0547 - Der Vampir-Gnom
Ewigkeit bestellt.
Lisa erinnerte sich an einen alten Vampirfilm, den sie vor Jahren gesehen hatte. Da war es auch um eine junge Frau gegangen, die in der Dunkelheit am Fenster stand, hinausschaute und plötzlich von dem auftauchenden Blutsauger überrascht worden war.
Aber das war Film gewesen…
Die Wirklichkeit sah anders aus.
Tatsächlich?
Mehr durch Zufall hatte Lisa in die Tiefe geschaut. Hinter dem Haus lag ein kleiner Garten. Da standen auch die Bänke und Korbsessel auf dem kurzgeschorenen Rasen.
Als dunkle, verschwommene Fläche lag er vor ihr. Trotzdem glaubte sie daran, sich nicht getäuscht zu haben. Der Schatten war vorhanden gewesen, und er hatte sich auch bewegt.
Aber wo?
Vielleicht im Schatten der Hauswand?
Lisa überwand ihr eigenes Unbehagen und beugte sich über die Fensterbrüstung hinweg, weil sie an der Hauswand entlang in die Tiefe schauen wollte.
Das hätte sie nicht tun sollen.
Plötzlich hörte sie ein Sirren. Es war ein Geräusch, das sie nicht einordnen konnte, doch sie spürte im nächsten Augenblick, wie sich etwas um ihre Kehle legte.
Einen Lidschlag später bekam sie keine Luft mehr. Irgend jemand hatte von unten her eine Schlinge geworfen und haargenau getroffen. Lisa würgte, klammerte sich an der Brüstung fest, als sie den heftigen Ruck im Nacken spürte, der sie nach vorn riß.
Ihre Hände rutschten ab, zwei Fingernägel brachen, dann fiel sie wie ein Stein.
Kopfüber jagte sie dem Erdboden entgegen, hätte sich aller Wahrscheinlichkeit nach das Genick gebrochen, doch kurz vor Erreichen des Ziels sah sie die beiden Arme, die sich ihr entgegenstreckten.
Die junge Frau fiel federnd in sie hinein, den Würgestrick noch immer um den Hals und an Luftmangel leidend.
Den vergaß sie allerdings in den nächsten Sekunden, als sie erkannte, wer sie aufgefangen hatte.
Zumbra, der Vampir-Gnom!
Sein kantiges Gesicht mit dem halb geöffneten Mund sah sie dicht vor sich und auch die beiden gefährlichen Vampirzähne. Mehr konnte sie nicht erkennen, denn das Gesicht und die gesamte Gestalt zerplatzten, als hätte jemand in sie hineingestochen.
Lisa wurde ohnmächtig.
Der Vampir-Zwerg aber verschwand mit seiner Beute in der Dunkelheit der Nacht…
***
Zwei kalte Klauen umklammerten Harrys Hals, und vor ihm stand eine Gestalt, die einfach furchtbar aussah. Er hatte diesen Mann einmal als Gunnar Clear gekannt, auch jetzt besaß er noch Ähnlichkeit mit dieser Person, aber er hatte sich verändert.
Das waren nicht nur die beiden Vampirhauer in seinem Oberkiefer, auch die untere Gesichtshälfte sah zum Fürchten aus. Sie erinnerte Harry an eine einzige Wunde.
Vampire wollten Blut, und Gunnar machte da keine Ausnahme. Er schob sich näher an Harry heran, streckte den rechten Arm aus, die Hand wurde zur Kralle, zielte auf Harrys Gesicht, dem es nicht mehr gelang, Luft zu holen, weil die kalten Würgehände ihren Druck noch verstärkt hatten.
Harry gehörte zu den Menschen, die es gelernt hatten, sich zu wehren. Seine Schrecksekunde war auch nicht besonders lang, er hatte sie schnell überwunden.
Als Gunnar zugreifen wollte, trat er zu. Es war ein harter, gut gezielter Karatetritt, der den Leib des Blutsaugers traf.
Gunnar Clear wurde voll erwischt. Er flog zurück, krachte gegen einen Baumstamm, prallte dort noch ab und drehte sich dann um die eigene Achse, bevor er zu Boden fiel.
Das bekam Harry nicht mehr mit. Er schleuderte seine Arme zurück, sogar weit über seine Schultern, bekam den hinter ihm stehenden kleineren Efrim Täte zu packen, hielt eisern fest, bückte sich dabei und wuchtete die Arme wieder nach vorn, ohne Täte loszulassen.
Der mußte den Gesetzen der Fliehkraft folgen und wirbelte wie ein Geschoß über den gekrümmten Körper des Mannes hinweg.
Auch er krachte gegen einen Baumstamm, ohne daß er dadurch verletzt worden war.
Gunnar Clear war wieder auf den Beinen.
Harry saugte den Atem an. Bevor Gunnar ihn angriff, hatte er schon sein Messer gezogen.
Damit stach er zu.
Clear drehte ab. Die Klinge erwischte ihn nicht in der Brust. Sie drang durch seinen linken Arm. Eigentlich hätte Blut sprudeln müssen, doch kein Tropfen dieser wichtigen Flüssigkeit drang aus der Wunde. Das ließ Harry nur staunen.
Er brauchte einfach zu lange, um diesen Anblick zu überwinden.
Deshalb konnte er dem Faustschlag des Vampirs nicht mehr ausweichen. Harry wurde im Gesicht getroffen. Seine Oberlippe platzte auf, aus der Nase sickerte Blut, der Schmerz machte ihn
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