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0573 - Der uralte Henker

0573 - Der uralte Henker

Titel: 0573 - Der uralte Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zog die Kette höher, an der mein geweihtes Kreuz hing.
    Als es seinen Platz vor der Brust gefunden hatte, bekam Bernardo große Augen. Nicht zum erstenmal erlebte ich dieses Staunen bei einem Menschen, wenn er das Kreuz sah. »Welch ein Wunder!« flüsterte er. »Meine Güte, welch ein Wunder…«
    »Das Kreuz?«
    »Ja. Ich… ich habe so etwas noch nie gesehen.« Seine Augen bekamen einen schon andächtigen Glanz. »Darf ich es anfassen?«
    »Gern, du bist ja kein Dämon.«
    »Soll das heißen, daß dieses Kreuz Dämonen vernichten kann?«
    »Ja.«
    »Ich habe es mir gedacht. Es wird auch dem Teufel widerstehen, daran glaube ich sicher.«
    »Das will ich auch hoffen.«
    »Und Lorenzo?«
    »Ist er stärker als der Teufel?« fragte ich zurück.
    »Nein, das glaube ich nicht.« Bernardo hob das Kreuz etwas an, um es auf seiner Handfläche zu präsentieren. Ich beobachtete sein Gesicht, in dem sich die Gefühle widerspiegelten. Er lächelte und staunte gleichzeitig. Er nickte, wollte etwas sagen und streichelte das Kreuz wie einen wertvollen Gegenstand der persönlichen Erinnerung.
    »Nun, was sagst du?«
    Bernardo trat zurück. Er schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht in Worte fassen, aber ich bin einfach überwältigt. Noch nie zuvor habe ich so etwas gesehen. Als ich es anfaßte, da spürte ich, daß sich etwas darin befinden mußte, das man nicht erklären kann. Eine geheimnisvolle Kraft, die einem Menschen Unterstützung gibt, glaube ich.«
    »Das ist so.«
    »Die Waffe gegen das Böse.« Bernardo atmete tief ein. »Ja, es ist eine Waffe gegen den Erzfeind der Menschen, den Teufel. Er wird, er muß es einfach hassen.«
    »Stimmt. Ich habe noch eine Frage, Bernardo. Weiß dieser Henker eigentlich, daß ihr von mir Besuch bekommt?«
    »Ich habe keine Ahnung und weiß auch nicht, ob meine Brüder mit ihm darüber gesprochen haben.«
    »Gut, wo finde ich ihn?«
    »Komm mit! Wir gehen in den Speisesaal. Er ist ganz in der Nähe, nur wenige Schritte entfernt.«
    Gesehen hatte ich ihn bisher nicht. Bernardo kannte sich aus, ich vertraute mich seiner Führung an. Er ging den Weg einfach weiter.
    Es sah so aus, als wollte er gegen eine Mauer laufen, doch er öffnete eine Tür, die sich vom Mauerwerk kaum abhob, weil dieser kleine Flur doch ziemlich dunkel war.
    Bevor er die Klinke nach unten drückte, legte er noch einmal den Finger auf die Lippen. Ich nickte zum Zeichen, daß ich ihn genau verstanden hatte.
    Sehr vorsichtig schob er sich als erster durch den Spalt. Er hielt den Kopf geduckt und leicht vorgestreckt, winkte mir mit der linken Hand, und ich folgte ihm.
    Auf Zehenspitzen ging ich durch den Türspalt und erreichte, was mich sehr wunderte, eine Galerie, die an einer Seite über dem großen Raum schwebte, den sich die Mönche als Speisezimmer ausgesucht hatten. Der Blick in die Tiefe war hervorragend.
    Um mir eine noch bessere Sicht zu ermöglichen, ließ mich der Mönch passieren.
    Am Ende der Galerie führte eine Steintreppe in den Saal hinein. So weit ging ich nicht, auch nicht vor bis zum Geländer. Ich blieb an der Wand stehen und konnte über die Balustrade schräg hinweg in die Tiefe schauen.
    Dort saßen die Mönche!
    Sie hockten zusammen an einem sehr langen Tisch und saßen sich da gegenüber. Sie sprachen nicht, sie bewegten sich nicht, sie sahen aus, als wären sie Geiseln in der Hand des Henkers Lorenzo.
    Er hatte sich den besten Platz ausgesucht. Wahrscheinlich war es der des von ihm getöteten Abtes am Kopfende des langen Tisches.
    Dort thronte er wie ein König, die mächtige Waffe auf den Tisch.
    Mit der rechten Hand umklammerte er den Griff. Ich war mir nicht sicher, doch es konnte sein, daß es sich dabei um eine Knochenklaue handelte.
    »Nun?« hauchte Bernardo.
    Ich mußte schlucken und gab keine Antwort. Statt dessen schob ich mich vor bis an die Balustrade, während der Mönch glücklicherweise zurückblieb.
    Durch die Gestalt des Henkers Lorenzo lief ein Zittern. Es sah so aus, als wäre er aus einem tiefen Schlaf erwacht. Er hob den Kopf an und schaute zu mir hoch.
    Ich wich dem Blick nicht aus. Eisgraues Haar lag auf seinem Kopf wie dichtes Netzwerk. Die Gesichtshaut hatte einen bräunlichen Schimmer bekommen, deshalb trat die fahle Farbe des Haars noch stärker hervor. Irgendwo unter dem Kinn trafen die Haare des Kopfes mit dem des Bartes zusammen.
    War er tatsächlich so gefährlich?
    Ich hatte eigentlich eine jüngere Gestalt erwartet, aber unter mir hockte ein uralter

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