0570 - Vampirpest
Mit einem heftigen Rucke zog er den Mantel zur Seite und hatte freie Bahn.
Beate schrie gellend.
Die Hand des Blutsaugers schoß auf sie zu!
***
Den Schrei hörten auch wir.
Ich hatte bereits die Tür des Hauses erreicht. Suko befand sich dicht hinter mir.
Erst großartig zu klingeln, hatte keinen Sinn. Wenn wir etwas retten wollten, dann auf einem anderen Weg.
Suko und ich traten zurück, nahmen einen gemeinsamen Anlauf und wuchteten uns gleichzeitig gegen die Haustür.
Sie brach.
Wir hörten das Knacken in Höhe der Angeln. Holz splitterte. Die Tür fiel nach innen wie ein Vorhang, den jemand einfach weggerissen hatte, um einen schnellen Blick auf die Bühne freizugeben.
Und wie eine Bühne kam uns der Flur auch vor, in dem sich ein großes Drama abspielte.
Etwas flatterte auf uns zu. Erst als wir uns wegduckten, erkannten wir, daß es ein Mantel war, den jemand weggeschleudert hatte, um freie Bahn zu haben.
Wir sahen nur den Rücken, hatten diesen Holger nie zuvor gesehen, wußten aber Bescheid. Dennoch wollten wir auf Nummer Sicher gehen, deshalb schoß auch keiner von uns.
Suko flog förmlich auf ihn zu. Der Schlag, zu dem er ausholte, hätte auch einen Stier gefällt. So erwischte er den Rücken der Gestalt und schleuderte diese nach links.
Sie taumelte durch den Flur, krachte gegen die Wand und brach dort zusammen.
Unser Blick fiel auf das Mädchen!
Suko kümmerte sich um die Kleine. Sie lag unter der Garderobe zitternd vor Angst, den Vampir aber überließ er mir.
Der hatte sich wieder erholt. Geduckt wie einst der Glöckner von Notre Dame stand er da, glotzte mich an, hatte die Lippen zurückgezogen und war irritiert.
Seine beiden Vampirhauer blinkten mir wie kleine Signale entgegen. Hinter mir hörte ich das Mädchen weinen und Suko beruhigend auf die Kleine einsprechen.
Daß es sich bei dem Blutsauger um ihren Bruder handelte, war mir klar. Sie sollte jedenfalls nicht sehen, wenn er von einer Kugel getroffen wurde.
Ich griff deshalb zu einer anderen Waffe! Gegen den Vampir half mein Kreuz. Es war geweiht, die Kräfte des Lichts steckten in ihm.
Und das Kreuz fürchtete ein Vampir ebenso, wie der Teufel das Weihwasser.
Bevor ich die Kette ganz über den Kopf hatte streifen können, huschte er zur Seite. Türen standen ihm zur Verfügung. Ich ließ ihn auch laufen. Als er über die Schwelle sprang, hatte ich meinen Talisman endlich frei.
Der Vampir stürmte durch ein Wohnzimmer. Er sprang über einen Sessel hinweg und wollte zum Fenster.
Ich war ihm als Opfer plötzlich gleichgültig geworden, wahrscheinlich wußte er genau, daß von mir etwas ausging, das tödlich für ihn werden konnte.
Entwischen konnte der Wiedergänger nicht mehr. Als er den Riegel nach unten drücken wollte, war ich bei ihm. Bevor ich ihn packen konnte, drehte er sich und streckte mir seine gespreizte Hand entgegen.
Es war sein Pech, daß er genau auf das Kreuz faßte!
Für die Dauer einer Sekunde höchstens stand er starr. Dann durchzuckte es seinen Körper, als hätte er einen elektrischen Stromstoß bekommen. Er begann zu schreien, zog den Arm zurück und drehte die Handfläche so, daß er gegen sie schauen konnte.
Ich sah nur die Rückseite, auch dort tat sich etwas. Die Haut zog sich zusammen, als würde sie aus zahlreichen winzigen Würmern bestehen, die nun anfingen zu krabbeln.
Ein schlimmes, ein furchtbares Bild, das mir durch und durch ging. Er bewegte die Finger zur Fläche hin, dann drang noch einmal ein wilder Schrei aus seinem Mund, bevor er vor dem Fenster zusammenbrach, als hätte ihm jemand die Beine weggetreten.
Endgültig tot blieb er liegen.
Ich beugte mich über ihn und konnte auch einen Blick auf seine Hand werfen.
Von der Fläche war nicht mehr viel zu sehen. Sie wirkte völlig verbrannt, als hätte sie jemand mit schwarzer Kohle eingerieben. Im krassen Gegensatz dazu stand das Gesicht. Bleich, eingefallen, mit einer dünnen Haut, die sich über seine Knochen spannte.
Jemand drückte die Wohnzimmertür noch weiter auf. Ein kühler Luftzug strich über meinen Nacken.
Suko stand im Raum, schaute mich an, danach den noch jungen Vampir und fragte leise: »Du hast es geschafft?«
»Ja.«
»Gut.«
»Was ist mit dem Mädchen?«
»Ich habe Beate in ihr Zimmer gebracht und sie gebeten, es nicht zu verlassen.«
»Weißt du, wann ihre Eltern zurückkehren?«
Suko hob die Schultern. »Wie ich aus Beates Worten herausgehört habe, halten sie sich in Aschaffenburg auf.«
»Das ist nicht
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