0538 - Der Wechselbalg
Vielleicht für eine schnelle Flucht oder für eine Verfolgung.
Er mußte wieder an damals denken, als Zorak mit aberwitzigem Tempo davongerannt war.
Seufzend ließ Nicole sich hinter dem Lenkrad des BMW nieder. Zamorra zwängte sich auf den Beifahrersitz, das Schwert unter dem Mantel.
Es hatte wieder angefangen zu regnen.
Fast wie damals in England, dachte er. Aber diesmal habe ich besser geplant.
Nicole sah kurz nach rechts. »Ich habe das Gefühl, daß du tatsächlich auf Jagd bist, nicht nur auf Erkundung«, sagte sie.
Er nickte stumm.
»Das hättest du mir vorher verraten können!« fuhr sie auf. »Dann hätte ich mich etwas anders gekleidet. In dieser Montur kann ich nicht vernünftig kämpfen. Außerdem hätte ich dann den Blaster mitgenommen.«
»Er liegt im Kofferraum«, sagte Zamorra knapp. »Ich habe dir vorher nichts gesagt, weil ich nicht ganz sicher war. Aber wenn ich die Chance bekomme, Zorak zu erwischen, werde ich ihn unschädlich machen. Hier und jetzt .«
»Und wenn nicht?«
»Dann an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit. Er ist mir einmal entwischt. Das wird nicht noch mal passieren. Vielleicht hat er zwischendurch irgendwo auf der Welt gemordet, ohne daß wir es mitbekommen haben. Ich werde ihn stoppen. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Du scheinst ihn regelrecht zu hassen«, sagte Nicole, »Weil du ihm die Schuld an Kerrs späterem Tod gibst? Oder weil du eine Niederlage nicht hinnehmen willst? Das paßt nicht zu dir.« Die Scheibenwischer kämpften bedächtig gegen die Tropfen an.
»Ich weiß nicht«, sagte Zamorra zögernd. »Vielleicht liegt es daran, daß der Junge, den wir gerettet haben, einen Schock fürs Leben erlitten hat. Verkorkst für alle Ewigkeit. Er war noch sehr jung, gerade in dem Alter, in dem sich solche Eindrücke besonders einprägen. Aber wahrscheinlich will ich nur beenden, was ich vor gut zehn Jahren angefangen habe. Natürlich treiben bestimmt genug andere Dämonen überall ihr Unwesen. Sie zu bekämpfen dürfte ebenso wichtig sein. Doch von ihnen weiß ich nichts. Bei Zorak dagegen habe ich endlich wieder eine Spur.«
»Bleib auf dem Teppich«, bat Nicole. »Nebenbei: Die Sache mit Madame Carrieux ist nur ein Hinweis, sonst nichts. Vermutlich hat sie nicht das geringste mit Zorak zu tun.«
»Ich weiß. Trotzdem…«
Der BMW kam wieder zum Stehen. Fragend sah Nicole ihren Gefährten an.
»Der Einsatzkoffer ist hinten im Wagen«, sagte Zamorra leise. »Blockierst du bitte die Fenster und den Hinterausgang mit Sperrzeichen oder Gemmen? Ich klingele derweil vorn.«
»Du glaubt wirklich, daß Zorak hier steckt?«
»Oder ein Verbündeter. Diesmal lasse ich mich nicht mehr überraschen. Er wird mir höchstens durch den Kamin entkommen können. Aber ob er wie eine Hexe fliegen kann, ist noch nicht raus.«
Sie stiegen aus. Zamorra öffnete den Kofferraum. Aus dem kleinen Aluminiumkoffer, mittlerweile die ›dritte Generation‹ nach früheren Zerstörungen ihres magischen Materials, nahm Nicole ein paar Gemmen, den Blaster und die magische Kreide. Da Zamorra die Strahlwaffe ohne den dazugehörigen Gürtel mit Magnethalterung eingepackt hatte, steckte Nicole den Blaster kurzerhand hinter den Bund ihrer Jeans.
Ganz wohl war ihr dabei nicht; die Sicherung der Strahlenwaffe lag so, daß sie dabei leicht gelöst werden konnte, und der Abzugkontakt besaß einen nur schwach fühlbaren Druckpunkt. Lieber hätte Nicole die Waffe am Gürtel getragen. Doch es hatte keinen Sinn, jetzt etwas zu bemängeln. In dieser Hinsicht war Zamorra im Moment nicht ansprechbar.
Er griff in ein Ablagefach und nahm zwei Walkietalkies heraus. »Einschalten und bereit sein«, bat er. »Noch einmal gehe ich das Risiko nicht ein, von meinem Partner abgeschnitten zu sein.«
»Wo soll ich den ganzen Krempel lassen?« protestierte Nicole und steckte das kleine Handfunkgerät in die Innentasche der Fransenjacke, die dadurch ausgebeult wurde. »Du hättest mir wirklich vorher etwas sagen sollen, dann hätte ich mich darauf einstellen können.«
Zamorra zuckte nur mit den Schultern. »Nimmst du den Dhyarra-Kristall oder ich?«
»Ich nicht«, sagte sie. Mit dem Sternenstein der 4. Ordnung hatte sie größere Schwierigkeiten als Zamorra. Sie konnte ihn benutzen, bekam davon aber starke Kopfschmerzen. Zamorras Para-Potential war dahingehend bereits etwas weiter entwickelt. Über kurz oder lang würde Nicole auch auf die erforderliche Stufe gelangen. Es war ihr ja früher auch gelungen, sich
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