0578 - Welten des Grauens
ist.«
»Hundert Jahre sind für einen Drachen doch kein Alter! Ich bin kein Greis!« protestierte Fooly. Der kleine Drache war grünbräunlich gefleckt, etwa 1,20 Meter groß, fett, geflügelt, geschweift, vierfingrig und mit einem Rückenkamm, der aus dreieckigen Hornplatten bestand, und einer langen Krokodilschnauze sowie großen Telleraugen versehen. Besondere Fähigkeiten: vorlaut, tolpatschig, bisweilen feuerspeiend, nervtötend - und einfach zu drollig, um ihm lange böse sein zu können.
Und manchmal konnte er sogar weise sein…
Wenn er wollte.
Aber er wollte leider nicht immer.
Er stammte eigentlich aus dem Drachenland, einer Zamorra bisher noch fremden Welt oder Dimension, und war Butler William gewissermaßen zugelaufen. Und seither stellte er so oft wie möglich alles auf den Kopf…
»Also, kriege ich jetzt meinen Garten oder nicht?« verlangte er heftig aufstampfend.
»Nein«, sagte Zamorra zum 36. Mal.
»Aber wo sonst soll ich Wendelkraut aussäen? Du weißt doch genau, daß man es braucht, um Schleichhasen zu wendeln, sonst schmecken sie einfach nicht!«
»Und du weißt genau, daß es Schleichhasen nur im Drachenland gibt und nicht in dieser Welt. Wo es keine Schleichhasen gibt, kannst du sie auch nicht essen, geschweige denn vorher wendeln. Somit benötigst du auch kein Wendelkraut.«
»Aber die Zeitwurz…«
»Wofür braucht man die? Auch, um Schleichhasen zuzubereiten?«
»Natürlich nicht nur, obgleich es hilfreich sein kann«, erklärte Fooly bestimmt. »Zeitwurz kann man eigentlich für alles gebrauchen. Deshalb brauche ich meinen Garten! Einen ganz kleinen nur, wo immer die Sonne drauf scheint. Vielleicht da, wo jetzt der Swimming-Pool ist…«
»Nein«, sagte Zamorra zum 37. Mal.
»Ach, stell dich nicht so an! Die Zeitwurz kann auch dir nützen. Und das Wendelkraut… Vielleicht könnte man ja gebackenen Igel damit Wendeln, damit er noch besser schmeckt. Auch Krokodilpansen kann man damit verfeinern, und es hilft gegen Schweinepest und Rinderwahnsinn…«
Zamorra blieb stehen; er hatte die Tür seines Arbeitszimmers erreicht und fürchtete um das an der Wand hängende Bild, dem Foolys Flügel bei dessem heftigen Gestikulieren und Flattern bedenklich nahe kamen. »Krokodile haben keinen Pansen«, belehrte er den Jungdrachen. »Pansen ist einer der vier Mägen bei Rindern.«
»Vier Mägen?« ächzte Fooly. »Junge, da müssen die ja fressen können! Kein Wunder, daß sie dabei wahnsinnig werden… Äh, Krokodile haben keinen Magen?«
»Keinen Pansen«, stöhnte Zamorra.
»Das macht nichts«, behauptete Fooly großzügig. »Gewendelte Krokodilleber ist auch nicht das schlechteste. Du siehst also, ich brauche den Garten unbedingt!«
»Nein«, sagte Zamorra zum 38. Mal. »Und du könntest mir einen ganz großen Gefallen tun und mich jetzt in Ruhe lassen. Ich habe zu arbeiten.«
Er öffnete die Tür und wollte das Zimmer betreten.
»Ich hab' 'ne gute Idee«, verkündete Fooly. »Die ist so gut, daß sie glatt von mir sein könnte: Wenn ich meinen Garten bekomme und Wendelkraut und Zeitwurz anpflanzen darf, lasse ich dich in Ruhe arbeiten.«
»Nein«, sagte Zamorra zum…
»… zum Teufel, was ist das denn?« Entgeistert starrte er in Richtung Arbeitstisch.
Alle drei Monitore waren eingeschaltet, nur von Nicole war nichts zu sehen.
Fooly drängte sich an Zamorra vorbei - das heißt, er mußte Zamorra erst mal vor sich her ins Zimmer schubsen, weil die Tür zu schmal für sie beide war. Ihr Rahmen war schon fast zu schmal für Fooly, und Zamorra spielte mit dem Gedanken, sie noch schmaler bauen zu lassen, damit der Drache nicht ständig hereinspazieren und mit der komplizierten Technik herumspielen konnte. Nicht auszudenken, was er dabei anrichten konnte, wenn er in Stimmung war - was er meistens allerdings war!
Aber nun war er schon drinnen.
Und watschelte in olympiarekordverdächtigem Tempo auf den Arbeitstisch zu.
»Ein Computerspiel!« krähte er munter. »Is' ja irre! Seit wann hast du das, Zamorra? Da muß ich doch gleich mal…«
»Neeeeiiiiin!« gellte Zamorras entsetzter Schrei. Zum einen, weil er absolut nicht begreifen konnte, wieso da ein Computerspiel lief, und zum anderen, weil er Fooly von der Technik fernhalten wollte.
Er stürmte hinter dem Jungdrachen her, der den Tisch schon fast erreicht hatte, und bekam ihn am linken Flügel zu fassen.
»Wirst du wohl hier bleiben? Husch, raus mit dir, sofort!« knurrte Zamorra und bemühte sich, den Jungdrachen von
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