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0564 - Die Gruft der schwarzen Wölfe

0564 - Die Gruft der schwarzen Wölfe

Titel: 0564 - Die Gruft der schwarzen Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Silberblitzen das Wolfsrudel in die Flucht jagte.
    Auch dieser große schwarze Mörder war geflohen. Der Impuls hatte ihn vermutlich dermaßen überrascht, daß er völlig vergessen hatte, die Kehle noch zu durchbeißen, die ihm schon sicher ausgeliefert war. Er war einfach davongerast!
    Fenrir machte den Eindruck, als sei er irgendwie geistig weggetreten. Er lag da, rührte sich nicht - und als er schließlich aufsprang und hinter dem Schwarzen hertrottete, kam es Nicole so vor, als sei er nicht er selbst. Nicole kannte ihn gut genug, um das zu merken. Sie hätte ihn selbst anhand seines Laufstils unter Dutzenden anderer Wölfe erkannt.
    Er bewegte sich anders.
    Nicole folgte ihm. Sie mußte nicht befürchten, daß er ihr außer Sichtweite geriet. Über das Amulett konnte sie immer in der Zeit hin- und hergleiten, um den richtigen Moment wieder zu erwischen, in dem sie ihn erfassen konnte. Sie konnte während ihrer Verfolgung die beobachtete Zeit schneller oder langsamer ablaufen lassen, vorwärts wie rückwärts, oder sie auch ganz zum Stillstand bringen, um eine Szene genauer zu analysieren.
    Sie tastete sich weiter voran. Sie achtete nicht auf die Zweige, die ihr ins Gesicht schlugen und sie mit Wassertropfen bespritzten, die noch vom letzten Regen zurückgeblieben waren. Sie bekam auch nicht mit, wie weit sie sich mittlerweile von der Hütte fortbewegt hatte.
    Und sie ahnte nicht, wie schlecht es um Zamorra bestellt war, daß Robin ihm in diesem Moment einen Freundschaftsdienst erwies, den Zamorra in seinem Zustand gar nicht zu würdigen vermochte.
    Sie hoffte nur, daß sie nicht überraschend in eine Falle stolperte, die die Unheimlichen für sie aufbauten. Denn das würde erstens bedeuten, daß Fenrir am Ende der Zeitspur tot war, und zweitens auch, daß niemand Nicole helfen konnte. Denn so schnell würde ihr niemand auf einen Ruf hin zu Hilfe eilen können.
    Plötzlich stoppte sie.
    Um ein Haar hätte sie Fenrir aus dem Bild verloren.
    Der Wolf war stehengeblieben.
    Nicole nahm die Szene näher in Augenschein.
    Der Wolf benahm sich, als sei er aus einem tiefen Traum erwacht. Er sah sich verwirrt um, mußte sich offenbar orientieren, und setzte seinen Weg erst nach ein paar Minuten wieder fort.
    Nicole folgte ihm weiter.
    Sie ahnte nicht, was an Fenrirs Ziel auf sie wartete…
    ***
    Sie trat dem Grauen entgegen.
    Er war schön, das Alter hatte ihn reifen lassen, und er wirkte auf eine seltsame Art anziehend auf sie. Sie wollte ihm ihre Seele schenken.
    Er sah sie aus seinen tiefgründigen dunklen Augen an, die viel gesehen haben mußten in seinem langen Leben. Mehr, als sie selbst jemals hatte sehen können, denn die längste Zeit ihres eigenen Daseins hatte sie unter dem Bann des strafenden Fluches zugebracht.
    Stückweise kamen Erinnerungen.
    Sie stupste den Grauen mit ihrer feuchten Nase an, leckte sein Fell. Er schien nachdenklich zu sein. Sicher wohnte in seinem Körper ein Geist, der dem ihren glich. Sie fragte sich, ob auch er ein Verfluchter war, von Lucifuge Rofocale auf Dauer in diesen Körper gezwungen.
    Sie drängte ihre Flanke an ihn, leckte ihm die Wunden, die bereits langsam verheilten. Die schwarzen Mörder mußten ihn so zugerichtet haben.
    Aber warum hatten sie ihn dann nicht getötet? Warum gestatteten sie, daß er ein zweites Mal zu Zia fand?
    Sie roch eine Unsicherheit. Er wollte fragen, wollte mehr über sie erfahren, und ähnlich ging es ihr mit ihm. Woher kam er? Wieso haftete ihm dieses Nichtwölfische an, diese fast schon menschliche Aura? Er war kein Werwolf! Kein Wandler!
    Aber sie war es auch nicht!
    Nicht mehr, seit Lucifuge Rofocale sie verfluchte für das, was sie getan hatte! Sie, die aus der Art geschlagen war…
    Ich bin Zia Thepin, wollte sie dem Grauen zuschreien. Ich habe einen Namen! Ich bin nicht das, was mein Körper aus mir macht!
    Hast auch du einen Namen? Eine Persönlichkeit? Bist auch du nicht der, als der du dich mir zeigst? Wer bist du, was bist du?
    Aber sie konnte ihn nicht fragen. Sie konnte nur leise winseln. In ihrer Wolfsgestalt war ihr die Fähigkeit genommen worden, sich in anderer Sprache zu artikulieren als in der der Wölfe.
    Seine Schnauze berührte ihren Nacken.
    Sie hielt still, als sie seine Zähne spürte, ganz leicht, ganz sanft.
    Keine Aggressivität, nur eine Berührung, so zart, wie es Wesen seiner Art zu tun vermochten.
    Sie erschauerte.
    Und Bilder kamen, fluteten in ihr wieder kehrendes Erinnerungspuzzle. Fragmente, die sie erst noch

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