Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0577 - Gebieter der Nacht

0577 - Gebieter der Nacht

Titel: 0577 - Gebieter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Bonzen-Schlitten bestimmt nicht. Erstens begab er sich nicht unbedingt in solche dörflichen Niederungen, und zum anderen fuhr er einen Oldtimer aus der Vorkriegszeit, und den würde er niemals gegen eine »moderne Blechkiste« eintauschen, wie er sich auszudrücken beliebte.
    Wer also kam mit einem Wagen der Einfamilienhaus-Preisklasse hierher?
    Nicole parkte den Mercedes direkt neben dem Bentley ein und betrat den Pub. Man nahm ihr Erscheinen zur Kenntnis, doch es dauerte eine Weile, bis sie jemand erkannte. »Sind Sie nicht die Sekretärin von diesem Franzosen, der das Cottage gekauft hat?«
    Die Briten im ländlichen Dorset waren ein ganz eigener Schlag und sahen in Zamorra nach wie vor einen Fremden, der noch dazu in seiner Eigenschaft als Franzose zum kontinentalen Erbfeind gehörte. Für ihn sprach allerdings, daß er ein moderner Franzose war, der mit den Rosenkriegen und anderen Auseinandersetzungen nicht mehr in Verbindung gebracht werden konnte, aber daß er auch noch spanische Vorfahren hatte, vergaß ihm das Seeräubervolk nicht so leicht. Man pflegte ihm gegenüber oft an die spanische Armada zu erinnern und an die Schlacht von Trafalgar…
    Das änderte allerdings nichts daran, daß Zamorra als zahlender Gast im Pub gern gesehen war, und Nachbarschaftshilfe wurde hier noch großgeschrieben. Nur ließ man ihn eben immer wieder spüren, daß er Ausländer war und daß man es eigentlich lieber gesehen hätte, wenn das Cottage seinerzeit in britischer Hand geblieben wäre.
    Der Europa-Gedanke hatte sich bei den Landlords von Dorset noch nicht durchsetzen können…
    Nicole konnte damit leben, sie wollte ohnehin nur nach Neuigkeiten forschen.
    Als sie ein Getränk bestellte - alkoholfrei, denn sie war ja schließlich mit dem Wagen unterwegs-, ließ einer der Gäste es auf seine Rechnung schreiben.
    Alle Blicke richteten sich stirnrunzelnd auf den edlen Spender, der in aristokratischer Überlegenheit Nicole anlächelte.
    Nicole hatte ihn noch nie zuvor hier gesehen. Er mußte der Besitzer des Bentley sein. Und in Nicoles Situation war es nur natürlich, daß sie sich erst mal dem Wirt zuwandte und ihn nach dem Fremden befragte, ehe sie dessen Einladung annahm.
    »Nie zuvor gesehen, den komischen Vogel«, brummte der Mann am Tresen. »Der ist hier noch fremder als Ihr Professor, Lady«
    Das machte Nicole neugierig.
    Sie akzeptierte die Einladung.
    Warum sollte sie auch ablehnen? Jetzt wollte sie ja mit dem Mann ins Gespräch kommen. Und daß er ihr nicht zu nahe kam, dafür wußte sie im Falle des Falles schon zu sorgen.
    Also setzte sie sich zu ihm und bedankte sich artig.
    Obgleich es im Raum nicht sonderlich hell war, trug der Mann eine Sonnenbrille. Er hatte ein etwas schmales Gesicht, helle Haut und dunkles, lang fallendes Haar. Er war elegant und teuer gekleidet, wenn auch nicht ganz mit der Mode gehend. Aber wer einen Bentley fährt, braucht sich nicht an der kurzlebigen Mode zu orientieren, er steht darüber.
    »Der Wagen da draußen ist Ihrer, nicht wahr?« fragte Nicole. »Woher kommen Sie? Das Kennzeichen kann ich nicht einordnen, weil ich mit dem britischen System nicht ganz vertraut bin, und ich habe Sie auch noch nie hier gesehen.«
    »Können Sie auch nicht. Mein Name ist Morano, Tan Morano. Ich bin erst seit ein paar Tagen in dieser Gegend. Vielleicht werde ich mich hier niederlassen. Daß es hier so schöne Frauen wie Sie gibt, ist ein recht überzeugendes Argument dafür.«
    Sie lächelte.
    »Ich wohne nicht ständig hier«, sagte sie. »Aber wenn Sie ein Domizil suchen - vielleicht sollten Sie mit meinem Lebensgefährten sprechen. Er trägt sich mit dem Gedanken, sein hiesiges Anwesen zu veräußern.«
    »Aber das bedeutet ja, daß dieses Land Sie verlieren würde!« Morano seufzte bedauernd. »Oder wollen Sie sich von ihm trennen und hier bleiben?«
    »Auf keinen Fall.«
    »Dann werde ich dieses Anwesen sicher nicht kaufen.« Er lächelte gewinnend. Zumindest sollte dieses Lächeln gewinnend sein, doch auf Nicole wirkte es irgendwie… ja, geheimnisvoll war wohl das richtige Wort.
    »So oder so werden Sie mich recht selten hier sehen. Pardon, ich bin unhöflich.« Sie stellte sich kurz vor, nannte aber nur ihren Namen.
    Morano lächelte erneut. »Sie gaben mir durch Ihre Zurückhaltung die Möglichkeit, zu versuchen, Ihren Namen zu erraten. Ich tippte auf Tanja oder Nancy. Verzeihen Sie mir diesen Fehler«
    »Aber sicher. Es sind schöne Namen, und Ihrer ist übrigens auch recht malerisch.

Weitere Kostenlose Bücher