0566 - Hexenreich
dieser Nacht ist alles möglich.«
Suko krauste die Stirn, sagte sonst nichts und ging schon vor zu der Stelle, wo er seinen BMW abgestellt hatte. Ich folgte ihm langsamer, den Blick noch immer gegen den Nachthimmel gerichtet und dachte auch an die Warnung meines Kreuzes.
Irgend etwas würde in der Nacht noch geschehen, dessen war ich mir sicher.
Suko wartete bereits. »Los, du Trödler, einsteigen!«
Ich ließ mich auf den Beifahrersitz fallen. Der Motor bekam Stoff, und Suko schoß aus der Lücke. Seit er den BMW hatte, war er wieder voll da. Selbst der alten Harley Davidson trauerte er nicht mehr nach.
Bis zum Ziel war es nicht weit. Wir mußten um einige Straßenecken kurven und hätten den Wagen auch nicht gebraucht, aber wir waren vom Büro aus direkt losgefahren.
Als wir in die Tiefgarage rollten, lächelte Suko. »Du hast dich geirrt, mein Freund. Es ist nichts geschehen.«
»Noch ist die Nacht nicht vorbei.«
»Das hört sich an, als wolltest du raus.«
»Ich gehe nur nicht ins Bett.«
»Dein Problem.« Suko gähnte, als er den Flitzer in die Parktasche rollen ließ. »Ich jedenfalls haue mich auf die Matratze, später sehen wir dann weiter.«
»Okay, gute Nacht?«
Das sagte ich ihm bereits oben vor der Tür. Unsere Apartments befanden sich nebeneinander. Als ich die Tür schließen wollte, hörte ich noch einmal Sukos Stimme. »Sollte sich dein Kreuz wieder melden, gib mir ruhig Bescheid.«
»Mach’ ich.«
Die Wohnung kam mir so kalt und leer vor. Das passierte mir immer dann, wenn ich aus einem Lokal oder von einem Ort kam, wo es mir gut gefallen hatte. Der zuletzt genossene Schnaps hatte zwar meinen Magen aufgeräumt, gleichzeitig auch einen gewissen Durst erzeugt, den ich mit einer Flache Bier löschen wollte. Ich nahm sie aus dem Kühlschrank, ging in den Wohnraum und schaltete die Flimmerkiste ein.
Den Film oder was immer die Glotze hervorbrachte, konnte ich mir nicht ansehen. Denn nach dem ersten Schluck Bier meldete sich das Telefon. Also doch, dachte ich und hob ab.
Mit jedem Anrufer hatte ich gerechnet, aber nicht mit der Person, die tatsächlich mit mir telefonierte.
»John«, hörte ich die Stimme von Sheila Conolly, »endlich – ich… ich weiß nicht mehr weiter…«
***
Diese Nacht im frühen Januar hatte es wirklich in sich. Nicht allein die Conollys waren davon betroffen worden oder der Geisterjäger John Sinclair, auch im Haus der Lady Sarah spürte jemand, daß diese Stunden nicht mit den normalen zu vergleichen waren.
Es war die ehemalige Hexe Jane Collins, die sich ihren Mantel überstreifte und der Horror-Oma, bei der sie wohnte, zunickte, als diese Jane fragend anschaute.
»Tut mir leid. Ich muß noch kurz weg.«
»Und wohin?«
»Irgendwohin, Sarah. Ich kann einfach nicht hier im Haus bleiben. Es treibt mich hinaus.«
Sarah Goldwyn schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht«, sagte sie. »Wenn du keine Verabredung hast…«
»Die habe ich.«
Die Horror-Oma lächelte. »Darf man fragen, mit wem du dich da triffst?«
»Das darfst du. Mit der Nacht, mit der Dunkelheit und dem Sternenhimmel. Mit diesen drei Partnern.«
»Jane, ich bitte dich. Jetzt drehst du aber durch. Das kann ich nicht glauben.«
»Es ist aber so.«
»Nein, bitte, ich…«
Jane legte der älteren Frau ihre Hände auf die Schultern. »Hast du denn nichts gespürt?«
Sarah schüttelte den Kopf. »Überhaupt nichts, Kind. Was sollte ich auch gespürt haben?«
»Das diese Nacht anders ist.«
»Ja, da hast du recht.« Sie nickte heftig. »Es ist viel zu warm für diese Jahreszeit.«
»Stimmt.« Jetzt lächelte Jane fast melancholisch. »Und hast du schon in den Himmel geschaut?«
»Nein.«
»Das solltest du aber.« Sie stand dicht bei der Haustür und öffnete.
»Schau in den Himmel. Sieh dir diese klare Pracht der Sterne an, dann atme tief ein. Ist das nicht anders als sonst?«
Lady Sarah ließ sich Zeit mit einer Erwiderung. Schließlich nickte sie. »Du hast recht, Jane. Das ist wirklich anders. Fast wie im Frühling. Dabei hat der Januar erst begonnen.«
»Das hat etwas zu bedeuten«, wisperte Jane.
»Ach – und was?«
»Wenn der Himmel diese Klarheit besitzt und sich praktisch öffnet, haben wir die Gewähr dafür bekommen, daß andere Mächte bereit sind, unsere Dimension zu besuchen. Besucher aus anderen Welten, Dimensionen und so…«
»Ach, das kann ich nicht glauben.«
»Doch, Sarah, glaube mir. Es ist anders geworden. Die Luft kann man atmen oder trinken. Ich
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