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058 - Der Duft von Sandelholz

058 - Der Duft von Sandelholz

Titel: 058 - Der Duft von Sandelholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaelen Foley
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er, dann hielt er zögernd inne. „Dennoch ist es seltsam, dass dasselbe Phänomen uns beide zu Waisen machte."
    Überrascht blickte sie zu ihm hoch.
    „Meine Mutter starb während eines Monsuns. Mit dem Hochwasser kommt das Fieber. Es bricht immer während der Monsunzeiten aus", erklärte er als Antwort auf ihren fragenden Blick. „All das Wasser, das zurückbleibt, wenn die Regenwolken schon längst weitergezogen sind. Die Ärzte sagen, es ist die Ursache für die Epidemien."
    Sie erschauerte. „Und das geschieht jedes Jahr?"
    „Jedes Jahr."
    „Das hört sich äußerst unerfreulich an."
    „Das ist es", stimmte er mit leisem Lachen zu. „Es gibt dort aber auch Insekten von der Größe eines Kaninchens. Menschenfressende Tiger. Maharadschas, die einen Feuerregen auf uns niederprasseln lassen. Indien ist ein endloses Vergnügen."
    Sie lächelte schief. „Nun, dann müssen Sie den Tod ja regelrecht herbeisehnen, Major. Neulich im Hyde Park schienen Sie fest entschlossen zu sein, in dieses Land zurückzukehren."
    „Es ist meine Heimat", erwiderte er. „Außerdem findet dort ein Krieg statt. Meine Männer brauchen mich."
    „Und Sie wollen die Gelegenheit nutzen", erinnerte sie ihn mit einem kecken kleinen Lächeln.
    Derek störte sich nicht daran. „Oh, ich denke, Sie verstehen etwas von Ehrgeiz, Lily Balfour." Es schien ihm der richtige Zeitpunkt zu sein, ihr seinen Arm anzubieten, und als er das tat, nahm sie zögernd an. „Tatsächlich", fuhr er fort, erfreut, dass sie sich ihm gegenüber entspannte, „glaube ich, wir haben mehr gemeinsam, als wir beide zugeben wollen."
    „Wie das?"
    „Wir sitzen im selben Boot. Wir wollen in London Geld für ein Projekt auftreiben, das nicht uns allein betrifft. Sie, um Ihre Familie zu retten, ich, um das Geld für die Armee zu holen. Trotzdem ist es eine recht unerfreuliche Aufgabe, oder?"
    Stumm blickte sie ihn an.
    „Na schön." Er hielt es nicht für gut, dieses Thema allzu sehr zu vertiefen. „Jetzt, da ich das von Ihrem Vater weiß, kann ich verstehen, warum Sie Indien so sehr hassen, aber ich versichere Ihnen, trotz all seiner Gefahren ist es ein Land von verblüffender Schönheit."

    „Das ist auch einer der Gründe, warum mein Vater so sehr davon besessen war. Er hatte versprochen, meiner Mutter einen Sack voller Rubine mitzubringen und für mich einen mit Diamanten", sagte sie spöttisch.
    „Ach, so einer war er? Nun, ich glaube, jetzt kann ich ihn mir vorstellen." Derek schüttelte den Kopf. „Würde ich einen Schilling für jeden neuen Rekruten bekommen, dessen Träume über die Schätze des Ostens ich zerstören muss, dann würde ich ..."
    „Ja, mein Vater hatte ebenfalls nicht viel Sinn für die Wirklichkeit, Major. Das war der Hauptpunkt seiner Probleme. Er war ein Träumer - und deshalb hätte meine Familie ihn niemals gehen lassen dürfen. Meine Mutter, mein Großvater. Sie hätten beide wissen müssen, dass er nicht der Mann war, der das überleben würde. Mein Vater war nicht - wie Sie", fügte sie zögernd hinzu. „Er hatte nicht Ihre Qualitäten."
    „Welche Qualitäten?", fragte er, und als sie nur irgendetwas Unverständliches vor sich hinmurmelte, bedrängte er sie weiter: „Nein, jetzt möchte ich es wissen", erklärte er belustigt. „Welche Qualitäten meinen Sie, Miss Balfour?"
    „Nun, zum einen Rücksichtslosigkeit."
    Das war nicht gerade ein Kompliment. „Ich? Rücksichtslos?", fragte er mit unschuldiger Miene.
    Sie begannen beide zu lachen.
    „Vielleicht nicht durch und durch, aber Sie müssen zugeben, dass Sie eine rücksichtslose Seite besitzen."
    „Niemals!"
    „Schwindeln Sie nicht. Man sieht es Ihnen an, das Sie diese Eigenschaft besitzen", versicherte sie. „Manchmal kann ich Sie mir sehr gut im Kampf vorstellen."
    „Tun Sie das lieber nicht. Es könnte Ihnen Albträume verursachen."
    „Meinen Vater kann ich mir jedoch überhaupt nicht in einer Schlacht vorstellen. Es ist komisch. An jenem Abend im Pavillon dachte ich an ihn. Als ich ein kleines Mädchen war, baute er mir ein solches Gartenhäuschen, damit ich darin spielen konnte. Er begann zumindest mit dem Bau, das sollte ich besser sagen. Mein Vater führte selten etwas zu Ende."
    Abrupt verstummte sie, woraufhin Derek sich bückte und ihren Scheitel küsste.
    „Es wird wieder gut", flüsterte er völlig grundlos. Meistens glaubte er selbst nicht daran, aber irgendwie schienen diese wenigen Worte immer zu wirken. Sie schenkte ihm dankbar ein kleines

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