0574 - Der chinesische Tod
keinen Hinweis?«
»Doch, auf ein Restaurant mit dem Namen Peking. Bist du dar über informiert?«
»Nein, das kenne ich nicht.«
»Habe ich mir fast gedacht.«
»Willst du sofort hin?«
»Ja, auch wenn der Laden noch dicht ist. Die werden sicherlich einen Geschäftsführer oder einen Besitzer haben.«
»Aus dem bekommst du doch nichts raus.«
»Ich kann es zumindest versuchen.«
»Dann viel Glück.«
»Danke.«
Mit etwas müde wirkenden Schritten ging ich zur Tür. Der Kloß saß zwischen Hals und Magen fest, er störte mich sogar beim Luftholen. Verdammt noch mal, was machte Suko wieder für Sachen!
Der Rover stand auf dem schmalen Parkplatz. Als ich einstieg, lugte die Sonne durch ein Wolkenloch und ließ den tristen Innenhof fast schön aussehen.
Sonne über London. Allerdings nicht in meinem Herzen. Da sah es ziemlich trüb aus…
***
Der Knabe, der den Betrieb normalerweise leitete und die große Schau abziehen konnte, verspürte in den letzten Minuten ein Gefühl, das er sonst vergessen hatte.
Angst!
Furcht vor der Person, die vor ihm hockte und ihn aus kalten Augen anschaute.
Zudem war es eine Frau, sehr jung, die Zwanzig knapp überschritten, doch, sie machte den Eindruck einer Person, die sich durch nichts von ihrem Ziel abbringen ließ.
»Wo ist sie?« fragte sie. »Wo ist meine Mutter, du Schwein?«
»Ich weiß es nicht!« Der Geschäftsführer war gefesselt. Die Stricke umspannten seinen Körper und drückten ihn zusammen wie eine Wurst.
Osa nickte. Aus der Innentasche ihrer halblangen Jacke holte sie eine schmale Schachtel hervor! Die sah aus wie ein Etui für Zigaretten, sogar um eine Idee flacher. Osa klappte das Etui auf und hielt es so, daß der Mann auf den Inhalt schauen konnte.
»Kennst du das, Sin Ho?«
Der Mann war auf dem Stuhl festgebunden worden. Dabei lagen die Hände flach auf den Oberschenkeln, und das hatte seinen Grund.
»Kennst du es?« wiederholte Osa. Sie hielt ihm das geöffnete Etui vor die Augen.
Sin Ho konnte kaum sprechen. Seine Stimme klang, als würde sie aus einem verkratzten Lautsprecher dringen. »Es sind Hölzer…«
Osa nickte. »Exakt, mein Lieber, es sind Hölzer.« Sie lächelte grausam. »Vorn zugespitzt, genau passend für deine verdammten Finger, Sin Ho.«
Der Mann wurde noch blasser. Am Abend war er derjenige, der durch seine Eleganz auffiel. Davon war nichts mehr zu spüren. Ihn beherrschte nur mehr die Angst. Seine Schweißausbrüche verdoppelten sich. Er kannte die Folter. Sie gehörte ebenfalls zu den Traditionen des Reiches der Mitte.
Daß sie allerdings von Frauen angewendet wurde, war ihm neu.
Davon hatte er noch nie gehört.
Osa war keine reinrassige Chinesin. Sie hatte zwar Mongolenfalten, doch Chinesinnen sahen anders aus, zierlicher. Osa trug eine lässige Hose aus schwarzem Stoff, sehr modern. Der Pullover zeigte als Motiv einen Drachen. Rot auf schwarzem Untergrund. Der Blazer saß gut geschnitten und unterstrich die Form der Taille.
Das Haar hatte sie hochgesteckt. Silbrig schimmernde Kämme hielten die schwarze Pracht in Form. Es war leicht vorstellbar, wie weich der schön geschwungene Mund lächeln konnte. In diesem Fall tat er das nicht. Da war er grausam verzogen und besaß den gleichen Ausdruck wie die Augen der jungen Frau.
Sin Ho war mit Hemd und Hose bekleidet. Er wohnte über dem Restaurant. Osa aber hatte ihn in den hinteren, den Küchenräumen bei einem Inspektionsgang erwischt, ihn niedergeschlagen und in eine Abstellkammer gezerrt, wo er nun gefesselt auf dem Stuhl saß.
Die Kammer war ziemlich geräumig. Licht war ebenso vorhanden wie ein Luftschacht. Doch Fenster gab es nicht.
»Hier hört dich niemand!« sagte sie.
Der Mann versuchte, die Schultern zu heben, was ihm wegen der Stricke nicht gelang. Er schaute an Osa vorbei auf die Kartons mit chinesischem Dosengemüse. »Was habe ich dir denn getan? Ich bin mir keiner Schuld bewußt.«
»Du vielleicht nicht. Ich will nur wissen, was mit meiner Mutter geschehen ist?«
»Das kann ich dir nicht sagen!«
»Du willst es nicht!«
»Ich kann nicht!«
Osa ging noch einen Schritt auf ihn zu. Der Mann erbebte. Er sah, wie sie sich bückte und den Kopf so drehte, daß er ihren Hals sehen konnte. »Schau genau hin, Sin Ho, schau nur genau hin und sag mir, was du siehst!«
»Nichts – ich…«
»Schau hin, verdammt!«
Er mußte es tun. Nur durch Kooperation konnte er dem Schlimmsten entwischen. »Es ist so komisch. Rot und aufgerissen. Ein
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