0543 - Die Fliegen-Königin
der Elvira Klein durch das Treppenhaus schallte.
»Den Leihwagen habe ich unbrauchbar gemacht! Ihr müßt bleiben!« Ein häßliches Lachen folgte.
Peter Garner wußte Bescheid. Die beiden steckten also in der Falle. Diesmal kam ihm Elvira wie eine Spinne vor, die ihr Netz gespannt hatte, in das sich ihre Opfer verfingen.
Für ihn war klar, daß er diese Tatsache nicht so ohne weiteres hinnehmen konnte. Er mußte etwas tun. Wenn er sich jetzt passiv verhielt, kam er sich vor wie jemand, der die Mitschuld an einem Mord trug. Daß Elvira die beiden Männer umbringen wollte, lag auf der Hand.
Peter Garner überlegte und bastelte sich blitzschnell einen Plan zusammen.
Das Hotel kannte er wie seine Westentasche. Natürlich auch die entsprechenden Schleichwege. Durch eine schmale Seitentür verließ er den Bau. Auch draußen bewegte er sich auf leisen Sohlen voran.
Erst jetzt fiel ihm auf, daß nirgendwo mehr Licht brannte. Elvira Klein hatte sämtliche Lampen gelöscht, sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite. Sie wollte unbeobachtet sein.
Der Leihwagen stand auf dem kleinen Parkplatz am Hang. Allein aus seiner Haltung konnte Peter erkennen, daß jemand die Reifen durchstochen hatte. Er grinste bitter.
Sein Fahrzeug hatte er ebenfalls auf dem Parkplatz abgestellt. Er fuhr einen älteren Volvo, einen guten Bergkletterer. Einmal ging er um das Auto herum.
An ihm hatte niemand manipuliert.
Aufatmend stieg er ein. Sein Plan stand fest. Das Gelände des Parkplatzes war abschüssig. Er brauchte nicht einmal den Motor anzulassen, um vom Parkplatz herunter und der Vorderseite des Hotels entgegenrollen zu können. Ein Zimmer der beiden lag auf dieser Seite.
Sehr sachte schloß er die Tür, löste die Handbremse und ließ den Volvo rollen.
Er starrte nach vorn, und was er entdeckte, das gefiel ihm überhaupt nicht.
So viele Fliegen wie an diesem Abend unterwegs waren, hatte er noch nie gesehen…
***
Es war wie in einem der Katastrophenfilme aus den siebziger Jahren, gepaart mit einem Schuß Horror. Ein mörderischer Cocktail, der uns serviert wurde.
Die Scheibe war gebrochen. Sie hatte sich noch gespannt, war dann geplatzt und in gewaltigen Stücken in den Raum geschleudert worden.
Mit ihnen kamen die Fliegen!
Was soll man da noch groß beschreiben. Die Worte furchtbar, unheimlich und unglaublich trafen den Nagel auf den Kopf. Eine surrende, zitternde und flirrende Wolke, die alles überschwemmen würde, was sich ihr in den Weg stellte. Uns natürlich auch, falls es uns nicht gelang, rechtzeitig genug zu verschwinden.
Ich flüchtete zwar nicht gern, in diesem Fall war es jedoch so am besten. Sie stürzten sich auf uns, tanzten vor unseren Gesichtern, während wir zurückwichen. Es gab einige Lücken in der kompakten Wolke. Aus ihnen hatten sich die Fliegen gelöst.
Wir hatten sehr schnell reagiert. Bevor die Fliegen sich auf unseren Körpern häuslich einrichten konnten, hatte Suko die Zimmertür aufgerissen.
»Weg, John!«
Ich hechtete nach draußen. Ein gekonnter Sprung, sehr oft im Training geübt, brachte mich über die Schwelle und in den Gang hinein. Suko floh ebenfalls und schaffte es, bevor die Masse der Fliegen noch die Tür erreichte, diese zu verschließen.
Natürlich hatten wir nicht alle zurücklassen können. Einigen war es gelungen, in den Gang zu flüchten, wo sie über unsere Köpfe und um die Gesichter tanzten.
Sie zirkulierten, sie wirbelten, sie waren aufgeregt; ihr Summen hörte sich böse an.
Ich zerklatschte einige von ihnen, als ich wieder auf die Beine kam. Auch Suko schickte ein paar Fliegen ins Jenseits. »Das reicht nicht!« keuchte er. »Jeder von uns muß 200 Hände besitzen, um alle Fliegen zu erwischen.«
Darüber wollte ich mir nicht den Kopf zerbrechen. Ich stand im Gang und schaute mich um. Ein schmaler Lichtstreifen an der Decke. Leider nur die Notbeleuchtung, so daß wir uns gerade noch orientieren konnten.
»Raus!« rief Suko.
Er machte sich als erster auf den Weg zur Treppe, hatte die noch nicht erreicht, als man ihm von vorn einen harten Schlag versetzte.
Sie waren da.
Fliegen über Fliegen. Ich sah sie Sekunden später, als ich neben Suko stehenblieb.
Zuerst wollte ich es nicht glauben, aber der Anblick blieb. Über ihn wehte ebenfalls der Schein einer Lampe hinweg, so daß wir Details ausmachen konnten.
Elvira Klein stieg die Stufen der Treppe hoch. Wir sahen ihre Beine, den Körper, die Hände, die Arme, die Schultern, einen Teil des Halses –
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