0545 - Der Schlangen-Altar
noch nicht gekommen, stellte sie erleichtert fest. Das Ritual hatte nur dazu gedient, sie zu einem Schlangenwesen zu machen, wie er selbst eins war.
Trotz ihrer Verwandlung sah sie sich immer noch als menschlich, Panshurab dagegen nur als Schlange, die zufällig auch noch Menschengestalt annehmen konnte. Zudem sollte der Kontakt zwischen Menschenfrau und Schlange schon in urbiblischen Zeiten für die Vertreibung aus dem Paradies gesorgt haben, und einen solchen Fehler wollte Teri keinesfalls wiederholen.
Sie mußte einen Weg finden, sich des Schlangenmenschen zu erwehren.
Aber wie?
Plötzlich fiel ihr auf, daß sie immer noch klar denken konnte. War das überhaupt normal?
Möglicherweise. Auch Sara Moon hatte sich den Erzählungen zufolge in ihrer Zeit als Ssacah-Dienerin ihr klares Denkvermögen bewahrt. Aber war es auch normal, daß Teri Rheken als neue Dienerin des Kobra-Dämons durchaus in der Lage war, sich ihm kritisch zu stellen? Daß sie über Abwehrmöglichkeiten gegen den obersten Diener des Kultes überhaupt nachdenken konnte?
Gedanken sind frei.
Vielleicht zeigten sich die Schranken erst später, wenn nicht mehr nur gedacht, sondern gehandelt wurde.
Jetzt, da Teri Schlangengestalt besaß, konnte sie sich auch wieder bewegen.
Sie versuchte, ihre druidischen Para-Fähigkeiten zu aktivieren.
Das funktionierte immer noch nicht. Auf diesem Gebiet war sie immer noch taub.
Aber dafür hatte sie Schlangen-Fähigkeiten gewonnen. Zum Beispiel diesen übersteigerten Geruchssinn, der ihr teilweise sogar das Sehvermögen ersetzte. Mit dem war es als Schlange allerdings nicht sehr weit her. Teri fühlte sich, als sei sie halb erblindet. Weitsicht und Tiefenschärfe stimmten nicht mehr!
Wie Panshurab damit leben konnte, als Schlange dermaßen schlecht sehen zu können, war ihr ein Rätsel. Vielleicht zog er aber gerade deshalb immer noch seine Menschengestalt vor.
War das nicht auch für sie eine Möglichkeit?
Sie wünschte sich, ihre menschliche Gestalt wieder zurückzuerhalten.
Zunächst geschah überhaupt nichts.
Erst nach mehreren langen Minuten und Fehlversuchen fand sie heraus, auf welche Weise sie diesen Wunsch zu denken hatte…
Plötzlich funktionierte es. Aus der auf dem Altar liegenden menschengroßen Kobra Teri Rheken wurde wieder die Druiden-Frau.
Nichts schränkte mehr ihre Bewegungsfreiheit ein! Sie konnte sich aufrecht setzen, sie konnte sich vom Samttuch erheben und ein paar Schritte gehen.
Die hemmende Wirkung des Betäubungsmittels war verflogen!
Sie konnte auch wieder normal sehen…
Und damit sah sie auch wieder die unzähligen Messing-Kobras ringsum!
Doch von ihnen ging keine Gefahr mehr aus. Teri gehörte jetzt zu Ssacah.
Als sie an sich herunter sah, war alles an ihr wieder wie gewohnt. Nichts erinnerte daran, daß sie eben noch, auf dem Altar liegend, zur Schlange geworden war.
Aber als sie sich jetzt intensiv wünschte, wieder Schlangengestalt anzunehmen, verlor sie blitzartig Arme und Beine, krachte wie ein gefällter Baum zu Boden und lag als menschengroße Kobra da.
Der Aufprall des Sturzes schadete ihr nicht. Er tat nicht einmal weh. Als Schlange war ihr Körper ganz anders organisiert als bei einem Menschen. Es gab keine Verletzungen, nicht mal Prellungen.
Als sie sich wieder in ihre Menschengestalt zurückverwandelte, klappte das schon wesentlich reibungsloser als beim ersten Mal, nur stand sie nicht wieder aufrecht, sondern lag nach Schlangenart am Boden und mußte sich erst wieder aufrichten. Auch jetzt tat nichts weh, es gab auch keine blauen Flecken, die das makellose Aussehen ihrer Haut gestört hätten.
Wieder verwandelte sie sich in ein Reptil. Dann unternahm sie die ersten Versuche, sich als Schlange zu bewegen. Das klappte nach kurzer Zeit ganz vorzüglich.
Als sie wieder Mensch wurde, stand Mansur Panshurab hinter ihr. Auch er hatte wieder Menschengestalt angenommen.
»Bravo«, sagte er trocken. »Ich sehe, du findest dich mit deinem neuen Dasein überraschend schnell und leicht ab.«
***
Der Dämon hatte ihn wieder freigegeben. Als Schlange war Mansur Panshurab wieder aus dem Maul des grünen Gehörnten hervorgekrochen und hatte sich zurückverwandelt. Nichts und niemand hatte ihn daran gehindert.
Dennoch war nichts mehr so, wie es einmal gewesen war.
Nach wie vor stand er völlig loyal zu Ssacah. Aber nun war auch etwas in ihm, das über diese Loyalität noch hinaus ging. Eine völlig neue Welt tat sich ihm auf, eine Sichtweise, die alles
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