0568 - Die Braut des Wahnsinns
für seine junge Braut, die eine Gänsehaut bekommen hatte. Er selbst hängte ein Tuch über seine Schulter und begann damit, Wendy abzutrocknen.
Seine Hände konnten nicht nur zupacken, auch streicheln. Wendy verging fast unter seinen Liebkosungen. Sie lächelte, verdrehte die Augen, flüsterte verliebte Worte und spürte abermals das Verlangen in sich hochsteigen.
Daran dachte Simon nicht. Seine Gedanken beschäftigten sich bereits mit der Zukunft. Allerdings nicht mit irgendwelchen Hochzeitsplänen, sondern mit seinen eigenen.
»Ich friere!« flüsterte das Mädchen.
»Zieh dich schnell an.«
»Das will ich nicht!« schmollte sie und streichelte über seine behaarte Brust.
Simon lachte. »Hör zu, Mädchen, wir können die Halle hier nicht ewig besetzen. Andere möchten auch trainieren, und die werden bald erscheinen. Möchtest du von denen überrascht werden?«
»Nein, nur von dir lasse ich mich überraschen. Nur von dir, mein starker Mann.«
»Das will ich auch hoffen.«
»Hast du schon Pläne?« fragte sie und zog das Badetuch enger um ihren Körper.
»Wie meinst du?«
»Für den heutigen Abend.« Wendy kam näher und strich die nassen Haare zurück. »Du mußt es ihr sagen.«
Simon lächelte knapp. »Muß ich das wirklich?«
Wendy war ein aufgewecktes Mädchen. »Ach«, sagte sie, »dann weiß Gunhilla es schon?«
»Das nehme ich doch an.«
»Und?«
»Was meinst du damit?«
Sie lief schnell auf ihn zu. »Was hat sie gesagt? Wie hat sie es aufgenommen? Du mußt es mir sagen.«
»Weshalb denn?«
»Sie ist in dich verliebt. Auch sie will dich haben, oder nicht?«
Lächelnd hielt er sie fest. »Wie kommst du denn darauf, Wendy? Das ist eine verrückte Idee.«
»Ist es nicht. Ich weiß es genau. Eine Frau wie ich, die spürt so etwas. Das sind Stiche, die meine Brust treffen. Sie… sie sind einfach da, begreifst du?«
»Ja, schon, aber das redest du dir sicherlich nur ein. Gunhilla ist nicht meine Geliebte. Ich gebe zu, daß wir zusammen geschlafen haben, doch in erster Linie sind wir Geschäftspartner, verstehst du das?«
»Ich gebe mir zumindest Mühe, es zu verstehen. Einfach ist es nicht. Gunhilla ist eine attraktive Frau. Das weiß sie auch, das weißt du ebenfalls. Du wärest anormal, würdest du bei ihr nicht schwach werden. Nur habe ich ihr etwas voraus – meine Jugend, meinen Optimismus. Das werde ich immer einsetzen.«
»Ich hindere dich nicht daran.«
»Mir soll es nicht so ergehen wie meiner Schwester Carol, die den Zug fast verpaßt hätte.«
Simon winkte ab. »Sag nicht so etwas, meine Kleine. Du müßtest Carol dankbar sein. Durch sie haben wir uns kennengelernt. Wäre sie nicht im Institut erschienen, hätten wir beide uns nie gesehen. Sie ist eine Braut gewesen, du wirst eine sein.«
Nach diesen Worten nahm das Gesicht der Wendy Wilde einen träumerischen Ausdruck an. »Ja, ich werde deine Braut sein«, murmelte sie. »Und wir werden zusammen wegfahren. Eine Woche Venedig, die Hochzeitsreise. Auch wenn sie im Winter stattfindet, für mich geht damit ein lang ersehnter Traum in Erfüllung.«
Simon Arisis dachte praktischer. »Wenn du noch lange hier herumstehst, wird der Traum sich nicht erfüllen. Dann holst du dir eine Erkältung. Zieh dir was über.«
Sie hakte sich bei ihm unter und zog ihn auf die Tür zum Umkleideraum zu.
Simon wollte sie noch daran hindern, die Tür zu öffnen, denn er hatte Geräusche gehört, die ihm nicht paßten. Eine Warnung konnte er nicht mehr aussprechen und Wendy auch nicht zurückhalten, denn sie hatte die Tür bereits geöffnet.
Darauf warteten die Ratten.
Es ging alles blitzschnell. Wendy sah sie nicht sofort, weil sie zu sehr mit den eigenen Gedanken beschäftigt war. Erst als die Schatten auf sie zuhuschten, wurde sie aufmerksam.
Die ersten beiden Ratten sprangen sie an.
Wendy glaubte, wahnsinnig zu werden. Sie brüllte auf, als sie den Druck der Körper spürte, der nicht weichen wollte, denn die Zähne der Ratten hatten sich im Stoff des Badetuchs verbissen, ließen nicht los und hingen daran fest.
Ihre Stimme glich dem Klang einer Sirene. Sie brüllte und schrie wie am Spieß. Die Echos brachen sich an den kahlen Wänden, und selbst Simon war überrascht worden. Er konnte erst eingreifen, als das Mädchen das Badetuch fortschleuderte und damit auch die daran hängenden Ratten. Wendy taumelte quer durch den Raum. Sie hatte nichts mehr an. Wenn die Ratten sie ansprangen und ihre Zähne in die ungeschützte Haut schlugen, sah
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