054 - Gucumatz der Allmächtige
Von Mitleid gepackt, gab sie ihm fünf Shilling, schrieb sich seine Adresse auf und versprach, am folgenden Morgen mit Beale zu sprechen.
Im Hotel zurück, versuchte sie, Peter zu erreichen, aber der war weder zu Hause noch in der Redaktion. Und als sie in seinem Klub anrief, erfuhr sie nur, daß sie ihn um fünf Minuten verpaßt hatte. Sie wollte ihm von Ella Creed erzählen, fand das Beale gegenüber keineswegs unloyal. Es war ja gut möglich, daß die Ereignisse, die sie am Nachmittag miterlebt hatte, für Peters Recherchen, was das Geheimnis der gefiederten Schlange anlangte, von Bedeutung waren. Wäre es ihr gelungen, ihn zu erreichen, hätte sie ihm nebenbei sicher von der Begegnung mit dem schwindsüchtigen Harry Merstham erzählt. So aber sagte sie sich auf dem Rückweg in ihr Zimmer, daß das nicht in Ordnung gewesen wäre, da es ein schlechtes Licht auf Beale geworfen hätte. Doch das Auftauchen Harry Mersthams war - nur wußte sie das nicht - die wichtigste neue Entwicklung in dem Fall. Ein Gespräch mit ihm hätte jene Glieder der Beweiskette geliefert, die Peter immer noch verzweifelt suchte.
Als sie zum Abendessen hinunterging, machte sie einen Abstecher zu dem kleinen Büro, um nach Briefen zu fragen. Sie mußte etwas warten, während eine Amerikanerin sich vom Geschäftsführer, der gerade im Büro war, eine Auskunft geben ließ. Im Hotel wohnten viele Touristen, einige davon zwar nicht reich, aber doch begütert. Die Amerikanerin, eine hübsche Person von etwa vierzig Jahren von dem Typ, wie anscheinend nur Amerika ihn hervorbringen kann, wollte wissen, wo sie ihren Schmuck unterbringen könnte.
»Ich lege ihn gern in den Hotelsafe, Madam«, sagte der Geschäftsführer, »aber Gästen, die längere Zeit in London bleiben, rate ich immer, sich ein Tresorfach zu mieten, wenn der Schmuck so wertvoll ist wie der Ihre.«
Das interessierte die Dame, und sie erkundigte sich nach dem Verfahren.
»Ganz einfach«, sagte der Geschäftsführer und erklärte es. Daphne hörte sich das alles an und hatte eine plötzliche Erkenntnis. Hals über Kopf stürzte sie zum Telefon und machte einen vierten erfolglosen Versuch, Peter zu erreichen.
19
Die Freundschaft mit hohen Beamten von Scotland Yard bringt auch Verpflichtungen mit sich, wie Peter klar wurde, während er kleinlaut in Superintendent Clarkes Büro saß und sich die Leviten lesen ließ.
»Keiner weiß besser als Sie, Peter, daß Sie mich von jedem einzelnen Umstand unterrichten müßten. Ich habe Ihnen den Stoff für einige der besten Artikel geliefert, die Sie geschrieben haben -«
»Habe ich Sie nicht wegen dieses Lightfoot angerufen?« fragte Peter sanft. »Habe ich Ihnen da nicht eine neue Spur geliefert?«
»Ja, eine falsche«, knurrte Clarke und fügte versöhnlicher hinzu:
»Also, Peter, was wissen Sie noch, wovon Sie mir nichts gesagt haben?«
»Es gibt so vieles, von dem Sie nichts wissen«, antwortete Peter wenig schmeichelhaft, »daß ich kaum weiß, wo ich anfangen soll. Zum Beispiel die Betonhütte in Epping Forest, der goldene Ring mit den Korngarben, der tote Mr. Bone - ich habe entdeckt, daß er ein Wermutbruder war, der von einer Kneipe in Tidal Basin zur nächsten torkelte, bis der Tod ihn einholte -, der geheimnisvolle Harry der Barkeeper, Angestellter Joe Farmers, der zwei Tage vor William Lanes Verhaftung plötzlich aus London verschwand. Dann William Lane selbst, der in Thatcham ums Leben kam und am Grosvenor Square wiederauferstand: der perfekte Verbrecher - ein Mann, der alle Eventualitäten voraussieht und in sein Kalkül mit einbezieht -«
»Von William Lane haben Sie mir erzählt«, unterbrach Clarke. »Ich habe nach ihm forschen lassen. Er wurde wenige Tage nach seiner Entlassung aus Dartmoor bei einem Verkehrsunfall getötet -«
»Eben nicht. Er war mit zwei anderen Männern zusammen, und die drei trennten sich nicht. Es waren Knast-Harry nicht zu verwechseln mit Harry dem Barkeeper -, William Lane und der kleine Hugg. Knast-Harry meinte, aus Lane wäre was herauszuholen, und er hatte wahrscheinlich recht. Ich persönlich glaube, daß Lane nach seiner Entlassung seine beiden Leidensgefährten nicht abschütteln konnte und alle möglichen Versuche unternahm, sich abzusetzen, bis ihm schließlich dieser Autounfall die perfekte Gelegenheit zum Verschwinden lieferte. William Lane lebt und hält sich in London auf. Er hat bereits den Mann getötet, der als Hauptbelastungszeuge gegen ihn auftrat. «
Clarke nickte
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