0564 - Die Gräber seiner Ahnen
Templer schon früher gehaßt. Jetzt besitzt er die große Chance, sie vernichten zu können. Was ihm als Lebender nicht gelungen ist, das soll er als Toter schaffen? Wollt ihr das? Ist es wirklich das, was ihr wollt, zum Teufel?«
»Ja, wir werden…«
»Laß mich frei!«
»Nein!«
Die scharfe Antwort verfehlte ihre Wirkung nicht, denn die auf Sukos Körper hockenden Templer drückten ihre Pflöcke noch weiter vor, so daß sie mit den Spitzen seine Kleidung eindrückten.
Diese Menschen waren seine Freunde, seine Kampf- und Weggefährten. Es hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn, an ihre Loyalität zu appellieren, sie hatten sich einmal entschlossen, den Weg zu gehen und würden nicht mehr umkehren.
Suko lag ruhig. Die Masken verschwammen aus seinem Blickfeld.
Allmählich wurde es auch dunkler, die Schatten wurden länger und huschten geisterhaft über das Gräberfeld des alten Hangfriedhofs.
In die Schatten hinein ging Abbé Bloch. Wahrscheinlich war er in diesem Augenblick der einsamste Mann der Welt, der sich zudem freiwillig auf den Weg gemacht hatte, um in den Tod zu gehen. Als Opfer für die anderen.
Sehen konnte der Abbé nichts. Er tastete, er spürte nur, denn seine anderen Sinne waren wesentlich angespannter, die hatten durch den Verlust des Augenlichts gewonnen.
Daß vor ihm das Böse lauerte, bekam er mit. Es war wie das berühmte Kribbeln auf der Haut. Kleine Stromstöße liefen an seinen Armen hinauf in Richtung Schultern.
Noch standen zwischen ihm und seinem Vater einige Grabsteine.
Der Abbé ertastete und umging sie dann.
Auf der weichen Friedhofserde sanken seine Füße besonders dort ein, wo sich die alten Grabstellen befanden. Manchmal kickte er kleine Steine weg. Er hielt den Kopf starr. Sein Gang konnte als kerzengerade bezeichnet werden.
So näherte er sich der Gestalt seines Vaters und bekam dessen Ausstrahlung noch intensiver mit. Da reagierte er wie ein Echolot, das die Schwingungen vom Ziel zurückwarf.
Der Abbé blieb plötzlich stehen. Er wußte, daß jeder weitere Schritt verloren gewesen wäre. Die Distanz war erreicht. Er würde mit Gérard sprechen können, ohne schreien zu müssen.
»Gehaßt habe ich dich!« sagte Gerard Bloch. »Ich habe dich schon als Kind gehaßt, und dieser Haß verstärkte sich, je älter du wurdest und ich mit ansehen mußte, in welche Fußstapfen du getreten bist. Du hast mich und meine Arbeit verraten, du hast…«
»Es war die der Hölle!«
»Na und? Der Teufel hat sie mir gegeben. Er wollte mich unsterblich machen und hat sein Versprechen gehalten. Ich bin zurückgekommen, um dieses Gebiet zu befreien.«
»Befreien? Von wem?«
»Von der Templer-Pest.«
»Und welche Pest wird kommen?«
»Dieses Gebiet birgt noch so viele Geheimnisse, von denen ihr nichts wißt. Hier ist Geschichte geschrieben worden. Hier trafen Orient und Oxident zusammen, Abendland und Morgenland. Magier und Heilige haben hier gekämpft. Die Spuren des Christentums sind ebenso vorhanden wie die des Islams, und vieles wartet darauf, aus den Pfründen der Finsternis geholt zu werden. Ich werde dafür sorgen und Baphomet sowie der Hölle einen neuen Platz verschaffen. Das aber kann nur geschehen, wenn ich die anderen Templer vernichte. Du bist deren Anführer, mit dir werde ich beginnen, mein Sohn.«
»Du hast den Würfel!«
»Sicher.«
»Wirst du den Nebel nehmen?«
»Ich weiß es noch nicht. Ich kann dich auch zerreißen und auf der Stelle zur Hölle fahren lassen.«
Das stimmte. Der Würfel besaß magische Kräfte, die kaum jemand voll ausgeschöpft hatte. Er konnte nicht nur Brücken zwischen den Zeiten herstellen, sondern sie auch gnadenlos zerstören. Gerade das machte ihn dermaßen gefährlich.
Der Abbé erwiderte nichts, was seinen Vater stutzig machte. »Die kalte Angst hält dich umkrallt, wie?«
»Ja, ich habe Angst. Allerdings nicht vor meinem Tod, wie du vielleicht angenommen hast. Ich habe Furcht um die Menschen, die hier wohnen, zu Besuch kommen, die sich in den magischen Höllenstricken verfangen werden. Das bereitet mir Furcht.«
»Stört mich nicht, Sohn. Ich habe es damals gewollt, aber die Umstände waren gegen mich. Heute kann ich bestimmen, und ich habe mir einen Tod für dich ausgedacht. Dieser Friedhof, ein Platz des Todes, wird zu einem Ort des Sterbens werden. Die Steine brauche ich nicht mehr, ich werde sie fortschleudern lassen. Schade, daß du dein Augenlicht verloren hast, obwohl ich dies nicht wirklich bedaure. So kannst du leider
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