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0547 - Die Sonne warf keinen Schatten

Titel: 0547 - Die Sonne warf keinen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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über die dschungelbedeckte Bergwildnis schweifte.
    Spezialist Kainchen hatte sich inzwischen über den Proviant hergemacht und ihre Auswahl getroffen. Die Portion, die sie zu vertilgen gedachte, hätte dem Appetit eines Nilpferdes alle Ehre gemacht. Elisa brauchte kaum eine Viertelstunde, um sich den Inhalt der diversen Konserven einzuverleiben. Danach bekannte sie freimütig, sie hätte seit langem nicht mehr so „anständig" gespeist.
    Inzwischen hatte Holli die Umgebung ihres Landeplatzes abgesucht und dabei eine schmale Rille entdeckt, die von Norden nach Süden durch die Oberfläche des Plateaus lief und den massiven Felsklotz bis zum Fuß hinunter zu spalten schien.
    Die Rille war kaum einen Meter breit. Ihre Wände stürzten glatt und senkrecht in die Tiefe, und ein Stein, den Hollingsworth vorsichtig in den Spalt fallen ließ, erzeugte keinerlei Aufschlagsgeräusch.
    Elisa, die ihr umfangreiches Mittagsmahl beendet hatte, war neugierig geworden und kam herbei.
    „Was gibt es da zu sehen, Herr Leutnant?" erkundigte sie sich und fuhr sich mit dem Handrücken genießerisch über den Mund.
    Der Spalt beeindruckte sie.
    „Sieht aus, als hätte hier einer mit einer riesigen Säge gearbeitet."
    Der Vergleich war treffend. Holli konnte sich nur schwer vorstellen, daß die Rille auf natürlichem Wege entstanden sei.
    Er schickte Elisa zurück zum Shift und trug ihr auf, eine Ultraschallsonde zu besorgen. Das Gerät war klein. Holli nullte es aus. Dann legte er sich auf den Boden und streckte die Hand mit der Sonde vorsichtig über den Rand der Spalte hinaus. Ein Knopfdruck löste das Signal aus. Er hielt das Gerät ein paar Sekunden lang ruhig, dann zog er den Arm zurück. Die Digitalskala zeigte die Zifferngruppe 0633.
    „Sechsunddreißig Meter!" staunte Elisa. „Das ist ganz schön tief!"
    „Dabei handelt es sich nicht unbedingt um die Tiefe des Spalts", berichtigte Holli. „Das Signal kann an einem Vorsprung abgeprallt sein."
    Er überlegte, ob die Spalte es wert sei, daß er sie näher untersuche, da gab es plötzlich ein knarrendes, knirschendes Geräusch, und gleichzeitig hatte er das Gefühl, er stände auf schwankendem Boden. Das Erlebnis auf der Hochebene nördlich von Point Chuin war ihm noch so deutlich in Erinnerung, daß er völlig instinktiv handelte.
    „Zurück zum Gleiter!" schrie er Elisa an.
    Dann warf er sich herum und hastete in langen Sätzen auf das Fahrzeug zu. Unterwegs kam ihm zum Bewußtsein, daß Elisa nicht mit ihm Schritt halten konnte. Er hielt an und wartete auf die Unglückliche, die auf ihren zum Rennen wenig geeigneten Gehwerkzeugen nun auch noch die zusätzliche Last eines überreichlichen Mittagessens zu tragen hatte.
    Der Boden hatte wirklich angefangen zu zittern. Das Knarren und Knirschen war lauter geworden. Staub wirbelte auf. Es war wie auf der Hochebene. Ein Riß bildete sich in der Decke des Plateaus und schoß in Windeseile an Elisa vorbei. Holli sprang zur Seite, um den Halt nicht zu verlieren. Der Riß verbreiterte sich rasch, und der Leutnant stellte voller Entsetzen fest, daß er Elisa und ihn vom Shift trennte. Er schnitt unmittelbar vor dem Bug des Fahrzeuges durch das Gestein und erweiterte sich in Sekundenschnelle auf eine Breite von wenigstens fünf Metern.
    Elisa stolperte und brach zusammen. Holli packte sie am Kragen und zog sie wieder auf die Beine.
    „Nicht schlappmachen!" keuchte er.
    Elisa hinter sich herziehend, sprang er, so schnell er konnte, auf den Riß zu. Vielleicht hatten sie noch eine Chance. Wenn nur er hinüberkam, dann konnte er den Shift starten und den Riß überqueren! Er schätzte die Entfernung zum gegenüberliegenden Rand. Knapp sechs Meter. Wenn er einen ausreichenden Anlauf nahm, konnte er vielleicht...
    Da schrie Elisa hinter ihm in Todesangst auf. Er fuhr herum.
    Dicht hinter ihnen hatte sich eine zweite Spalte gebildet. Der Boden unter ihnen verlor nun endgültig den Halt. Er begann zu bröckeln, zu rutschen. Ein Stück Boden setzte sich mit Holli und Elisa darauf in Bewegung und glitt mit ständig wachsender Geschwindigkeit auf den neuentstandenen Riß zu.
    Das ist das Ende! schoß es Hollingsworth durch den Kopf. In einer instinktiv schützenden Geste packte er Elisa bei den Schultern und zog sie zu sich heran. Dann verging die Welt in dröhnendem Krachen und Stampfen. Eine Wolke erstickenden Staubs verhüllte die Szene der Katastrophe. Holli bekam keine Luft mehr. Er keuchte und hustete. Felsstücke nagelten auf ihn ein.

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