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0538 - Der Wechselbalg

0538 - Der Wechselbalg

Titel: 0538 - Der Wechselbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wenn er George Orwell hieße. Sie wissen schon, der das Buch geschrieben hat. Das mit dem Überwachungsstaat im Jahr 1984.« Er lachte leise vor sich hin, verstummte aber, als weder Zamorra noch Nicole mitlachten.
    »Die Ähnlichkeit mit dieser Zeichnung muß nicht unbedingt hundertprozentig sein«, warf Nicole ein. »Das Bild entstand aus der Erinnerung heraus, und die liegt etwa zehn Jahre zurück. Nicht wahr, Chef?« stieß sie Zamorra an.
    Der nickte. »Sicher. In zehn Jahren verändert sich das Aussehen eines Menschen manchmal.«
    »Warten Sie mal«, sagte Laneux plötzlich. »Da gibt es eine Madame Carrieux. Sie sieht diesem Mann entfernt ähnlich, glaube ich. Vielleicht ist sie mit ihm verwandt.«
    Zamorra und Nicole sahen sich überrascht an.
    Madame Carrieux? Keine Namensähnlichkeit mit Corr Zorak, aber das ist auch nicht unbedingt erforderlich. Und manche Dämonen können mit der äußeren Gestalt auch das Geschlecht wechseln. Asmodis ist das Paradebeispiel dafür …
    »Wo können wir Madame Carrieux finden?« fragte Nicole.
    »In Ihrer Fahrtrichtung die Straße entlang. Das vorletzte Haus auf der linken Seite. Sie hat es vor… lassen Sie mich nicht lügen… wohl vor etwa sieben Jahren gekauft. Ist eine merkwürdige Frau. Zeigt sich kaum in der Öffentlichkeit. Sie kauft zwar bei mir ein, aber meist telefonisch. Ich bringe ihr alles, was sie braucht, und sie überweist mir das Geld aufs Konto. Ich glaube, sie hat auch ein Kind.«
    »Sie glauben?«
    »Nun ja… gemeldet ist es hier nicht. Vielleicht ist es unehelich, und sie verfügt nicht über das Sorgerecht. Jemand sagte, er habe das Kind mal gesehen. Soll etwas komisch aussehen.«
    »Was verstehen Sie unter komisch ?« hakte Zamorra nach.
    »Na, eine seltsame Hautfarbe. Schweinchenrosa, und alles wie Gummi. Sagt zumindest Pierre Monet. Aber das muß man nicht auf die Goldwaage legen. Pierre ist eine Rotnase.«
    »Das heißt, er spricht dem Alkohol zu?«
    »So brutal kann man es natürlich auch formulieren. Nun, vielleicht ist Madame Carrieux ja tatsächlich mit dem Mann verwandt, den Sie suchen. Vielleicht kann sie Ihnen weiterhelfen. Ich wüßte nicht, wer sonst noch in Frage käme. Aber Madame Carrieux spricht nicht mit jedem. Rechnen Sie lieber damit, daß sie Ihnen die Tür erst gar nicht aufmacht.«
    »Wir werden sehen«, erwiderte Zamorra. »Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Mithilfe.«
    »Was wollen Sie eigentlich von diesem… äh… Zorak? Sie sind ein Professor? Danach sehen Sie eigentlich nicht aus.«
    »Ich kenne Zorak von früher, wir haben uns leider vor Jahren aus den Augen verloren und ich möchte ihn Wiedersehen. Jemand hat mir geflüstert, ich könne ihn hier finden«, sagte Zamorra. Er steckte die Zeichnung wieder ein. Sekundenlang klaffte sein Mantel dabei auf.
    Laneux stutzte. »Was haben Sie denn da? Ist das etwa ein Schwert?«
    Gwaiyur! durchfuhr es Nicole. Er geht auf volles Risiko! Er hat das verdammte Zauberschwert mitgenommen!
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte Zamorra und wandte sich ab. »Ein Schwert? Sehe ich aus wie ein Ritter oder wie Conan der Barbar?«
    Laneux antwortete nicht.
    Aber als Zamorra und Nicole den Laden verlassen hatten, griff er zum Telefon.
    ***
    »Du mußt verrückt sein«, sagte Nicole und deutete auf Zamorras Mantel. »Ist es so wichtig, daß du Gwaiyur mitnimmst? Hast du vergessen, wie zweischneidig diese Waffe ist? Vielleicht steht sie momentan auf der anderen Seite, ohne daß du es weißt.«
    »Merlins Stern würde warnen«, sagte Zamorra.
    »Vielleicht geschieht der Wechsel wieder während einer Aktion«, erinnerte Nicole. »Hast du noch nicht oft genug erlebt, wie sich Gwaiyur aus deiner Hand dreht und in die deines Gegners fliegt, noch während du ausholst? Ich an deiner Stelle hätte das verflixte Ding längst einschmelzen lassen. Vielleicht können ja König Laurins Waffenschmiede noch etwas damit anfangen.«
    »Lieber nicht. Ich weiß nicht, ob Gwaiyur sich das einfach so gefallen ließe. Im übrigen bin ich mir des Risikos bewußt. Ich weiß, was ich tue.«
    Nicole verzichtete auf eine Erwiderung.
    Zamorra sah die Straße entlang. Bis zum vorletzten Haus auf der linken Seite mochte es fast einen Kilometer sein.
    »Fährst du?« bat er. Sicher wäre er unter anderen Umständen die Strecke zu Fuß gegangen; er gehörte nicht zu den Verrückten, die mit dem Auto zum Briefkasten oder zum Zigarettenautomaten fahren. Aber er hatte das Gefühl, den Wagen vor Ort zu brauchen.

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