0568 - Drachen-Rache
mußte sich schon anstrengen, um aus dem leisen Knistern der Zweige heraushören zu können, was der Baum ihm mitzuteilen hatte.
Im ersten Moment war er regelrecht empört, weil der Baum ihm scheinbar gar nicht richtig zugehört hatte und von etwas ganz anderem sprach, das mit Foolys derzeitigem Kummer nicht das geringste zu tun hatte.
Aber dann…
»Warte bitte«, unterbrach er den Baum hastig. »Was sagst du da, weiser Freund? Habe ich das richtig verstanden?«
Der Baum bestätigte. Er wiederholte geduldig, was er Fooly zugeraunt hatte.
Fooly konnte hinterher nicht sagen, wie lange er nur einfach starr dagestanden hatte. Wann endlich sein Denken wieder einsetzte, sein Begreifen.
Der Feind war nahe!
Sein Feind…!
Sein Todfeind !
***
»Herumspukt?« wiederholte Zamorra. Er konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. »Das kann nur Fooly sein. Vielleicht heckt er wieder etwas aus.«
»Es ist nicht Fooly«, widersprach William. »Sicher nicht. Er würde sich doch ziemlich lautstark bemerkbar machen und nicht heimlich schleichen.«
»Was meinen Sie damit?« hakte Zamorra stirnrunzelnd nach.
»Ich war vorhin unten, um etwas zu holen, und dabei hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich habe nachgeschaut, aber da war niemand. Zumindest konnte ich niemanden entdecken. Aber ich habe Schritte gehört, Monsieur. Dort unten ist jemand, ich weiß es.«
»Vielleicht ein Echo Ihrer eigenen Schritte«, überlegte Zamorra, aber er spürte leichtes Unbehagen. »Sie wissen doch, wie es in den Gewölben hallt.«
Sie führten tief in den Berg hinein. Vor fast tausend Jahren hatte Zamorras unseliger Vorfahre Leonardo deMontagne das Château erbauen lassen, seinerzeit noch als mächtige Trutzburg und nur deshalb nicht unten an der Loire, sondern strategisch wesentlich günstiger an dem Berghang gelehnt. Damals mußten auch die Kellerräume aus dem gewachsenen Fels geschlagen worden sein. Ob dabei Magie im Spiel gewesen war oder ob Leonardo zahllose Arbeitssklaven dafür verbraucht hatte, konnte heute niemand mehr sagen.
Obwohl Zamorra das Château schon seit einer kleinen Ewigkeit sein eigen nannte, kannte er bis heute nur einen Bruchteil der unterirdischen Räume. Selbst die Entdeckung der Kaverne mit den Regenbogenblumen war eher zufällig erfolgt - weil es damals einen Fremden ins Château verschlagen hatte, der, ohne es zu wollen, diese Blumen benutzt hatte.
Zamorra konnte natürlich auch nur einen geringen Teil der Räume wirklich nutzen, von denen aus hier und da Luftschächte bis zur Oberfläche reichten und dafür sorgten, daß man auch in den entlegensten Winkeln noch einigermaßen atmen konnte.
Erstaunlicherweise waren die Kavernen und Gänge staubtrocken. Natürliche Feuchtigkeit, die aus dem Berg drang, schien es einfach nicht zu geben. Dafür aber jede Menge Staub und Spinnweben.
Wovon die lieben Tierchen lebten, die diese gewaltigen Netze gewoben hatten, blieb Zamorra ein ewiges Rätsel.
»Es war nicht mein Echo«, beharrte William derweil. »Es waren die Schritte eines Fremden. Schleichende Schritte. Monsieur, dort unten ist jemand, der nicht dorthin gehört.«
»Wie sollte er hineingekommen sein?« Zamorra schüttelte den Kopf. »Die Regenbogenblumen sind abgesichert, Niemand, der Schwarzes Blut in den Adern hat oder auch nur unter dämonischem Einfluß steht, kann die Sperre durchdringen. Und auch die Unsichtbaren kommen nicht mehr durch.«
»Was, wenn sie eine neue Möglichkeit entdeckt haben? Sie, Monsieur, haben ja auch eine Weile gebraucht, um die Blumen gegen die Unsichtbaren dicht zu machen. Könnte es nicht sein, daß diese Wesen inzwischen einen Weg gefunden haben, die Sperre zu knacken? Sie wissen doch, Monsieur - gegen jede Waffe kann eine Abwehr entwickelt werden, und gegen die wieder eine stärkere Waffe, und so weiter.«
Wie war das noch mit der Ruhe , mit dem Entspannen, an keine Gefahr denken zu müssen?
»Jagen Sie mir keinen Schreck ein, William! Ich will doch nicht hoffen, daß sie so schnell sind!«
»Was werden wir tun. Monsieur?«
Zamorra sah ihn nachdenklich an.
Er meint es ernst. Er hat dort unten wirklich etwas bemerkt. Zumindest ist er absolut fest davon überzeugt.
»Ich werde mich bewaffnen und mir den Eindringling ansehen«, entschied er.
***
Khoyürr sah die anderen an. »Zamorra«, bestätigte er. »Ich habe es überprüft. Die Regenbogenblumen haben ihn in Zamorras Festung gebracht.«
»Die Sperre, die uns den Zugang verwehrt, ist unverändert stark
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