0552 - Gefangene der bösen Träume
nicht. Der Mörder hatte vielleicht ein Tatwerkzeug benutzt, das die gleiche Wirkung erzielte wie Zähne und Krallen, um den Fall kompliziert zu machen. Vielleicht handelte es sich um einen Wahnsinnigen. Aber den Gedanken an ein Raubtier wollte der Inspector erst dann akzeptieren, wenn entsprechende Beweise Vorlagen. Tierhaare zum Beispiel.
Er hoffte, daß sich die Jungs von der Spurensicherung beeilten, denn es war völlig unmöglich, die Sperrung der Etage lange aufrechtzuhalten. Auch der Lift wurde gebraucht. Also mußte der Tatort gereinigt werden, wodurch die Spuren natürlich auch beseitigt wurden.
Das Hotel konnte sich alles erlauben, jedoch keine Unruhe oder gar Panik unter deji Gästen. Und erst recht keinen Skandal. Caledfryn konnte das sehr gut verstehen. Aber die Polizeiarbeit mußte trotzdem ordentlich gemacht werden.
Warum hatte sich der Mörder keinen weniger brisanten Tatort ausgesucht?
Caledfryn tippte mit dem Zeigefinger gegen Murdocks Brust. »Befragen Sie doch noch mal diese… dingsda… diese Lady Harriet, oder wie sie sich schimpft.«
Murdock verzog das Gesicht. »Immer auf die Kleinen«, meuterte er. »Das sieht sehr, sehr übel aus…«
***
»Wie meinen Sie das, Sabella?« hakte Zamorra nach. »Daß er die Kontrolle verliert? Kontrolle worüber?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Vergessen Sie’s«, gab sie zurück. »Ich habe mich wohl falsch ausgedrückt.«
»Der erste Gedanke ist immer der richtige«, lächelte Zamorra. »Ich denke, Sie wissen mehr, als Sie mir sagen wollen. Was hat es mit diesem Bo auf sich? Was kontrolliert er?«
»Ich weiß es nicht.« Sabella erhob sich wieder von ihrem Hocker. »Entschuldigen Sie mich jetzt bitte, ich habe zu tun.«
»Clancey unter die kalte Dusche schleifen?« fragte Zamorra anzüglich.
Sie maß ihn von oben bis unten.
»Glauben Sie, ich hätte das nötig?« fragte sie dann und wandte sich zum Ausgang.
Und dort wäre sie um ein Haar mit Nicole Duval zusammengestoßen.
Die Französin musterte das sehr freizügige Outfit der Grünhaarigen. »Apart«, stellte sie fest. »Was sagt das prüde England dazu?«
»Es schweigt und genießt, Süße«, erwiderte Sabella. »Zumindest die männliche Hälfte. Wenn du sehen willst, wie die mit heraushängenden Zungen sabbernd und lechzend hinter dir her hecheln, mußt du dich auch ausziehen. Die Figur dafür scheinst du zu haben.« Sie warf Nicole eine Kußhand zu und entschwand.
Nicole gesellte sich zu Zamorra. »Dich kann man auch keine fünf Minuten allein lassen, wie?« schmunzelte sie und küßte ihn ausgiebig; Mac errötete dezent. »Kaum drehe ich dir den Rücken zu, schon flirtest du mit halbnackten Frauen.«
»Bleibt mir ja nichts anderes übrig«, neckte Zamorra. »Ganz nackte laufen hier bedauerlicherweise nicht herum. Du könntest diesen traurigen Zustand ändern. Darf ich dir unverzüglich aus deiner textilen Verhüllung helfen?« Er begann an Nicoles kurzem Rock zu zupfen, Mac errötete etwas stärker, und Nicole schlug Zamorra mit sanftem Nachdruck auf die vorwitzigen Finger.
»Wüstling. Sexist«, empörte sie sich grinsend, wurde dann aber schlagartig ernst. »Kannst du mir sagen, was in diesem Haus eigentlich los ist? Da stehen ein paar Leute so unauffällig herum, daß es schon auffällig ist, und als ich die Päckchen dem Pagen gab, damit er sie ins Zimmer hinaufbringt, hat er sich erst umständlich vergewissert, in welcher Etage wir logieren. Ein anderer rührt sich nicht von der Lifttür weg, und darum mußte der Boy die Päckchen über die Treppe nach oben schleppen.«
»Er ist hoffentlich nicht auf halber Höhe erschöpft zusammengebrochen«, grinste Zamorra.
»Sicher nicht, ich habe mich diesmal sehr zurückgehalten. In diesem walisischen Provinznest kannst du keine avantgardistische Mode erwarten. Ich habe ein paar eher rustikale Sachen gekauft. Waren auch gar nicht teuer.«
»Das erleichtert mich kolossal«, gestand ihr Lebensfährte. »Wir werden Château Montagne also nicht verpfänden müssen?«
»Nur den Nordflügel«, versicherte Nicole jungenhaft grinsend. Sie wurde wieder ernst. »Der Clerk sagte mir, daß ich dich zusammen mit einem schwarzbärtigen Rockmusiker hier finden würde. Der muß ja ’ne tolle Methode zur spontanen Geschlechtsumwandlung entwickelt haben.«
»Es fand so etwas wie ein fliegender Wechsel statt.«
»Immerhin, du entwickelst bei der Auswahl deiner Flirtpartnerinnen guten Geschmack. Sieht recht hübsch aus, die Kleine.«
»Und die
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