058 - Der Kampf um den Ring
sah, nahm er Gas weg. Der Holländer verließ das Areal, und Frank Esslin hing wieder hinter ihm.
Aber Wim Kabel fuhr nicht nach Hause. Er machte einen Bogen, überquerte die Amstel und steuerte den Amsterdam-Rhein-Kanal an.
Der Mistkerl macht mit mir eine Stadtrundfahrt bei Nacht! ärgerte sich Frank Esslin, und er wünschte, Yora wäre bei ihm gewesen.
Sie hätte dieses Katz- und-Maus-Spiel erheblich abgekürzt, doch Esslin hatte keine Ahnung, wo sich seine dämonische Verbündete zur Zeit aufhielt.
Sie ging hin und wieder ihre eigenen Wege, ohne ihm zu sagen, was sie vorhatte. Sie war ihm keine Rechenschaft schuldig. Er war schließlich nur ein schwacher Mensch, dessen sie sich bediente. Er konnte sich bestenfalls als Yoras Handlanger bezeichnen, und das ärgerte ihn.
Vielleicht befand sich Yora schon in Amsterdam. Er würde von ihr hören wenn sie es für richtig hielt. Sie würde auf telepathischem Wege mit ihm Kontakt aufnehmen.
Bis dahin war er auf sich allein gestellt, und es wäre ihm eine Genugtuung gewesen, ihr zu beweisen, daß er auch ohne sie erreichte, was er wollte.
Wim Kabel stoppte beim Kanal, und aus sicherer Entfernung beobachtete Frank Esslin, wie sich der Holländer auf ein großes Hausboot begab.
Der Söldner der Hölle stieg aus und pirschte sich näher heran. Er wußte nicht, daß es sich um ein Wespennest handelte.
***
Sie nannten ihn Pronto. Seinen richtigen Namen kannte kaum jemand. Vielleicht hatte er ihn sogar selbst schon vergessen. Er hörte auf Pronto, weil er einen Körper wie ein Saurier hatte. Plump und schwerfällig, mit einem zu kleinen Kopf.
Kalt und seelenlos wie Eiskugeln glitzerten seine Augen. Er hatte klein angefangen im Drogengeschäft. Heute war er ein Mann, durch dessen Finger ein Großteil des Rauschgifts lief, das in Amsterdam angeboten wurde.
Er hatte sogar einträgliche Geschäftsverbindungen nach Übersee - zu Gino Zadora zum Beispiel, obwohl es ihn schon ein wenig reute, diesen beliefert zu haben.
Die ersten Sendungen hatte Zadora prompt bezahlt, aber dann hatte der Italo-Amerikaner Schwierigkeiten mit der Narcotic Squad gehabt, und von diesem Tiefschlag schien er sich immer noch nicht erholt zu haben, obwohl er am Telefon unbekümmert und optimistisch klang.
Ein einziges Mal nur war Pronto von seinem Prinzip abgegangen, nur gegen bare Kasse zu liefern, und schon war er hereingefallen.
Er mußte Zadora mehrmals massiv drohen, ehe dieser sich bequemte, einen Geldboten loszuschicken, den Pronto noch heute erwartete.
Sollte der Mann aus irgendwelchen Gründen nicht eintreffen, würde sich Pronto überlegen, ob er nicht ein paar Freunde anrufen und sie bitten sollte, sich in einer ganz speziellen Art um Gino Zadora zu kümmern.
Man durfte es sich mit Pronto nicht verscherzen. Nicht einmal dann, wenn man im fernen Chicago lebte. Im Zeitalter der Düsenflugzeuge waren auch solche Entfernungen binnen weniger Stunden überwunden.
Fett, schwitzend und eine dicke Zigarre paffend, saß Pronto an seinem Schreibtisch. Jemand klopfte an die Tür.
»Ja!«
Einer von Prontos Vertrauten trat ein.
»Was gibt's? Ist der Amerikaner eingetroffen?«
»Nein, Pronto. Ein Typ namens Wim Kabel möchte dich sprechen.«
Bis vor kurzem hatte Pronto einen Mann dieses Namens nicht gekannt, doch inzwischen hatte der Bursche von sich reden gemacht. Man nannte ihn den Mann mit dem Teufelsring.
»Und? Was will der Kerl?« fragte Pronto.
»Er möchte Stoff kaufen«, sagte dieser.
»Stoff kaufen?« echote Pronto. »Hat er Geld?«
»Er sagt ja.«
»Laß ihn rein, aber bleib in der Nähe.«
»In Ordnung, Boß.«
Der Vertraute zog sich zurück, und Wim Kabel trat ein. Pronto musterte ihn interessiert. Sein Interesse richtete sich vor allem auf den goldenen Ring, den der Mann trug.
Er erhob sich nicht, um Kabel zu begrüßen, dafür war ihm der Mann zu unwichtig. Er nickte mit seinem kleinen Kopf und sagte: »Sie sind also Wim Kabel, der Mann mit dem Teufelsring. Ich habe in letzter Zeit viel von Ihnen gehört.«
»Und ich von Ihnen, allerdings nicht nur in letzter Zeit«, sagte Wim Kabel lächelnd. Er trat näher. »Ich wollte immer schon mit Ihnen ins Geschäft kommen, aber mir fehlte es bisher stets am nötigen Kleingeld.«
»Hat sich das inzwischen geändert?«
»Erheblich«, sagte Wim Kabel und hob wichtigtuerisch die Augenbrauen. Er wies auf den Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand. »Darf ich mich setzen?«
Pronto nickte. »Nun mal ehrlich. Man hört die
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