058 - Der Kampf um den Ring
Meer. Er kannte dort eine aufgelassene Ziegelfabrik. Bis man Rud Gingeest dort fand, würde er nicht mehr zu erkennen sein.
Daß ihm jemand folgte, fiel ihm nicht auf. Er war nicht allein auf der Straße, und die Scheinwerferpaare, die hinter ihm in der Dunkelheit hingen, beunruhigten ihn nicht.
Er bog an der nächsten Kreuzung ab und nahm Kurs auf das einsame, abgelegene Fabrikgelände.
Sobald er es erreicht hatte, blickte er sich aufmerksam um. Er stieg schließlich aus und vergewisserte sich abermals, daß niemand in der Nähe war. Erst dann begab er sich zum Kofferraum und klappte den Deckel hoch.
Er hob die Teppichrolle ächzend aus dem Wagen, warf sie sich über die Schulter und stapfte damit durch hohes Unkraut.
Die verfallenen Gebäude waren flach und wie ein Vierkanthof angeordnet. Schlanke Schlote stachen wie Nadeln in den Nachthimmel.
Wim Kabel verschwand mit seiner Last in einem der Gebäude. Er kippte den Toten ab, griff mit beiden Händen nach dem Teppichrand, und als er diesen mit einem kraftvollen Ruck hochriß, rollte Rud Gingeest heraus.
Die Leiche hatte so viel Schwung, daß sie vor der rostigen Eisentreppe, die steil nach unten führte, nicht liegenblieb, sondern diese auch noch hinunterpolterte.
Kabel wartete, bis der Tote unten aufschlug, dann drehte er sich um.
Frank Esslin hatte dem Holländer nicht bis zu dem Gebäude folgen können. Er wollte nicht, daß der Mann mit dem Teufelsring ihn vorzeitig bemerkte, deshalb verließ er seinen Wagen bereits am Beginn des weitflächigen Areals.
Mit gezogener Walther PPK - einst war sie mit geweihten Silberkugeln geladen gewesen - huschte der Söldner der Hölle durch die Dunkelheit.
Er mied den unbefestigten Weg, damit der Sand nicht unter seinen Schuhen knirschen konnte, lief durch knöchelhohes Gras und erreichte einen dunklen Backsteinbau.
Von Wim Kabel sah und hörte er nichts, aber er war zuversichtlich, den Mann zu finden. Er würde ihm eiskalt entgegentreten, nicht viel reden, sondern sofort schießen.
Keine Chance sollte der Holländer haben.
Dann würde der Ring endlich ihm gehören. Frank Esslin konnte es kaum noch erwarten, sich den Goldreif an den Finger zu stecken. Es würde sein erster großer Triumph über Tony Ballard sein.
Mit langen, geschmeidigen Sätzen lief Frank Esslin weiter. Er erreichte die Gebäudeecke und entdeckte Wim Kabels Wagen. Die Beleuchtung war abgeschaltet. Fahles Mondlicht schimmerte auf dem Autodach.
Ein grausames Lächeln huschte über Frank Esslins Gesicht. Ihm selbst wäre es undenkbar gewesen, daß er eines Tages die Fronten wechseln würde, aber es war geschehen, und eine Umkehr kam für ihn nicht mehr in Frage.
Er wollte den eingeschlagenen Weg weitergehen, aufsteigen in er Hierarchie der Hölle und stark und mächtig werden. Um das zu erreichen, war er bereit, jedes Opfer zu bringen.
Er hatte noch schätzungsweise hundert Meter bis zu Wim Kabels verwaistem Wagen. Dort würde er auf den Holländer warten und ihn mit einer schnellen Kugel ins Jenseits befördern.
Jeder Mord wurde ihm auf seinem Höllenkonto gutgeschrieben, das wußte er. Im Reich der Finsternis zählten andere Werte.
Als Frank Esslin zwanzig von den hundert Metern zurückgelegt hatte, tauchte Wim Kabel wieder auf.
Der Söldner der Hölle zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen und sprang augenblicklich in Deckung.
Der Holländer warf den nunmehr leeren Teppich in den Kofferraum, drückte den Deckel zu und stieg in das Fahrzeug.
Verdammt! durchfuhr es Frank Esslin. Er war noch zu weit weg von Wim Kabel.
Hatte es einen Zweck, weiterzulaufen? Der Holländer würde bestimmt gleich abfahren. Was sollte er noch hier? Den Toten war er losgeworden.
Da knurrte bereits der Motor des Fahrzeugs. Esslins kalte Wut hämmerte zwischen den Schläfen. Er wandte sich in großer Eile um und hetzte zu seinem Mietwagen zurück.
Wenn nicht hier, mußte er Wim Kabel woanders erledigen. Es ärgerte ihn, daß er es nicht mehr geschafft hatte. Der Ort wäre bestens geeignet gewesen.
Völlig außer Atem erreichte der Söldner der Hölle sein Fahrzeug. Er ließ sich hinter das Lenkrad fallen und stieß den Schlüssel ins Zündschloß. Der Anlasser mahlte zweimal, dann sprang der Motor an, und Esslin wagte sich nun doch auf das Gelände der Ziegelfabrik.
Er fuhr ohne Licht, fuhr so schnell, wie er es verantworten konnte. Wenn er den Mann mit dem Teufelsring aus den Augen verloren hätte, wäre er vor Wut geplatzt.
Sobald er Kabels Fahrzeug
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