war der Dekan Diavolo entkommen und mit ihm seine Diener. Bis auf einen.
Ich hörte hinter mir ein tiefes, schmerzerfülltes Stöhnen, drehte den Kopf und sah einen der Finsteren auf dem Bauch liegen. Er versuchte verzweifelt, seine Beine unter dem gekippten Grabstein hervorzuziehen, was ihm nicht gelang. Er hatte sich auf seine zitternden Ellbogen gestützt, das Gesicht schwebte darüber und war nur mehr eine Maske aus Angst und Schmerz.
Als ich aufstand, glitt mein Blick über den Friedhof. Es hatte sich einiges verändert. Die Gewalt der sechs Geister hatte dafür gesorgt, daß nichts mehr so aussah wie zuvor.
Kaum ein Grabstein stand noch so, wie er zuvor aus dem Boden gewachsen war. Sie bildeten schiefe Flächen, als hätten große Hände sie umgestoßen.
Ich fühlte mich ziemlich kaputt. Die meisten Schläge hatten mich nicht erwischt. Die Treffer waren nicht leicht wegzustecken gewesen.
Auf ziemlich wackligen Knien ging ich meinem Freund Suko entgegen, der schulterzuckend in meine Richtung schritt. »Das war im letzten Augenblick«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher