Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
055 - Labyrinth des Todes

055 - Labyrinth des Todes

Titel: 055 - Labyrinth des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
Vom Netzwerk:
wollte, war sie …« Lundsdale preßte die Lippen zusammen. »Sie lag in ihrem Bett – eiskalt – steif. Sie war tot.« Er sah mich an, dann schloß er die Augen, und sein Körper wurde von Krämpfen geschüttelt. »Sie war tot.« Wir schwiegen einige Sekunden.
    »Ist die Todesursache bekannt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Der Arzt untersuchte sie, doch er konnte nur feststellen, daß sie tot war. Er tippte auf Herzschlag. Olivaro nahm alles in die Hand. Er organisierte auch das Begräbnis.«
    »Es gibt also keinen Zweifel, daß Coco tot ist?«
    »Keinen Zweifel«, sagte Lundsdale. »Ich sah sie zwei Tage später zum letztenmal. Sie lag beim Leichenbestatter des Unternehmens Himmlischer Friede aufgebahrt, in einem Sarg, dessen Oberteil aus Glas bestand. Sie war fast überirdisch schön und wirkte überhaupt nicht wie eine Tote, eher so, als würde sie tief schlafen. Am Begräbnis konnte ich nicht teilnehmen, da ich Fieber hatte und im Bett bleiben mußte.«
    Ich steckte mir eine Zigarette an und stand auf. Für mich war eines klar: Hinter Cocos Tod steckte die Schwarze Familie. Sie war nach Hongkong gelockt worden.
    Ich blieb stehen und musterte Lundsdale. Er hatte vermutlich die Wahrheit gesprochen, doch es war auch nicht auszuschließen, daß er von der Schwarzen Familie beeinflußt worden war und eine erfundene Geschichte zum besten gegeben hatte. Doch wenigstens hatte ich einige Hinweise. Diesen Bankier würde ich mir auf jeden Fall kaufen.
    Ehrlich gesagt, war ich noch immer nicht von Cocos Tod überzeugt. Es sprach zwar alles dafür, aber ich kannte die Tricks der Schwarzen Familie.
    »Ziehen Sie sich an, Lundsdale!« sagte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich noch immer schwach.«
    »Keine Widerrede!« knurrte ich ungehalten. »Sie ziehen sich an! Ich möchte Cocos Grab besuchen.«
    Er sah mir in die Augen. Ich hatte meinen finstersten Blick aufgesetzt. Er seufzte und stand auf. Ich sah ihm nach, wie er im Schlafzimmer verschwand.
    Im Grunde wußte ich nicht, was ich mir von dem Friedhofsbesuch versprach, aber ich wollte ganz einfach das Grab sehen, in dem Coco liegen sollte.
     

     
    Zehn Minuten später quälten wir uns in Lundsdales klapprigem Volkswagen durch den starken Mittagsverkehr. Lundsdale hatte so stark gezittert, daß ich mich hinters Steuer geklemmt hatte. Ich bog in die Bridges Street ein und fuhr am Man-Mo-Tempel vorbei. Das Fahren in den überfüllten Straßen war alles andere als ein Vergnügen. Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis ich endlich die Caine Street erreicht hatte. Dort wurde der Verkehr etwas schwächer, und ich kam rascher vorwärts. Gelegentlich warf ich Lundsdale einen Blick zu. Er saß zusammengesunken im Sitz und atmete schwer.
    Immer wieder wischte er sich mit einem weißen Tuch den Schweiß von der Stirn.
    »Reißen Sie sich zusammen!« sagte ich ungehalten.
    Doch es half nichts. Er zitterte weiter, und seine Schweißausbrüche wurden immer stärker, je näher wir dem Friedhof kamen.
    Ich mußte einige Minuten lang suchen, bis ich endlich einen Parkplatz gefunden hatte. Rasch öffnete ich die Wagentür und stieg aus. Die Sonne stand hoch am Himmel, und es war unerträglich heiß. »Kommen Sie, Lundsdale!« drängte ich, doch er wollte nicht aussteigen.
    »Ich warte hier auf Sie«, sagte er. »Ich will nicht mitkommen. Ich kann es einfach nicht ertragen, auf einen Friedhof zu gehen.«
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als Lundsdale mit Gewalt aus dem Wagen zu ziehen. Sein Hemd und die Jacke trieften vor Schweiß, sein Gesicht war bleich.
    Ich faßte seinen rechten Arm und zog ihn hinter mir her. Wir kamen an einigen Läden vorbei, in denen alte Chinesen Blumen, Kerzen und Kränze verkauften. Unweit der Friedhofsmauer befanden sich einige Bestattungsunternehmen, darunter auch jenes, das die Beerdigung von Coco durchgeführt hatte.
    »Ich kann nicht, Hunter«, keuchte Lundsdale. »So verstehen Sie doch! Ich habe eine panische Angst vor Friedhöfen. Schon seit meiner Kindheit. Sie dürfen mich nicht …«
    »Sie kommen mit«, sagte ich hart, »und wenn ich Sie fesseln muß.«
    Er ließ die Schultern hängen. Ich ließ seinen Arm nicht los, und gemeinsam durchschritten wir das hohe schmiedeeiserne Tor, das weit offenstand. Links lagen die Einsegnungshallen, und rechts erstreckte sich der Friedhof einen sanften Hügel hinan. Land war so ziemlich das kostbarste in Hongkong, und ein Grab auf diesem Friedhof mußte ein kleines

Weitere Kostenlose Bücher