0538 - Der Wechselbalg
erst…«
Er verstummte.
Das Amulett erwärmte sich, glühte förmlich auf!
Und von einem Moment zum anderen schrumpfte das Haus!
***
Damals…
Zorak hatte sich zunächst zurückgezogen. Sie wußte, daß es keine Lösung auf Dauer war. Aber trotz des drohenden Verhängnisses wollte sie die Zeit genießen, die ihr und dem Kind noch blieb. Sie hatte es T’Carra genannt. Wie in der Corr-Sippe üblich, war es ein provisorischer Name. Wenn T’Carra zum vollwertigen Mitglied der Sippe herangereift war und den Initiierungsritus hinter sich gebracht hatte, würde sie sich je nach Belieben Carra oder Zarra nennen dürfen. Tradition war Zarra.
Allerdings konnte Zorak sich nicht wirklich vorstellen, daß T’Carra jemals Zarra werden würde, Zorrn, Oberhaupt der Dämonensippe, war zu konservativ, so wie die Mehrheit aller anderen Angehörigen der Corr-Familie. Zorrn würde T’Carra nicht zum Ritus zulassen. In seinen Augen würde T’Carra ein Bastard sein, ein mißratenes Ungeheuer, ein Rückschritt der Evolution.
Und nicht nur Zorrn und die anderen Corrs würden so denken. Auch die anderen Dämonensippen, allen voran Sarkana und seine Familie, würden die ›Mißgeburt‹ T’Carra nicht akzeptieren!
Niemand würde gelten lassen, daß es sich um ein Unglück handelte, das T’Carra in diese geflügelte und gehörnte Vergangenheitsgestalt gezwungen hatte.
Wer mit Gegnern wie Zamorra zu tun hatte, siegte oder starb. T’Carras Existenz war ein Makel; sie hätte niemals in dieser Gestalt geboren werden dürfen.
Zorak wußte, daß auch die anderen Geflügelten und Gehörnten T’Carra nicht anerkennen würden - selbst Lucifuge Rofocale nicht. Aber die Ablehnung der anderen band Eltern und Kind nur noch enger aneinander.
Zorak kümmerte sich um nichts anderes mehr als um ihren Nachkommen. Liebevoll und mit aller Hingabe versorgte sie das neue Geschöpf, verbarg es, daß niemand von den anderen es finden konnte. Sie verfolgte die allmähliche Entwicklung des Kindes voller Aufmerksamkeit; es gab nichts anderes mehr, das von Interesse war. Die ersten Bewegungen, der erste erkennende Blick des Kleinen, die ersten zaghaften Versuche, nach dem Elter zu greifen. Ein lallender Laut, ein Versuch, die Worte, die Zorak vorsprach, nachzuformen.
Und dann - Zorrns Überfall.
***
Gegenwart:
Das Zimmer verkleinerte sich!
Nicht die Decke senkte sich, wie bei Zimmerfallen in Kinofilmen, nicht die Wände schoben sich aufeinander zu, um die zwischen ihnen Eingeschlossenen zu erdrücken.
Alles verkleinerte sich proportional!
Oder war es eher so, daß Zamorra und Nicole wuchsen?
Wie auch immer - Magie war im Spiel! Das zeigte sich schon dadurch, daß das Amulett sich nicht nur erwärmte, sondern auch das grün flirrende Schutzfeld entwickelte. Das grüne Licht schloß Zamorra ein, und als er seine Hand nach Nicole ausstreckte und sie berührte, floß es auch auf sie über.
Die Amulett-Energie pulsierte heftig und zeigte damit, wie stark der fremde Einfluß sein mußte. Merlins Stern schaffte es nicht, den Schrumpfungsprozeß des Zimmers zu stoppen, der mit Sicherheit das gesamte Haus umfaßte. Es mußte so sein, weil ansonsten die Strukturveränderung alles zum Zusammenbruch gebracht hätte.
»Raus hier!« stieß Zamorra hervor. Nicole strebte zum Fenster, doch es ließ sich nicht Öffnen. So wie Nicole mögliche Fluchtwege von außen mit Weißer Magie blockiert hatte, versperrten unsichtbare Riegel aus Schwarzer Magie sie von innen!
Zamorra stürmte in den Hausflur. Es mußte sich tief bücken, um noch unter dem Türsturz hindurchzukommen. Auch in der Breite wurde es eng. Draußen stieß er mit dem Kopf gegen die Deckenlampe des Flurs.
Nicole schloß zu ihm auf. Sie berührte ihn wieder, um abermals von dem grünen Lichtfeld eingehüllt zu werden. Es konnte sie nur so lange einschließen, wie sie Körperkontakt zu Zamorra hielt.
Unheimlich schnell schritt der Schrumpfungsprozeß voran!
Nur noch in gebückter Haltung konnten sie sich jetzt überhaupt bewegen; dabei war der Flur bereits dermaßen schmal geworden, daß ein Sidebord und die Garderobe zu Hindernissen wurden!
Die Haustür schrumpfte vor ihren Augen auf Kühlschranktür-Format -und wurde immer noch kleiner…
Zamorra wollte sie aufreißen. Aber so, wie sie vorhin bei ihrem Eintreten fast einladend offen gestanden hatte, war sie jetzt verriegelt. Ebenso hätte Zamorra versuchen können, ein Stück Mauerwerk mit den Händen zu öffnen!
Sie mußten bereits knien.
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