0534 - Die Hexen des Spuks
Friedhof begraben, und damit war für den Ort und die Menschen hier die Sache erledigt. Viele waren sogar froh. Sie haben regelrecht aufgeatmet. Außerdem hatten die Leute andere Sorgen. Deutschland stand kurz vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges. Man machte bereits mobil.«
Will nickte. »Es lief also alles normal?«
»Was man damals als normal bezeichnete.«
Ich stand auf, weil ich ein lautes Geräusch gehört hatte. Es besaß Ähnlichkeit mit dem Röhren eines bestimmten Motors. Diese Laute waren mir bekannt. Einer meiner Freunde, Bill Conolly, fuhr ebenfalls ein solches Fahrzeug.
Wie der Blitz war ich an der Tür, riß sie auf und starrte auf die Straße, wo ein Phantom herhuschte.
Es war ein weißer Wagen, ein Porsche, der durch den Ort fuhr und sich dabei nicht an das Tempolimit hielt.
Weiße Porsche gibt es zwar mehrere, aber bestimmt nicht in einem Dorf wie diesem.
Ich lief wieder zurück und berichtete von der Entdeckung.
»So einen Wagen fährt hier niemand«, erklärte Kollege Schwarz, der sich erhoben hatte.
»Das glaube ich Ihnen gern. Wir aber kennen die Fahrerin. Sie heißt Helga Thorm und ist eine Großnichte der Brunhilde Thorm.«
»Jetzt klickt es«, sagte der Beamte.
»Bei mir auch«, erwiderte ich und machte kehrt.
»Wo willst du hin?« rief Will Mallmann.
»Den Porsche suchen und mich mit der Fahrerin unterhalten…«
***
Er lag auf dem Bauch und spürte die Heimaterde, in die er mit dem Gesicht gedrückt wurde. Bewegen konnte er sich nicht, denn auf seinem Rücken spürte er den Druck der drei Körper, die ihn so hart zu Boden preßten. Nach der ersten Schrecksekunde hatte er sich gewehrt, und er zählte nicht gerade zu den Schwächlingen. Er hatte seine Dampfhammerfäuste gegen die Körper klatschen lassen, doch ständig das Gefühl gehabt, als würde er gegen weichen Teig schlagen, zumal er eine Reaktion bei den drei Wesenheiten nicht erzielen konnte.
Sie waren schmerzunempfindlich und hatten immer wieder angegriffen, sich auch an ihn gehängt. Es war soweit gekommen, daß er sich nicht mehr wehren konnte und sie ihn auf den Acker geschleppt hatten, wo er völlig erschöpft lag, das Gesicht gegen die weiche Erde gepreßt.
Der Dreck war in seinen Mund gedrungen. Er schmeckte ihn auf den Lippen, auch tiefer im Hals. Er würgte, er bekam keine Luft und hörte das fahle Lachen über sich.
Die drei Weiber freuten sich, daß sie ihr Opfer endlich bekommen hatten.
Eine Hand wühlte sich in sein Haar am Hinterkopf. Er konnte den Weg der Finger genau verfolgen, wie sie weiterwanderten, sich über seinen Kopf tasteten und die Stirn ebenfalls zu Boden drückten.
»Damit du einen Vorgeschmack von dem hast, was auf dich zukommen wird. Begraben wirst du, lebendig begraben. Du sollst fünfzig Jahre leiden, so wie wir es getan haben…«
Hein Feddersen hörte die Worte zwar, allein, er begriff sie nicht.
Es war zu schrecklich, zu unrealistisch, unvorstellbar für ihn. Wie konnte man einen Menschen nur lebendig begraben? Das wollte ihm nicht in den Sinn. Weshalb mußte gerade er das Opfer sein und kein anderer?
Sie rissen ihn hoch.
Es geschah so plötzlich, daß ihm schwarz vor Augen wurde, als er auf seinen zitternden Beinen stand und sich alles drehte. Er kam sich vor wie ein Mensch, dem man den Boden unter den Füßen weggezogen hatte, der aber trotzdem noch stand.
Weit hatte er den Mund aufgerissen, atmete keuchend und spürte noch immer den Dreck auf seinen Lippen. Er konnte es einfach nicht vermeiden, ließ seine Zunge kreisen, hörte das Knirschen zwischen den Zähnen, würgte, spie aus und bekam einen harten Tritt ins Kreuz, der ihn nach vorn katapultierte.
Bevor Feddersen zu Boden fallen konnte, riß man ihn wieder hoch und schleppte ihn weiter.
Sie hingen an ihm und ließen ihm keine Chance mehr zur Gegenwehr. Hein mußte genau das tun, was sie wollten. Er lief mit weichen, wackligen Knien, seine Füße schleiften über den Boden. Er konnte nicht vermeiden, daß er durch Ackerfurchen stolperte, aber immer wieder in die Höhe und auf die Füße gerissen wurden.
Wieviel Zeit mittlerweile vergangen war, darüber konnte er ebenfalls nichts sagen. Er bekam nicht einmal mit, in welch eine Richtung sie ihn schleiften. Für ihn war die Welt zu einem alles umgebenen Chaos geworden.
Wohin?
Dreck klebte in Feddersens Augen. Er konnte ihn nicht wegwischen, da die teigigen Finger seine Gelenke umspannten. So mußte das Tränenwasser den Schmutz aus den Augen spülen.
Irgendwann
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