0542 - Himalaya-Grauen
oder schlecht?«
»Eigentlich gut.«
»Jetzt nicht mehr?«
Patan hob die Schultern. »Wie ich hörte, soll er wiedergeboren worden sein, aber nicht in seiner alten Gestalt und in seinem alten Körper, sondern in einem anderen. In der alten Prophezeiung steht, daß irgendwann ein Zwerg versuchen wird über das Reich der Drachen zu herrschen…«
»Sie ist eingetroffen, die Prophezeiung«, sagte Wladimir. »Nur behauptet dieser Mann, daß der große Buddha in ihm wiedergeboren wäre.«
»Er lügt.«
»Weißt du, wo er herkam?« Ich hatte die Frage gestellt und erntete zunächst ein Achselzucken.
»Das Land ist groß. Wir nennen es Asien. Es ist das größte der Erde. Er kann überall hergekommen sein, so genau bin ich nicht dar über informiert. Ich mache Geschäfte, ich kaufe und verkaufe. Ich handle mit Waren und Nachrichten, aber bis zum Kloster sind meine Ohren noch nicht gedrungen. Dort ist alles anders.«
»Schlimmer?«
»So ist es.«
»Wir werden uns trotzdem auf den Weg machen«, erklärte Suko.
»Man hat uns gesagt, daß du ein bestimmtes Transportmittel verleihst. Wir denken an einen Hubschrauber.«
»Das ist wahr.«
»Können wir ihn haben?«
Patan atmete tief ein, räusperte sich und schaute uns nachdenklich an. »Ihr könnt ihn haben, denn ich weiß, daß ich euch von eurem Vorhaben nicht abbringen kann. Aber ich bin auch der Meinung, daß ihr nicht mehr mit ihm zurückkehren werdet.«
»Wieso?«
»Er wird zerstört werden!« erklärte uns der Mann. »Die Geister sind mächtig, sie beherrschen die Welt im Tigernest, und sie lassen das Grauen aufsteigen.«
»Weißt du mehr?«
Patan schüttelte den Kopf, doch Suko gab nicht auf. Er stellte die nächste Frage. »Was weißt du über eine Frau, die Shao heißt?«
Auf den blanken Wangen spiegelte sich das Licht der kleinen Öllampen. »Shao? Ich kenne sie nicht, ich habe sie noch nie gesehen und auch nichts von ihr gehört.«
»Aber es gibt sie. Sie ist die letzte Person in der Ahnenreihe der Amaterasu…«
Suko wollte noch weitersprechen, doch Patan wußte Bescheid.
»Der Sonnengöttin?«
»So ist es.«
»Hält man sie nicht im Dunklen Reich gefangen?«
»So ist es. Shao will sie befreien. Sie hat die Aufgabe übernommen.«
»Dann kann sie nicht mit dem Magier beisammen sein.«
»Darüber machen wir uns auch Gedanken.«
Patan hob die Schultern. »Vielleicht hat man euch getäuscht? Wer kann das wissen?«
»Das eben wollen wir herausfinden, und zwar so schnell wie möglich. Deshalb bitten wir dich, uns einen Hubschrauber zu leihen.«
Patan nickte einige Male, ohne allerdings zu sprechen. Erst nach einer Weile antwortete er flüsternd. »Wie ich vorhin schon andeutete, es kann ein Flug in den Tod werden. Ich weiß um eure lauteren Absichten und kenne auch die Gefahr, die der Magier mit sich bringt. Aus diesem Grunde will ich euch den Hubschrauber überlassen, obwohl ihr nicht mehr mit ihm zurückkehren werdet. Wer in die Hölle fliegt, für den gibt es kaum eine Umkehr. Ich kenne mich aus.«
»Trotzdem müssen wir hin.«
»Ja.«
Patan stand auf. Auch für uns ein Zeichen. Wir stellten uns ebenfalls hin. Der Mann reichte uns nicht einmal bis zur Schulter, dennoch ging von ihm eine Würde aus, die Respekt einflößte. Als wir in das Nebenzimmer kamen, verbeugte sich der Assistent.
Vor dem Schreibtisch blieb Patan stehen. Er sprach einige Sätze mit seinem Assistenten, der hin und wieder bedauernd den Kopf schüttelte oder die Schultern hob.
Dann wandte sich Patan an uns. »Es tut mir leid, aber Neuigkeiten gibt es nicht vom Kloster. Es ist so, als wäre um das Tigernest herum eine Sperre gebaut worden. Auch in das Dorf am Fuße des Berges darf niemand hinein. Jeder Fremde wird abgewiesen, und das ist sehr positiv ausgedrückt.«
»Wir fliegen ja«, sagte Mark grinsend.
»Beten Sie, mein Freund, beten Sie!« Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zur Tür.
Wir folgten ihm. Unsere Gesichter waren ernst geworden.
Wladimir wirkte sogar verbissen, und seine Lippen bildeten einen Strich, so hart lagen sie aufeinander.
Wir schritten durch den Laden und atmeten wieder den Geruch der unzähligen Gewürze ein.
Man grüßte Patan sehr respektvoll. Er schien in Paro ein kleiner King zu sein.
Im Freien holten wir tief Luft. Ich wollte noch etwas fragen, doch eine andere Sache nahm unsere Aufmerksamkeit in Anspruch. In der Mitte des Platzes hatte sich eine Menschengruppe versammelt.
Was da genau geschah, entdeckten wir nicht, doch
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