0571 - Der Gnom mit den zwei Köpfen
hier. Trotzdem geschieht das, was ihr am Ziel bewirkt, tatsächlich - wenn ich euch zu Eysenbeiß träume und ihr ihn tötet, wird er wirklich tot sein, auch wenn ihr selbst das Château Montagne im entsprechenden Zeitraum niemals verlassen habt.«
»Ja«, sagte Zamorra, denn er erinnerte sich an die früheren Aktionen mit Shado. Als Shado ihn ans Ziel geträumt hatte, war es für Zamorra selbst wie ein Traum gewesen, obgleich alles real gewesen war…
Es war etwas, an das er sich erst gewöhnen mußte, weil es für ihn anormal war, fremd, ungewohnt und ungewöhnlich. Und nicht einmal vergleichbar mit den Träumen des Julian Peters, den er länger kannte als Shado. Julian Peters, der mit seinen Träumen reale und realistische Welten erschaffen konnte…
Bedächtig nickte der Dämonenjäger.
»Bring mich zu Eysenbeiß«, bat er. »Träume mich zu ihm!«
Nicole schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nicht dich, Chef«, sagte sie. »Shado wird nicht dich zu Eysenbeiß bringen.«
»Und weshalb nicht?« fragte Zamorra erstaunt.
»Überleg mal. Eysenbeiß kann sich an dich nicht mehr erinnern, wenn es stimmt, was Taran sagte. Das ist für dich ein erheblicher Vorteil. Solange er nichts von dir weiß, kann er auch nichts gegen dich unternehmen. Willst du das unbedingt ändern, indem du dich ihm jetzt schon wieder zeigst? Natürlich wird es nicht ausbleiben, daß er dich sieht, und damit bist du in seinem Weltbild wieder vorhanden. Ich an deiner Stelle würde damit noch warten.«
»Wozu? Ich habe jetzt endlich die Chance, ihn mir zu greifen und unschädlich zu machen…«
»Und wenn es fehlschlägt? Der Bursche ist uns schon so oft immer wieder im allerletzten Moment durch die Lappen gegangen. Wir müssen damit rechnen, daß er es auch diesmal wieder schafft. Genauso, wie die Dämonen immer wieder damit rechnen müssen, daß wir ihnen entwischen.«
»Was hoffentlich auch in Zukunft so bleibt.«
»Und genau das erhofft sich auch Eysenbeiß. Er wird immer dafür sorgen, daß für ihn ein Hintertürchen offensteht. Willst du plötzlich weniger schlau handeln als unsere Gegner?«
»Was schlägst du statt dessen vor?«
»Daß Shado nur mich zu ihm bringt. Oder vielleicht noch Ted Ewigk.«
»Warum ausgerechnet ihn?«
»Ted war einmal selbst der ERHABENE, und er besitzt immer noch seinen Machtkristall. Damit kann er sich schützen. Außerdem wäre es ein Test, um herauszufinden, ob sich Eysenbeiß'… Erinnerungsverlust auch auf ihn und andere unserer Freunde erstreckt. Was meinst du, Shado?«
Der Aborigine zeigte ihr die offenen Handflächen.
»Es ist nicht meine Entscheidung«, sagte er.
»Probieren wir’s aus«, sagte Zamorra. »Ich rufe Ted an. Hoffentlich ist er zu Hause, und hoffentlich ist er dann überhaupt noch wach.« Er warf einen Blick auf die Uhr. Es ging auf Mitternacht zu.
»Und hoffentlich hat er nicht etwas anderes, ebenso wichtiges vor«, ergänzte Nicole. »Wenn er nicht kommen kann, werde ich es eben im Alleingang versuchen. Während du ihn anrufst, mache ich mich schon mal…landfein…«
Sie erhob sich aus dem Sessel und ging zur Tür.
Zamorra war das alles gar nicht recht. Gut, Nicole drohte in der Traumwelt keine Gefahr, aber er wäre zu gern dabei, wenn sie Eysenbeiß gegenübertrat…
***
Davy sah, wie sich die Wand vor ihm veränderte. Für wenige Augenblicke schien sie ihre Festigkeit zu verlieren, und eine Gestalt trat daraus hervor.
Sie trug einen locker fallenden Overall in Silber, der von einem breiten Gürtel gerafft wurde. In der Gürtelschließe funkelte ein blauer Kristall, und an einer metallischen Platte hing eine seltsam aussehende Waffe. Handschuhe und ein Helm, der den ganzen Kopf umschloß und in Augenhöhe ein Facettenband wie eine futuristisch gestylte Sonnenbrille besaß, verbargen das Wesen vollständig vor Davys Blick.
Auf der Stirnplatte des Helmes und an den Spangen, die den Schultermantel hielten, glänzte ein Symbol - auf dunklem Hintergrund eine Galaxis-Spirale und davor das Zeichen der liegenden Acht, das Zeichen für »Unendlichkeit«.
Das Wesen warf ebensowenig einen Schatten in diesem Raum wie Davy, und durch das Fehlen des Schattens wirkte es seltsam flächig, wie auf einem schlecht kopierten Videobild.
Davy fragte sich, ob er selbst ebenso aussah, und ob das alles um ihn herum wirklich echt war. Erstmals kam ihm der Gedanke, vielleicht unter Hypnose zu stehen. Aber wäre er dann überhaupt in der Lage, seinen Zustand zu analysieren? Er wußte es
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