0570 - Vampirpest
sehr intensiv.« Suko ging langsam vor. »Wenn ich mir die Menge der Bilder anschaue.«
»Und die Kerzenständer.«
Er nickte. »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Wer stellt so viele Ständer auf? Ich wüßte keinen. Allerdings wird diese Person dafür einen Grund gehabt haben. Probier mal das Licht.«
Der dunkle Schalter befand sich in meiner Nähe und an der Wand.
Ich drehte ihn herum, doch unter der Decke, wo der Lüster mit seinen breiten Armen hing, tat sich nichts, obwohl er mit Glühbirnen bestückt war.
»Alles Makulatur!«
Suko drehte sich um. »Vielleicht arbeitet sie gern bei Kerzenlicht.«
Er war neben einer Staffelei stehengeblieben, die am Boden lag. Jemand hatte sie umgeworfen. Mit der Beretta-Mündung deutete Suko auf das Holz. »Weshalb liegt sie auf dem Boden?«
»Keine Ahnung.«
»Mir sieht es nach einer hastigen Flucht aus, John. Ich vermute, daß unsere Ankunft beobachtet wurde.«
»Richtig. Paß auf, wir schauen uns das Schloß an. Bleib du zunächst hier. Ich gehe mal in die oberen Etagen.«
»Okay, denk an die Vampire.«
»Klar. Ich bestelle ihnen Grüße von dir, wenn ich sie sehe.«
»Aber mit einer Silberkugel.«
»Auch das.«
Auf den Treppenstufen sah ich die Abdrücke von Schuhsohlen.
Ich bückte mich und untersuchte sie genauer. Wenn mich nicht alles täuschte, mußte diese Treppe oft von einer Frau benutzt worden sein, wenigstens was die Größe der Abdrücke anbetraf. Da dieses Schloß von einer Malerin bewohnt wurde, war es logisch.
Suko und die Halle entschwanden meinen Blicken. Vor mir lag schließlich ein breiter Gang, der rechts und links zahlreiche Türen aufwies. Zwischen den Zugängen zu den einzelnen Zimmern hingen Bilder an den Wänden oder standen verschiedene Rüstungen.
Bilder und Rüstungen wirkten alt. Sie waren vom Zahn der Zeit an einigen Stellen angenagt worden.
Ich öffnete einige Türen.
Meine Blicke streiften durch fast leere Räume. Spinnweben an den Decken, Staub auf dem Parkett, feuchte, verschimmelte Tapeten, oft mit einem Muster nasser Flecken verziert.
Dieses Schloß mußte unbedingt renoviert werden, wollte man hier seinen Wohnsitz einrichten.
Daran schien die Malerin kein Interesse zu haben. Vielleicht hatte sie auch kein Geld. Künstler gehörten in der Regel nicht zu den reichen Menschen, wenn man nicht gerade Picasso oder Dali hieß.
»John!«
Sukos Stimme erreichte mich, als ich den dritten, ebenfalls leeren Raum verließ. Sie hallte mir über die Treppe hinweg entgegen, und sie besaß einen Klang, der mich aufschreckte.
»Was ist denn?«
»Komm so schnell wie möglich runter!«
Er brauchte nicht mehr zu sagen. Ich eilte die Treppe hinab und sah ihn vor einer Staffelei stehen. Nicht die, die auf dem Boden lag, sondern eine andere, die ich bisher nur von der Rückseite her gesehen hatte. Er aber stand davor und nickte einige Male, wobei sein Gesicht einen sehr ernsten Ausdruck zeigte.
Damit ich besser sehen konnte, trat er zur Seite und fragte dabei mit leiser und kratziger Stimme: »Erkennst du ihn, John?«
Ich gab keine Antwort, ging näher an das aufgestellte Bild heran und spürte plötzlich, wie mein Rücken allmählich einfror.
Die Gänsehaut überspannte sehr bald meinen gesamten Körper.
An den Hacken spürte ich sie ebenso wie auf der Stirn und im Nacken. Mein Blick veränderte sich. Auch das Blut verließ mein Gesicht. Ich wurde blaß wie eine Leiche.
»Nun?«
Ich gab keine Antwort, sondern starrte auf das Bild, das einen Vampirkopf mit offenem Mund zeigte, vorgestreckten, gekrümmten Händen, wo Fingernägel schwarz schimmerten wie gefährliche Dolche.
Ich sah nur das Gesicht.
Es kam mir bekannt vor, obwohl es ein wenig verfremdet gezeichnet worden war. Trotzdem mußte er das sein. Die leicht gekrümmte Römernase, das etwas lichte Haar, die hohe Stirn, es paßte alles zusammen, auch wenn die Augen in einer rötlichen Farbe leuchteten.
»Will…!« hauchte ich. »Verdammt noch mal, daß muß einfach Will Mallmann sein.« Ich erkannte meine eigene Stimme kaum wieder, so fremd kam sie mir vor.
»Richtig, John!« Suko ächzte die Antwort. Er hatte ebenfalls schwer daran zu knacken. »Das ist Will Mallmann.«
»Als Vampir.«
»Zumindest auf dem Bild.«
Die Angst wollte nicht weichen. Sie breitete sich sogar noch aus und erfaßte auch meinen Magen, wo sie von allen Seiten gegendrückte.
Suko ließ mich in Ruhe, als ich zitternd meine Hand ausstreckte und die Finger nach dem Bild ausstreckte. Zart
Weitere Kostenlose Bücher