0548 - Knochen-Cowboy
und in die Tiefe leuchtete.
Jetzt erkannte er den Gegenstand.
Es war ein Pfahl!
Im ersten Moment erschrak er dermaßen, daß er die Lampe wieder ausschaltete. Dann begann er nachzudenken. Er wußte die Lösung, nur kam er im Moment nicht darauf.
Den Pfahl hatte er deutlich erkannt. Nur fragte er sich, was dieser Gegenstand ausgerechnet in seinem Garten zu suchen hatte? Wer stellte so etwas auf?
Plötzlich klickte es bei ihm. Der Knochen-Cowboy, der alte Medizinmann, bei dem Clusky gelebt hatte, die Apachen-Magie, der Pfahl, auch Totem genannt…
Das war es!
Morgan Clusky mußte ihn aufgestellt haben. Sicherlich nicht ohne Grund. Er hatte noch weitere Dinge vor.
Sinclair mußte Bescheid wissen. Sicherlich schlief er und hatte nichts von der Veränderung bemerkt.
McAssig wollte sich abwenden, als etwas anderes geschah. Der Pfahl, bisher dunkel, fast schwarz, bekam ein eigenes Leben. Von innen her begann er zu leuchten.
McAssig war fasziniert und gleichzeitig abgeschreckt. Es kam ihm vor, als befänden sich innerhalb des Materials zahlreiche Lampen, deren Schein das Holz durchdrang.
Es war kein normales Licht. Hier traf die Bezeichnung geisterhafte Beleuchtung zu. Er konnte auch keine einzelne Farbe unterscheiden, das Licht setzte sich aus mehreren zusammen, so daß ein Konglomerat entstand.
In der Grundtendenz dunkel. Ein düsteres Violett, vermischt mit einem rötlichen Unterton. Auch die Farben Blau, Grün und Gelb waren vorhanden.
Nur bewegten die Farben sich. Sie standen nie still. Sie zitterten, sie sahen aus, als würden sie den Pfahl hochgleiten und sich gleichzeitig ausbreiten.
Zu den beiden Enden hin schwächten sie sich ab, in der Mitte blieben sie konzentriert.
Dort entstand ein Bild.
Nur bei genauerem Hinsehen zu erkennen. Ein Gesicht, aus zahlreichen Farben, zusammengesetzt wie ein Puzzle.
Nein, kein Gesicht. Es war ein Zerrbild dessen. Eine widerliche, abstoßende, grauenerregende Fratze, versehen mit einem breiten Mund, der Andeutung einer Nase – und zwei Augen.
Gerade diese Augen waren es, die den Betrachter so faszinierten und gleichzeitig in ihren Bann zogen.
Blicke, die er nicht beschreiben konnte. Böse, grauenhaft und auch tödlich.
Er zwinkerte, weil ihm Schweiß über die Brauen hinweg in die Augen gedrungen war. In der rechten Hand hielt McAssig noch sein Gewehr, nur schaffte er es nicht, die Flinte anzuheben und die Mündung über die Fensterbank zu kippen.
Die Totemfratze hielt ihn zu sehr in seinem Bann. Die Welt um ihn herum war versunken, für McAssig gab es nur das fürchterliche Gesicht im Totempfahl.
Und er besaß eine Botschaft für ihn.
Zunächst erreichte ihn nur der Druck. Er prallte gegen seine Stirn, drang auch dahinter und sorgte für Kopfschmerzen. Vergeblich versuchte er, sich von diesem Druck zu befreien.
Dann formierte sich etwas hervor.
Gedanken…
Eine Botschaft…
›Komm her. Komm zu mir! Komm zu Cattananga…‹ Wieder ein neuer Name. Cattananga – noch nie zuvor hatte McAssig ihn gehört.
Er dachte auch nicht darüber nach, wer dieser Cattananga sein könnte, der Befehl jedenfalls stand klar und fest vor ihm.
McAssig gehorchte.
Zuerst rutschte die Flinte aus seiner schweißnassen Hand. Mit einem dumpfen Laut landete sie auf den Bohlen. Das Gewehr brauchte er nicht mehr. Er sah auch die Fratze nicht als einen Feind an, er wollte zu ihr, nur das zählte.
So erklomm er die Fensterbank, hockte sich dort hin und schaute in die Tiefe.
Von der ersten Etage her war es bis zum Boden ein ziemlich gewagter Sprung, besonders deshalb, weil er wegen der tiefen Schatten nicht genau sehen konnte, wo er landen würde.
Er wußte nur, daß der Grund vor dem Haus aus relativ weicher Erde bestand, auf der auch Gras wuchs, das, so hoffte er, seinen Aufprall dämpfen würde.
Dann stieß er sich ab.
McAssig fiel.
Der kurze Sprung kam ihm mehr als dreimal so lang vor. Er bekam das Gefühl, ins Nichts zu fallen, in einen Schacht, einen Tunnel, dessen Schwärze ihn verschlingen wollte.
Seine Kehle war zu, ausgedörrt. Nicht einmal ein Krächzen drang über die Lippen.
Dann der weiche und trotzdem harte Aufprall. Der Schock, der durch seinen Körper floß und erst im Schädel endete, wo er regelrecht explodierte, als sollte der Kopf dort auseinanderfliegen.
Tränen schossen in seine Augen. Ein stechender Schmerz durchbiß den linken Knöchel, und McAssig hatte Mühe, die Tränen zu unterdrücken. Diesmal allerdings stöhnte er auf. Langsam kippte er nach
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