0552 - Gefangene der bösen Träume
hervor. Zum zweiten Mal an diesem Tag war er froh, daß er ihn auf die Britischen Inseln mitgenommen hatte, obgleich es dafür ursprünglich keinen Anlaß gegeben hatte. Schließlich war es anfangs ja nur darum gegangen, Regenbogenblumen nach Caermardhin zu bringen. Daß daraus ein mehrtägiger Aufenthalt werden sollte, hatte keiner geplant.
»Warten Sie!« befahl Zamorra dem Beamten, der ihn beiseite schieben und in die Bar stürmen wollte. Er hielt ihn am Arm fest. »Was soll der Affenzirkus?«
»Lassen Sie mich los! Sehen Sie nicht? Der Wolf…«
»Ist mein Wolf! Und überdies ganz friedlich, wenn ihn kein Wahnsinniger reizt und mit dem Schießprügel auf ihn losgeht! Wollen Sie mir jetzt endlich in Ruhe erklären, was Ihr Auftritt soll, Gentlemen? Wir sind hier nicht im Wilden Westen!«
»Der Wolf…«
»Ja!« fauchte Zamorra ihn an. »Inzwischen dürfte auch der letzte Mohikaner wissen, daß es ein Wolf ist! Was tun Sie hier überhaupt?«
»Was tut das Innenministerium hier?« kam die Rückfrage. »Und Ihr Wolf… dieser ganz friedliche Wolf… hat den Geschäftsführer des Hotels zerfetzt!«
»Wann?« stieß Zamorra hervor.
»Vielleicht vor einer oder einer halben Stunde?«
»Da saß der Wolf neben mir in der Bar unter einem Tisch. Der Keeper und mindestens zwei Gäste können’s Ihnen bezeugen. Davor war ich mit dem Tier draußen in der Stadt unterwegs. - Wie wäre es, wenn Sie endlich Ihre Waffen einsteckten?«
»Der Wolf muß unschädlich gemacht werden!«
Zamorra seufzte. »Brauchen Sie ein Hörgerät? Haben Sie nicht mitbekommen, was ich gerade gesagt habe? Stecken Sie die Waffen weg, und behalten Sie Ruhe. Der Wolf ist zahm und friedlich.«
Demonstrativ betrat Nicole wieder die Bar, ging neben Fenrir in die Hocke und begann ihn zu kraulen, öffnete ihm das Maul, fuhr mit der Hand hindurch.
»Noch irgendwelche Fragen zu diesem Thema?« erkundigte sich Zamorra.
»Nein, Sir«, knirschte der Mann, den der Parapsychologe festgehalten hatte.
Zamorra nickte. »Erstens: Sie haben außerordentlich schnell reagiert, das ist lobenswert. Zweitens: Sie haben falsch reagiert, wenn auch in gutem Glauben. Aber Sie hätten bemerken müssen, daß der Wolf sich nicht in Droh- oder Angriffshaltung befand und auch kein Jagdverhalten zeigte; Wölfe und Hunde unterscheiden sich da praktisch nicht. Drittens: Auf meinen Zuruf hin hätten Sie Ihre Waffen wieder einstecken müssen. Sie befinden sich hier im Foyer eines Nobelhotels und machen mit Ihrem schießwütigen Auftreten nicht gerade den besten Eindruck. Man könnte meinen, das hier sei ein bewaffneter Raubüberfall. Viertens: Wer ist Ihr Vorgesetzter? Und fünftens: Was, zum Teufel, ist hier eigentlich los?«
»Wie ich schon sagte«, erwiderte der Beamte reichlich verdrossen, »der Geschäftsführer ist von einem Raubtier angefallen und getötet worden.«
»Ein Raubtier? Im Hotel? Soso«, murmelte Zamorra.
»Ihr angeblich zahmer Wolf ist ja auch im Hotel!«
Zamorra grinste widerwillig. »Eins zu eins«, brummte er.
»Gegenfrage: Was tun Sie hier, Sir? Die Vorstellung fällt mir schwer, daß Sie mit diesem Fall zu tun haben. So schnell könnt ihr Jungs vom Secret Service und vom Ministerium doch gar nicht sein. Ich hoffe, daß Sie uns nicht in die Ermittlungen hineinpfuschen, so was liebt unser Chef nämlich gar nicht.«
»Inspector Caledfryn«, warf einer der anderen Beamten ein.
Zamorra lächelte. »Wir sind in Urlaub. Auf jeden Fall waren wir das bis jetzt. Das hängt ganz davon ab, auf welche Art und Weise der Geschäftsführer tatsächlich ums Leben kam. Aber zuerst werde ich mich mit dem Inspector besprechen, ins Handwerk pfuschen will und werde ich keinem von Ihnen. Beruhigt Sie das?«
»Mehr als der Anblick dieser Bestie. Ist der Wolf wirklich zahm? Wie haben Sie das hingekriegt? Wölfe sind doch wilde Rudeltiere.«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Er hat mich als eine Art Leitwolf akzeptiert. Ah, ich schätze, Sie bekommen zu tun.« Er wies auf die von draußen eingetretenen Gäste. Der Clerk hatte sie wohl dahingehend instruiert, daß sie derzeit den Lift nicht benutzen und eine bestimmte Etage nicht betreten dürften. Jetzt wollten sie von den Polizisten Näheres darüber erfahren.
Zamorra ließ sich die Etage nennen, in der er Caledfryn finden konnte. Der befand sich noch immer am Tatort.
Zamorra wandte sich der Treppe zu und gab Nicole ein kurzes Zeichen, die ihm mit dem Wolf diesmal unbehelligt folgte.
»Du solltest Fenrir besser
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