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0540 - Der Fluch der Zigeunerin

0540 - Der Fluch der Zigeunerin

Titel: 0540 - Der Fluch der Zigeunerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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den anderen stand. Aber es stimmte, daß sie alt und unbrauchbar geworden war, so wie der alte Janosz, den sie vor einem Mondlauf begraben hatten. Er war zu gebrechlich geworden, konnte sein Lager nicht mehr ohne Hilfe verlassen, und seine Hände zitterten so heftig, daß er seine Arbeit nicht mehr verrichten konnte.
    Jetzt war es die alte Blixbah.
    »Das Bastardkind pflegt sie.«
    »Rede nicht davon«, sagte Carmen, deren Haar nur deshalb nicht eisgrau war, weil sie es ständig mit Holzkohle färbte, um jünger auszusehen, als sie war. Romano schätzte, daß sie vielleicht noch zehn Jahre leben konnte, wenn sie sich gut hielt. Er selbst wußte nicht, ob er es solange durchhalten würde. Er hatte fünf Älteste Frauen überlebt, vom Kindesalter bis heute.
    Die sechste, Carmen, würde sicher ihn überleben.
    »Wir müssen die alte Blixbah begraben, wie es der Brauch ist«, sagte die Älteste Frau. »Sie hat ihr Leben gelebt und es nun beendet, da sie nicht mehr selbst für sich sorgen kann. Niemand pflegt sie.«
    Das Bastardkind, Elena, zählte nicht! Elena war eine Unperson!
    Romano seufzte. Wenn die alte Blixbah starb, gab es keine Heilkundige mehr. Auch in dieser Hinsicht zählte Elena nicht. Es war furchtbar. Aber es war auch nicht zu ändern. Blixbah konnte niemanden mehr heilen.
    »Du hast recht, Älteste Frau«, sagte der Sippenführer leise, aber dennoch voller Widerwillen. »Wir werden sie begraben. Es ist schon lange an der Zeit.«
    ***
    So begruben sie die alte Blixbah denn im Morgengrauen, wie es der Brauch war. Die Greisin kreischte wild und schlug kraftlos um sich, und nicht nur Romano war diesmal froh, daß das Lager der manusch weit von den Stadtmauern entfernt war, so daß keiner der Bürger das Geschrei vernehmen mochte.
    »Sei still!« fuhr Carmen die Wahrsagerin an. »Du weißt selbst, daß du schon viel zu alt bist.«
    »Ich bin nicht zu alt! Ich bin noch stark, ich kann noch leben«, schrie die alte Blixbah.
    Plötzlich war auch Elena da. Sie fiel den Frauen in die Arme, die die alte Blixbah hielten, versuchte sie loszureißen. Dann schrie und spie sie die Männer an, die die Grube aushoben.
    Schließlich warf sie sich vor Romano zu Boden. »Das dürft ihr nicht tun!« bettelte sie. »Großvater, laß es nicht zu! Ihr ermordet sie! Ihr könnt sie nicht einfach verscharren wie ein Stück Vieh! Sie lebt doch noch! Könnt ihr nicht warten, bis sie von allein stirbt?«
    Romano wandte sich ab und schritt davon.
    »Fort mit dir!« fauchte die Älteste Frau Elena an. »Du kennst unsere Gesetze! Verschwinde, oder ich selbst jage dich mit der Peitsche davon!«
    Die alte Blixbah schrie noch, als sie sie in die Grube legten. Sie versuchte, wieder hinauszuklettern. Aber da fielen schon die ersten Erdschollen über sie.
    Plötzlich war da einer, den nur drei Personen sehen konnten.
    Romano sah ihn aus der Ferne, Elena nahm ihn ganz erschrocken wahr, und nur die alte Blixbah konnte auch hören, was er zu ihr sagte.
    Keiner der anderen sah oder hörte den Fürsten der Finsternis.
    »Erinnerst du dich, was ich vor neunzehn Jahren zu dir sagte, als jenes Kind geboren wurde, Blixbah?«
    »Ja«, erwiderte sie lautlos.
    »Du wirst noch stark sein, wenn du schon schwach bist. Und du wirst nicht sterben, weil du es willst, sondern weil andere es beschließen. Nun ist es soweit. Du hast lange genug gelebt, und Elena ist längst groß genug, um selbst für sich zu sorgen. Deine Zeit ist um!«
    »Ja«, keuchte sie. Trotzdem versuchte sie die Erde, die auf sie fiel, fortzuschieben. Aber immer neue Erde folgte.
    »Du hast gut für Elena gesorgt, alte Blixbah«, sagte der Fürst der Finsternis. »Warst mir eine treue Dienerin. Vor einem Menschenalter hast du mir deine Seele für die Zauberkunst verschrieben. Doch ich schenke dir deine Seele. Ich nehme sie nicht. Später einmal, wenn du die Welt aus dem Reich meines Erzfeindes aus anschaust, wirst du sehen, weshalb ich dir so dankbar bin. Du hast viel für mich getan, indem du Elena aufgezogen hast. Alles kommt, wie es kommen muß. Du wirst in Frieden sterben, denn deine Seele gehört der Hölle nicht länger. Ich gebe dich frei!«
    Dann schwand er, und niemand registrierte es außer Romano und seiner verstoßenen Enkelin. Doch auch sie beide hatten nichts von dem erfahren, was Blixbah und der Fürst der Finsternis gesprochen hatten.
    Die Erde bedeckte die alte Frau und wurde festgestampft.
    Nur wenig später kamen die Söldner des Bischofs von Trier über das Zigeunerlager

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