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0550 - Der Heimkehrer

0550 - Der Heimkehrer

Titel: 0550 - Der Heimkehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Augenbrauen festgehakt hätten.
    Dieser Vorgang war für ihn das Startzeichen, endlich etwas zu unternehmen.
    Auf der Stelle schnellte er herum. Er wollte weg, er mußte weg. In einem Regen von toten Vogelkörpern rannte er davon. Er lief geduckt und hatte die Arme über seinem Kopf als Deckung ausgebreitet.
    Nicht nur Tauben fielen wie reife Früchte aus der grauen Wolkenmasse. Amseln, Drosseln, Krähen, Sperlinge, eine Auswahl der heimischen Vogelwelt hatte es erwischt.
    Sosehr sich Lidholm auch bemühte, die Vögel erwischten ihn. Leblose Kadaver hämmerten gegen seinen Rücken. Manche erwischten die Hände über dem Kopf, andere wiederum hämmerten links und rechts neben ihn wie breite Geschosse.
    Hasso sprang mit Riesensätzen weiter. Auch er fürchtete sich vor dem nicht begreifbaren Grauen, das seine Schwingen über diesen Teil der Welt gelegt hatte.
    Der Vogelregen wollte einfach nicht aufhören. Carl Lidholm rannte. Sein Denken, seine Überlegungen schaltete er aus. Das Gesicht hatte sich zu einer schweißüberzogenen Maske verzerrt. Er holte keuchend Luft, hechelte selbst wie ein Tier, und die Angst vor weiteren Folgen peitschte ihn voran.
    Bis zu dem Zeitpunkt, als ihm ein Schatten entgegensprang. Er schrie schreckhaft auf, spürte dann den Körper des Hundes, der seine Pfoten auf die Schultern des Mannes gelegt hatte und es auf diese Art und Weise schaffte, ihn zu stoppen.
    Carl Lidholm war irritiert. Er sah den Hund, er duckte sich noch immer, doch es fielen keine Kadaver mehr vom Himmel. Die letzten lagen verstreut neben ihm. Er hatte die Grenze dieses grauenhaften Vorgangs erreicht.
    Leicht geduckt und schwer atmend stand er auf dem Fleck, den Blick starr in die Tiefe und vor seine Fußspitzen gerichtet. Hasso hockte ebenfalls vor ihm. Aus seinen klugen Augen schaute er ihn an.
    »Vorbei«, flüsterte Lidholm. »Ist es vorbei?«
    Die Antwort mußte er sich selbst geben. Es fiel ihm schwer, sich umzudrehen, und er ließ sich auch Zeit damit. Sehr langsam bewegte er sich auf dem Fleck.
    Die Drehung brachte ihn nach links. Zunächst sah er die Kadaver nur vereinzelt und verstreut auf dem Grund des Toten Landes liegen. Graue, braune und schwarze Tiere. Kein Vogel hatte überlebt, alle waren sie erwischt worden.
    Lidholm kam sich vor wie jemand, der von einer harten Klammer gewürgt wurde.
    Je weiter er sich drehte, um so mehr sah er von dem Grauen. Ein Teppich aus toten Tieren bedeckte das Land. Wohin er auch sah, er sah die bewegungslosen Vögel.
    Seine Lippen zitterten, die Augen füllten sich mit Tränen, und ein warmer Wind blies gegen sein Gesicht. Er streichelte von unten her seinen Körper und brachte den Geruch des Todes mit.
    Verwesung, Angst, den Schrecken…
    Carl Lidholm ging zwei Schritte vor. Seine Bewegungen wirkten so steif wie bei einer Person, die erst noch lernen muß, richtig zu laufen. Dann bückte er sich.
    Seine gespreizte Hand umfaßte den Kadaver einer Taube. Es kostete ihn Überwindung, das tote Tier überhaupt anzufassen. Als die Fingerspitzen darüber hinwegstrichen, bekam er den Eindruck, als wäre das Gefieder aufgerauht worden. Lidholm verstärkte den Griff – und mußte mit ansehen, wie das Tier unter seinen Händen regelrecht zerbröselte. Gefieder, Fleisch und Knochen verwandelten sich in grauen Staub, der als mehlige Pfütze auf dem Boden zurückblieb.
    Lidholm richtete sich wieder auf. Auch seine Gesichtsfarbe hatte sich verändert. Sie glich dem Staub des toten Vogels. Der Glanz war aus seinen Augen verschwunden. Zuckend bewegte Carl die Lippen. »Tot«, wisperte er, »sie sind tot. Zuerst stirbt die Natur, dann der Mensch. Das ist der Anfang vom Ende.«
    Er mußte so sprechen, weil er dermaßen unter dem Schock des Erlebten stand.
    Vor ihm lagen sie.
    Ein Meer bewegungsloser Leiber. Die zerstörte Natur, der Anfang vom Ende.
    »Macht euch die Erde Untertan«, sprach er mit zitternder Stimme.
    »So hat Gott es gewollt. Aber zerstört sie nicht, sonst wird die Strafe fürchterlich sein. Denn die Natur läßt sich nur oberflächlich überlisten. Irgendwann schlägt sie zurück, dann wird ihre Rache furchtbar sein…«
    Er konnte es nicht mehr aushalten. Über die toten Vögel stieg er hinweg. Er glaubte, das letzte Lebewesen in einer toten Welt zu sein.
    Wie der Warner und Mahner, dessen Worte leider nicht gehört werden wollten und längst im Rausch der Ewigkeit verklungen waren.
    Bekamen die Kadaver den Druck seines Gewichts mit, zerknirschten sie und blieben als Staub

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