0575 - Sara Moons Rückkehr
Amos fürchtete er weniger, denn der wußte sich selbst zu helfen.
Merlin bedauerte nur, daß er Amos nicht in den Zeitreise-Vorgang hatte einweihen können, aber es war zu riskant und sicher nicht gut, wenn Amos diese Methode begriff. Zeitreisen waren eine gefährliche Angelegenheit, zu leicht konnte damit größtes Unheil angerichtet werden, selbst wenn niemand es wollte.
Merlin selbst betrachtete Zeitreisen generell - und diese spezielle Methode ganz besonders - ohnehin nur als letztes Mittel, um korrigierend einzugreifen. Jetzt gab es für ihn keinen anderen Weg mehr, aber er mußte die Option ja nicht jedem zeigen.
Vielleicht war es ja deswegen auch ganz gut, daß sie vorübergehend getrennt worden waren. Der Ex-Teufel hatte vom Übergang in die Vergangenheit selbst nichts mitbekommen, und Merlin mußte sich nun nicht gleich den Fragen seines dunklen Bruders aussetzen. Später, wenn sie wieder aufeinander trafen, war dafür die Gelegenheit günstiger, und bis dahin konnte sieh Merlin ja ein paar Antworten zurechtlegen, die nicht die ganze Wahrheit umfaßten, ohne daß er dabei wirklich lügen mußte.
Zunächst aber gab es Wichtigeres zu tun. Merlin mußte herausfinden, wo auf dem Silbermond seine Tochter gefangengehalten wurde, und dann würde er nach Sid Amos Ausschau halten.
Dafür mußte er sich auf sie konzentrieren, auf ihr Bewußtseinsmuster.
Er versuchte es…
Und erschauerte.
Etwas stimmte nicht.
Seine Magie wollte nicht so recht funktionieren!
Da war zwar etwas, aber es war eher ein ganz schwaches, entferntes Echo.
Also konzentrierte er sich nun auf Sid Amos, um dann nach Art der Silbermond-Druiden im zeitlosen Sprung zu ihm zu teleportieren.
Aber das funktionierte auch nicht!
Er kam nicht vom Fleck!
Merlin, der mächtige Magier, war hier hilfloser als jeder andere Bewohner des Silbermondes…!
***
Asmodis fuhr herum. Der Fremde mußte sich per zeitlosem Sprung genähert haben, denn gerade eben, vor ein paar Sekunden noch, war er nachweislich nicht hier gewesen.
»Was ich hier tue?« wiederholte er die Frage des Fremden, Der Fremde nickte. »Das fragte ich dich. Ich kenne dich nicht. Und deine Aura ist… seltsam diffus. Sie paßt nicht hierher. Du gehörst nicht auf den Silbermond. Wenn ich dich mir so ansehe, könntest du eher zu LUZIFERs Schergen gehören als zu uns. Ich möchte gern deinen Lebensbaum sehen. Zeigst du ihn mir?«
»Meinen - Lebensbaum?« Asmodis war überrascht. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich daran erinnerte, daß jeder Silbermond-Druide auf diesem Mond einen Lebensbaum besaß, zu dem er eine innige Bindung hatte. Es hieß, daß ein Silbermond-Druide starb, wenn sein Lebensbaum verdorrte.
Die einzigen Ausnahmen, die Asmodis in dieser Hinsicht kannte, waren Gryf ap Llandrysgryf und Teri Rheken. In der Gegenwart gab es auf dem Silbermond keine Lebensbäume mehr, auch in Julians Traumwelt nicht, und dennoch lebten die beiden Druiden.
Wahrscheinlich gab es auch noch einige andere Druiden, von denen weder Asmodis noch sonst jemand etwas wußte. Entweder hatte sich in ihnen etwas Grundsätzliches verändert, oder die alten Legenden stimmten einfach nicht.
Aber das war für Asmodis jetzt nicht relevant.
Er musterte den Mann, der sich für seinen - für Asmodis' - Lebensbaum interessierte. Der Fremde trug einen weißen Kilt mit breitem Ledergürtel, an dem ein leicht gekrümmter Dolch in einer kunstvoll bestickten Scheide hing. Die Gürtelschließe zeigte das Emblem des Silbermondes, wie es fast jeder der Druiden in irgendeiner Form bei sich trug. Seine Füße wurden von Fellstiefeln geschützt, und ein Stirnband bändigte den wilden, grauen Haarschopf. Die Haut des Mannes war dunkel wie die eines Arabers.
Asmodis schätzte sein äußerliches Alter auf etwa sechzig Jahre. Wie alt der Druide wirklich war, ließ sich daran natürlich nicht ablesen; er mochte etliche Jahrhunderte oder - wie Gryf ap Llandrysgryf - sogar Jahrtausende auf dem Buckel haben, aber er hatte seinen Alterungsprozeß angehalten, als er dieses reife Aussehen erreichte.
Asmodis fragte sich, warum manche dieser Wesen eine ›alte‹ Erscheinung wählten, statt wie Gryf und Teri ›jung‹ zu bleiben. Der einmal beschrittene Alterungsprozeß ließ sich nicht rückgängig machen. Der Druide, der Asmodis gegenüberstand, würde nie wieder aussehen können wie mit dreißig oder zwanzig, für ihn gab es nur noch den Weg nach vorn.
»Wer bist du?« fragte Asmodis jetzt, nachdem er sein
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