0550 - Der Heimkehrer
Gefühl, in eine andere Welt zu treten. Er zwinkerte, weil er sich nicht sicher war, aber das war nicht die Septemberluft, die er kannte. Kein warmer Indian Summer, kein Wind, der von der Küste wehte, das war Blei.
Blei, Schwüle, eine dichte, schweißtreibende Luft und dazu ein Himmel ohne Bläue.
Vielleicht in der Ferne, hinter dem Grau, das wie angestrichen das Firmament bedeckte.
Und wo befand sich die Sonne?
Lidholm sah sie nicht. Sie hielt sich hinter dem bleiernen Grau verborgen, als hätte sie Furcht davor, durch irgendwelche Lücken zu scheinen.
Ein schlimmes Wetter, das vor allen Dingen so urplötzlich gekommen war. Ohne einen Übergang, fast schlagartig und auch zu dem Toten Land passend. Hinzu kam die Stille. Sie lag unter dem ungewöhnlichen Himmel wie angeklebt. Lidholm zog seine Jacke wieder aus. Es war einfach zu warm geworden. Vor dem Haus hatte er den Boden mit hellen Kieselsteinen bestreut. Als er darüber hinwegging, knirschten seine Schritte lauter als gewöhnlich.
Er ging dorthin, wo die letzten Bäume standen. Der Mischwald reichte bis dicht an das Tote Land, dann hörte er schlagartig auf.
Auch das hohe, grüne Gras war nicht mehr vorhanden, ebensowenig das Moos und die Flechtenartigen Gewächse, die einen Teppich auf dem Untergrund bildeten, der die Schritte federn ließ.
Es war alles anders geworden und wirklich nicht zum Vorteil. Das Unheil kroch näher…
Lidholm schluckte. Im Mund spürte er einen ungewöhnlichen Geschmack. Die Luft roch auch anders.
Irgendwie verbrannt…
Hasso trottete auf ihn zu. Selbst der Hund, sonst immer agil, wirkte müde, und trotzdem war er wachsam.
Carl kraulte das dichte Fell. »Okay, mein Freund, okay. Ich weiß ja auch nicht, was hier los ist, aber mir gefällt es ebenfalls nicht. Da müssen wir beide gemeinsam durch!«
Es schien, als hätte der Hund alles verstanden, denn er bewegte nickend den Kopf.
Carl hatte sich noch nicht entschieden. Sollte er zu Fuß gehen oder den Wagen nehmen. Normalerweise wäre er zu Fuß gegangen, aber diese bleierne Hitze und der Wind machten ihn kaputt. Da war es besser, wenn er sich nicht anstrengte und den Jeep nahm.
Natürlich dachte er darüber nach, wie dieser Umschwung möglich war. Eine hundertprozentige Erklärung gab es für ihn nicht, er glaubte jedoch, daß dies möglicherweise mit dem Toten Land zu tun hatte, das, so weit er blicken konnte, vor seinen Augen lag.
Im ersten Augenblick wirkte es wie eine riesige Sumpffläche. Gewaltig, fast ohne Ende, hineingeschoben in das flache Land und mit dem Horizont zusammenstoßend. Man hatte keine offizielle wissenschaftliche Erklärung für das Entstehen dieses Gebietes gefunden.
Man ging einfach davon aus, daß es vor langer Zeit hier eine Katastrophe gegeben hatte. Den Einschlag eines Kometen zum Beispiel.
Allerdings war das Tote Land nicht strahlenverseucht, worüber sich die Experten auch wunderten.
Carl Lidholm hatte sich, als er seine Tätigkeit hier übernahm, fest vorgenommen, alles genau zu prüfen und auch eine Lösung zu finden. Bisher war ihm dies nicht gelungen.
So mußte er auch weiterhin auf Spekulationen bauen, obwohl sich die Gegend noch nie so verändert hatte wie gerade heute. Das war ihm völlig neu, erklärungslos.
Er ging zum Wagen. Hasso hatte es gewußt, er hockte schon neben der Fahrertür. Bevor Lidholm einstieg, schaute er noch hoch zum Himmel. Er wurde den Eindruck nicht los, daß sich dieses ungewöhnliche geometrische Gebilde wieder zeigen würde.
Das Gewehr landete auf dem Beifahrersitz. Dort lag es immer, wenn Carl unterwegs war. Hasso huschte an ihm vorbei. Sein Platz war die Ladefläche, wo zahlreiche Werkzeuge lagen, die für eine Erkundungsfahrt unentbehrlich waren.
Dem Jeep selbst schien es auch nicht so gut zu gehen. Jedenfalls sprang der Motor erst nach einem Stottern an. Carl rollte von der Einfahrt, die er sich gebaut hatte. Es waren nebeneinandergelegte Bohlen, zudem noch rauh, damit die Reifen auch richtig greifen konnten.
Den Rand des Waldes hatte er bald hinter sich gelassen. Das Tote Land schluckte Mann, Hund und Wagen.
Es war in der Tat ein Areal, bei dem der Schöpfer wohl beide Augen geschlossen hatte. Auf dem Mond konnte es nicht schlimmer aussehen. Zwar gab es im Toten Land kein Gestein, dafür Pflanzenwuchs. Wie die Pflanzen allerdings aussahen, das erinnerte an Fäulnis, Moder und an Vergänglichkeit. Aus der Distanz betrachtet sah das Gebiet sehr flach aus. Innerhalb jedoch wechselten sich die
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