0553 - Totenlade mit dem Satan
wandernden Wald hatte keine von ihnen gehört.
»Wir müssen demnach vor dem Wald fliehen?« fragte Ann.
»So ist es.«
»Da ist noch eine Tote. Tessy, die Kellnerin. Sie hat sich nicht mehr retten können.«
»Das werde ich regeln.«
»Bitte, laßt uns gehen!« Biggy Capper drängte jetzt. »Ich möchte nicht, daß wir noch eine Minute länger hier stehenbleiben.«
»Die müssen Sie mir noch zugestehen«, bat ich. »Es geht mir um einen Vorgang, den Sie mir berichtet haben und auf den ich gern noch einmal zurückkommen möchte.«
»Auf welchen denn?«
»Ihnen erschien eine Gestalt. Ich meine nicht diesen Mandragoro, sondern das gewaltige rote Gesicht, das plötzlich an der Tür auftauchte. Sie wissen Bescheid?«
»Ja, das hatten wir Ihnen doch gesagt.«
»Was hat diese Gestalt getan?«
»Getötet!« flüsterte Ann Peters. »Sie hat Tessy vernichtet. Direkt verbrannt, aber nicht in einem heißen Feuer. Die Flammen waren nicht normal, sie strahlten keine Hitze ab.« Die Frau kam einen Schritt auf mich zu. »Haben Sie eine Erklärung dafür?«
»Die habe ich allerdings.«
»Und?«
»Wahrscheinlich hat Sie der Teufel besucht, meine Damen. Es ist fast sicher, daß er sich eingemengt hat!«
»Was?« schrie Biggy und lachte kieksend auf. »Der Teufel soll zu uns gekommen sein?«
»Natürlich.«
»Aber wieso denn? Es gibt den Teufel doch nicht. Das ist eine Erfindung, meine ich.«
»Andere denken nicht so«, erwiderte ich. »Es gibt den Satan, der zahlreiche Namen hat und ständig in anderen Verkleidungen erscheint, um die Menschen zu täuschen, die sich auch täuschen lassen. Wenn er sich zeigt, geschieht dies nie grundlos. Auch am heutigen Abend muß er ein Motiv gehabt haben.«
»Das kennen wir nicht.«
»Aber ich. Deshalb…«
Rose Parkers Schrei unterbrach mich. Er klang auf wie der schrille Ton einer Sirene. Kurz, kaum ein Echo, dann brach er ab. Rose deutete an mir vorbei.
»Was ist denn?«
»Da steht er!«
Ich wußte sofort, wen die Frau damit gemeint hatte. Auf der Stelle kreiselte ich herum – und sah ihn.
»Kann ich helfen?« fragte Asmodis mit falscher Freundlichkeit…
***
Es war so schnell gegangen, daß Jane Collins nicht dazu gekommen war, sich zu wehren.
Urplötzlich befand sie sich über dem Boden. Ihr Körper wurde von zahlreichen Händen, Saugern und Klammern umfangen. Weich wie Gummi, trotzdem unlösbar.
Etwas huschte über ihre Lippen. Breit, glitschig und naß. Es verschloß ihren Mund, nahm ihr den Atem, und Jane spürte, daß auch die Beine auseinandergerissen wurden.
Dann ließen die Arme sie los. Für einen winzigen Augenblick glaubte sie, freizukommen, doch der nächste harte Stoß in den Rücken katapultierte sie wieder nach vorn.
Sie hatte die Augen weit geöffnet, sah vor sich den Wirrwarr der Baumgeäste – und krachte hinein.
Sie rechnete damit, daß Zweige und Äste ihr Gesicht peitschen würden, wartete auf die Wunden und hatte es auch nicht geschafft, die Arme als Deckung hochzureißen.
Jane irrte sich. Eine sehr weiche Landung wurde ihr zuteil. Arme fingen sie ab wie ein großes Netz. Sie hielten die Detektivin fest und schaukelten einige Male nach.
Danach trat Ruhe ein.
Eine äußerliche, die innerliche würde Jane nicht bekommen. Sie spürte den eigenen Herzschlag, die Kehle saß zu, die Augen hielt sie weit geöffnet, zischend drang der Atem über die Lippen.
Ihr war klar, daß man sie nicht nur entführt, sondern im Anschluß daran auch gefangengenommen hatte. Erst jetzt beschäftigte sich Jane mit der näheren Umgebung.
Es war alles ruhig. Zu ruhig, so daß sie schon an eine Gefahr dachte. Sie spürte die Kälte auf ihrem Rücken, bewegte das rechte Bein und schob den Fuß in die Leere vor. Sie schreckte zusammen, rutschte ab, reagierte glücklicherweise schnell und bekam einen Ast zu fassen, der ihr den nötigen Halt gab. Sie dachte darüber nach, weshalb sie ins Leere getreten war. Demnach konnte sie sich nicht auf dem Erdboden befinden, denn an eine Fallgrube wollte sie nicht glauben.
Jane Collins suchte ihre nähere Umgebung ab. Sie erinnerte sich noch einmal an die Entführung. Wenn sie nicht alles täuschte, war sie in die Höhe gezerrt worden und auch nicht mehr nach unten gefallen.
Also hoch, in die Bäume hinein, in ein Flecht- und Astwerk, das von Mandragoro manipuliert worden war, denn die Zweige und Äste waren ihr vorgekommen wie Arme. Ein pflanzlicher Krake schien sie umklammert zu haben.
Jane schaute in die Tiefe. Sie stand
Weitere Kostenlose Bücher