0566 - Hexenreich
Jane Collins!
Bill schnappte einige Male nach Luft, bevor er die Frage stellen konnte: »Du auch?«
»Ja, Bill, auch ich.«
»Das kann ich nicht begreifen, Jane!« Sie breitete hilflos die Arme aus. »Es ist mir zu hoch.«
»Mir ebenfalls, beruhige dich.«
»Bist du der Schwarzhaarigen auch auf den Leim gegangen?«
»Ja.«
»Wo war das?«
»Nicht im Haus der Lady Sarah, sondern im Freien. Es ist kaum vorstellbar, diese Margareta landete mit ihrem weißen Hirsch auf der Straße und holte mich.«
»Du hast dich nicht gewehrt?«
»Ich versuchte es, Bill.«
Der Reporter ließ seine Blicke über Janes Mantel gleiten. Sie sah in der Tat so aus, als wäre sie unterwegs, um einen kleinen Abendspaziergang zu unternehmen. Das Haar war nicht frisiert. Man konnte den Wind förmlich riechen, der ihn aufgewühlt hatte.
»Ja, ich kann mir vorstellen, daß du gegen sie nicht angekommen bist. Das habe ich auch nicht geschafft. Es ist alles so zwecklos, was mit ihr in einem unmittelbaren Zusammenhang steht. Wir müssen uns damit abfinden, daß sie uns über ist.«
»Das genau will ich nicht.«
»Es werden wohl Wunschträume bleiben, Jane. Ich frage mich nur, was diese Person mit uns vorhat!«
»Mir hat sie auch nichts gesagt.« Jane blickte sich um. »Hast du sie überhaupt schon in dieser Welt gesehen?«
»Nein.«
»Dann wird sie kommen.«
»Da ist noch etwas, Jane. Bevor ich entführt wurde, meldete sich das Zeichen auf meiner Brust.«
Jane gab sich irritiert. »Von welch einem Zeichen sprichst du?«
»Alvas Feuerkuß.«
»Ach.« Jane Collins trat einen Schritt zurück und bekam große Augen. »Ob wir da die Lösung finden?«
»Ich weiß es nicht. Es muß aber mit dem damaligen Vorgang zusammenhängen. Du standest zu der Zeit noch auf der anderen Seite und warst ebenfalls mit von der Partie. Erinnere dich.«
»Unsere Verbindung steht zwar auf wackligen Füßen, doch wir haben immerhin eine Gemeinsamkeit herausgefunden.« Sie ging auf ihn zu und faßte ihn unter. »Hier ewig herumstehen, möchte ich nicht, Bill. Wenn Margareta nicht kommt, werden wir sie eben suchen.«
Bill lachte. »Das in einem Land, das keiner kennt.«
»Es heißt Hexenland!«
»Stimmt – oder Hexenreich. Spürst du etwas davon? Ich meine, versteh mich nicht falsch, aber ein Rest steckt ja noch in dir.«
»Im Augenblick spüre ich nichts. Was aber nicht heißen soll, daß sich meine Sensoren nicht irgendwann melden.« Sie schaute dem Himmel entgegen. »Es ist so herrlich blau. Blaß und gleichzeitig farbig. Dieses ist eine Welt für sich.«
Auch Bill schaute sich um. »Weißt du, ich habe dabei schon an Aibon gedacht. Ob wir dort sind?«
»Das ist auch möglich. Die grüne Landschaft paßt dazu.« Jane deutete den Hang hinab. »Dort unten, zwischen den Bäumen schimmern dunkle Flecken. Ich nehme an, daß es sich um Hütten oder Häuser handelt. Laß uns hingehen!«
»Ja, vielleicht wartet sie auf uns.«
Viel Hoffnung besaßen beide nicht. Darüber schwiegen sie aber und suchten die günstigste Stelle, um den langen Hang überwinden zu können.
Das hohe Gras war weich und floß wie eine nie mehr aufhörende Welle mit ihnen. Was beide verwunderte, war die Tatsache, daß sie überhaupt keine Lebewesen entdeckten. Weder Menschen, Monster noch Tiere. Sie schritten durch eine Welt voller Schweigen, in der nur ihre eigenen Geräusche zu hören waren.
Jane wunderte sich. »Eine Gegend, mit der ich nicht zurechtkomme«, gab sie zu. »Ich spüre keine Gefahren, das Land ist tot.«
»Dafür muß es einen Grund geben.« Bill schaufelte einige störrische Zweige zur Seite.
»Wenn ich das wüßte. Es kann verlassen worden sein, aus welchen Gründen auch immer.«
Bill hob die Schultern. Er hatte die Führung übernommen. Ein Pferd war nicht zu sehen. Zum Glück war der Boden auch nicht von Hindernissen übersät. Völlig glatt und eben führte er in die Tiefe.
Bei dieser Temperatur hätten zahlreiche Insekten durch die Luft schwirren müssen. Auch das war nicht der Fall. Das Land beherbergte keinerlei Lebewesen.
Die Häuser – von oben hatten sie die Bauten nur mehr als Flecken gesehen – bekamen »Gesichter«. Beide erkannten, daß sie sich einem Dorf näherten.
Allerdings einem leeren Dorf, denn auch zwischen den Gebäuden bewegte sich nichts, nur das Gras im Wind.
Stumm, wuchtig und irgendwie drohend standen die granitgrauen Berge hinter dem Tal. Sie wirkten wie eine Mauer, die nichts durchlassen wollte, aber Jane konnte sich gut
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