0543 - Die Fliegen-Königin
denn?«
»Jedenfalls hat Ross Grayson von ihr geschwärmt. Sie hat ein Hobby gehabt oder muß eines haben. Irgendwie kann sie es wohl nicht leiden, wenn man Fliegen tötet.«
»Das stimmt!«
»Fliegen sind lästig.«
»Für sie nicht.«
Ich lachte auf, trank einen Schluck und stellte fest, wie gespannt der Keeper zuhörte. »Mr. Grayson hat sogar von ihr ein Abschiedsgeschenk bekommen.«
»Tatsächlich?«
»Ja, eine Dose.« Ich zeichnete ihren Umriß mit dem Zeigefinger auf der Theke nach. »Stellen Sie sich das einmal vor. Er schenkte ihr eine Dose. Ich war zufällig dabei, als Grayson sie öffnete.«
»Ja…«
»Jetzt stellen Sie sich mal vor, Peter, was sich in der Dose befunden hat. Sie werden es nie erraten können. Es war eine dicke, fette Fliege.« Mit Daumen und Zeigefinger zeichnete ich die Größe nach. »Wie kann man eine Fliege verschenken?«
Peter war einen Schritt zurückgetreten. »Das… das weiß ich auch nicht. Sie muß wirklich durcheinander gewesen sein.«
»Oder sie hat es bewußt getan?«
»Aus welchem Grund?«
Suko gab die Antwort und traf bei dem Keeper voll ins Schwarze.
»Unser Kollege ist leider tot!«
Der Barmixer erbleichte. Seine Lippen zuckten, erwidern konnte er nichts.
»Sie sagen gar nichts.«
Er schaute uns beide an. »Was soll ich dazu sagen? Ich… ich habe ihn kaum gekannt und kann mir nicht vorstellen, daß man eine Fliege als Geschenk überreicht bekommt.«
»Das war aber so. Er starb eines schlimmen Todes.«
Jetzt hatte ich ihn noch neugieriger gemacht. »Wie denn?« flüsterte er, weil es etwas stiller geworden war, denn die beiden Ehepaare hinter uns legten eine Sprechpause ein.
»Genaues weiß ich nicht, aber er muß einen schrecklichen Tod gehabt haben.«
Peter nickte sehr bedächtig. »Eine Frage mal. Hing der Tod auch mit den Fliegen zusammen?«
»Angeblich schon.«
»Können Sie nichts Genaueres sagen?«
»Nein, wir sind keine Polizisten.«
»Und was wir hörten«, sagte Suko, »setzte sich zumeist aus Gerüchten zusammen.«
»An jedem Gerücht ist etwas Wahres, dran.«
»Da haben Sie recht.«
»Auch hier gibt es Gerüchte. Gerade, was die Fliegen angeht, denn Elvira liebt sie abgöttisch. Sie bezeichnet sie als die Hüter der Umwelt. Ohne Fliegen würde die Menschheit vergehen. Das hat sie auch oft genug unseren Gästen erklärt.«
»Wie reagierten sie darauf?« fragte ich.
Peter hob die Schultern. »Mit Unverständnis. Ich kann auch nicht fassen, daß man sich für Fliegen einsetzt. Aber das hat sie schon als Kind getan.« Er beugte sich vor, um wieder leiser sprechen zu können. Ich hatte das Gefühl, als wäre er froh, sich seinen Frust bei zwei Fremden von der Seele reden zu können. »Wir kannten uns schon als Kinder, wie ich Ihnen erzählte. Ich werde nie vergessen, wie sie eines Tages eine Fliege fing, sie dann unter dem Glas wegnahm und aufaß.«
»Nein!« Ich spielte den baff Erstaunten.
»Wenn ich es Ihnen sage!« zischte er durch die Zähne. »Wir waren damals acht Jahre alt.«
»Das ist wirklich ein Hammer.«
»Sind denn noch weitere Dinge passiert?« wollte Suko wissen.
»Ich meine, was die Fliegen angeht.«
Peter Garner trank sein Glas leer. »So genau weiß ich auch nicht Bescheid. Es gibt wiederum nur Gerüchte. In den Jahren haben sich die Fliegen immer hier gehalten. Einmal erlebten wir sogar eine Beerdigung, wo Fliegen den Sarg umschwirrten, als wollten sie mitbegraben werden.«
»Wer ist denn da gestorben?«
»Ein junger Mann, Discotyp. Er hieß Marco. Man sprach von einem Unfall, weil er im Wald vom Hochsitz gefallen ist.«
»Einfach so?«
»Das ist die Frage. Ich könnte mir vorstellen, daß jemand nachgeholfen hat. Das wiederum sind nur Spekulationen. Aber komisch war es schon.«
»Kannte Elvira denn diesen Marco?« wollte ich wissen.
»Natürlich. Hier kennt jeder doch jeden.«
»Sorry, ich vergaß. Ansonsten ist es ruhig geblieben in der Vergangenheit, oder?«
»Ja und nein. Es kamen natürlich Todesfälle vor, aber man hat nichts feststellen können.«
Ich hörte das Brummen, schaute hoch und sah einen dicken Brummer, der dicht an meinem Gesicht vorbeigeflogen war und nun auf der schmiedeeisernen Deckenleuchte hockte, die an einer Kette über der Bar hing. Ich zielte mit dem Zeigefingernagel auf sie. »So also sehen Elvira Kleins Freundinnen aus.«
Peter nickte.
Suko schaute zum Fenster. Gäste riefen nach Peter und wollten zahlen. Er verschwand.
»Na, was sagst du, John?«
Ich runzelte die
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