0554 - Sie kam von den Sternen
wird überhaupt nichts geschehen.«
Die Stimme der wundersamen Person beruhigte den Jungen. Und so stieg er mit einem endgültig wirkenden Schritt auf das Brett, stand dicht vor ihr und traute sich nicht, in die Tiefe zu schauen, wo der kleine Garten der Longs lag.
Consuela hatte ihm noch immer die Hände entgegengestreckt. Kevin verstand die Geste und berührte sie. Kaum Kontakt, überkam ihn der Eindruck, der Junge in dem Erfolgsfilm E.T. zu sein. Es funkte zwar nicht zwischen ihren Händen, trotzdem rann es wie sanfter Strom durch seine Finger. Hier hatten sich tatsächlich unterschiedliche Welten berührt und kommunizierten miteinander.
Consuela behielt ihr Lächeln bei. »Stell dich hinter mich und halte dich an mir fest. Dann wird dir nichts geschehen.« Sie trat mit einer schwingenden Bewegung zur Seite, damit der Junge sich an ihr vorbeischieben konnte.
Wenig später hatte er den Platz eingenommen. Er schob die Hände um ihre Hüften, schaute noch einmal von außen auf das Fenster seines Kinderzimmers, als wollte er für lange Zeit Abschied nehmen.
Seine Mutter regte sich wieder. Benommen versuchte sie, sich aufzurichten. Sie schaute zwar in Richtung Fenster, nur glaubte Kevin nicht, daß sie ihn noch sehen konnte.
Da startete die Sternen-Prinzessin!
Der Junge hörte noch das Rauschen, bekam auch den plötzlichen Ruck mit, klammerte sich noch stärker fest und jagte hinaus in die Dunkelheit der Nacht, die sternengeschmückt über London lag…
***
Selbst uns verschlug der Anblick die Sprache. Und wir waren tatsächlich einiges gewohnt. Das jedoch, was man uns hier präsentierte, hatten wir noch nie zu sehen bekommen.
Weder Jane, Suko noch Lady Sarah sprachen ein Wort. Auch ich blieb stumm. Unsere Blicke konzentrierten sich einzig und allein auf den herangleitenden Gegenstand, dieses breite Messer, das an seiner Spitze einen dunklen Belag aufwies.
Jetzt mußte ich Lady Sarah einfach ernst nehmen. Sie hatte die Worte in ihrem alten Buch richtig gedeutet, auf uns glitt Consuela, die Sternen-Prinzessin zu.
Ich atmete flach und nur durch die Nase. Suko wollte sich drehen, er schaffte es ebenfalls nicht. Aber ich spürte etwas anderes. Mein Kreuz erwärmte sich immer stärker. Die Hitze empfand ich schon als störend. Sie wurde zu einem regelrechten Brennen, und ich wollte das Kreuz nicht mehr länger auf meiner Brust tragen, deshalb holte ich es hervor, behielt es zunächst jedoch in der Hand.
Ich stand nicht sehr günstig. Vor mir hatten sich noch die beiden Frauen aufgebaut. Sie schob ich vorsichtig zur Seite, denn ich glaubte fest daran, daß die Sternen-Prinzessin zu mir wollte.
»Sei vorsichtig!« hauchte Jane. »Sie ist bestimmt nicht so harmlos, wie sie sich gibt.«
»Mal sehen.«
Direkt vor dem geöffneten Dachfenster blieb ich stehen. Jetzt bewegte sich das gewaltige Messer nicht mehr. Was der dunkle Schmier auf der Spitze war, konnte ich nicht sagen. Er erinnerte mich jedoch fatal an getrocknetes Blut.
Das Messer stand über dem schrägen Dach. Die Spitze war nur eine Handbreite von den Ziegeln entfernt. Auf der Mitte des Messers hatte die Sternen-Prinzessin ihren Platz gefunden.
Wir schauten uns an. In der Tasche befand sich mein Kreuz. Es sandte intervallweise Wellen aus, ich nahm es wahr wie ein Zucken.
Von irgendwoher fiel noch das Restlicht einer Straßenbeleuchtung gegen das Dach. Sie streifte die Klinge und auch die Gestalt der Frau, die ich als ungewöhnlich einstufte.
Nicht wegen ihres schwarzen Haares, auch nicht wegen des zart und blaß wirkenden Gesichts, das ihr eine gewisse Ähnlichkeit mit Kara, der Schönen aus dem Totenreich gab, nein, es war einfach die Strahlung oder die Magie, die von ihr ausging und mich wie eine Botschaft berührte. Galt ihr Besuch vielleicht einzig und allein mir?
Mir brannten die Fragen auf der Zunge, aber sie war zuerst gekommen, also sollte sie etwas sagen und vor allen Dingen über den Grund ihrer geheimnisvollen Exkursion sprechen.
»Ich habe dich gesucht«, erklärte sie. »Ich nahm deine und eure Spuren auf. An diesem Tage gab es zwei Personen, die über mich lasen und mich kraft ihrer Gedanken besuchten. Jetzt bin ich gekommen und habe euch besucht. Ich freue mich.«
Bisher konnte ich mit dieser Erklärung nichts anfangen. Sie war mir einfach zu allgemein gehalten. »Weshalb hast du uns besucht?«
»Bist du der Sohn des Lichts?«
»Ja, so nennt man mich.«
»Dann bin ich richtig.«
Ich atmete tief durch. Die Sternen-Prinzessin war
Weitere Kostenlose Bücher