058 - Der Kampf um den Ring
nach den Papieren.
»Dr. Frank Esslin«, sagte der Rauschgiftboß. »Ein Doktor mit einer Kugelspritze. Das ist mal was Neues.«
Esslin riß sich los, gab einem Gegner einen Tritt und knockte den zweiten mit einem unverhofften Schwinger aus.
Wim Kabel hielt sich aus der Sache raus. Was die Gangster mit dem Mann, den er nicht kannte, zu schaffen hatten, ging ihn nichts an.
Frank Esslin kämpfte hart und unerbittlich. Sein Rundschlag streckte auch den zweiten Mann nieder, und dann wollte er sich seine Waffe wiederholen, doch Pronto war schneller.
Der Heroinhai schnappte sich die Walther und richtete sie auf den Ex-WHO-Arzt. »Schluß jetzt!« zischte Pronto.
Esslin schaute in das schwarze Mündungsauge seiner eigenen Pistole und erstarrte. Er spreizte die Arme ab und entspannte sich keuchend.
»Wieso schleichst du um mein Hausboot herum?« wollte Pronto wissen.
Frank Esslins Augen wurden schmal. Er haßte es, von einer Waffe bedroht zu werden.
Da er nicht sofort antwortete, schlugen ihn Prontos Männer nieder.
»Was hast du hier zu suchen?« schnauzte der Heroinhai ihn an.
»Ich bin nicht euretwegen hier«, knirschte Frank Esslin.
Das trug ihm wieder Hiebe ein, weil Pronto es für eine Lüge hielt.
»Spiel nicht den Märchenonkel! Sag die Wahrheit!« verlangte Pronto. »Sonst drehen dich meine Männer durch den Wolf!«
»Es ist die Wahrheit! Ich will nichts von euch!«
Pronto brauchte seinen Männern nur zuzunicken. Alles andere besorgten sie in seinem Sinne.
»Mit deiner Sturheit bringst du dich ins Grab, weißt du das?« blaffte der Heroinboß. »Wer schickt dich? Für wen arbeitest du? Ist Esslin dein richtiger Name?«
»Ja.«
»Wer hat dich auf uns angesetzt?«
»Niemand. Ich bin hinter Wim Kabel her«, keuchte Frank Esslin.
Der Mann mit dem magischen Ring war überrascht.
»Was willst du von ihm?« fragte Pronto.
»Den Ring.«
»Du auch?« fragte Wim Kabel, noch mehr verwirrt.
»Wer wollte den Ring noch haben?« erkundigte sich Frank Esslin.
»Ein Winzling namens Cruv.«
»Cruv ist hier?« stieß Esslin heiser hervor. Er dachte gleich weiter. Wenn Cruv sich in Amsterdam befand, war Tony Ballard höchstwahrscheinlich auch in der Stadt. Und wo Tony war, da war auch meistens Mr. Silver.
Wim Kabel starrte Frank Esslin durchdringend an. »Du kennst den Gnom?«
»Ja, aber er ist nicht mein Freund«, gab Esslin zu.
»Seit wann bist du hinter mir her?« fragte Kabel.
»Ich habe beobachtet, wie du die Leiche fortgeschafft hast.«
»Eine Leiche?« fragte Pronto. Sein Blick pendelte zwischen Esslin und Kabel hin und her. »Was für eine Leiche?«
Wim Kabel wußte, daß er vor Pronto keine Geheimnisse zu haben brauchte. »Rud Gingeest«, sagte er. »Ein wertloser Junkie. Er hat mich bestohlen. Dafür habe ich ihn mit dem Ring erschlagen.«
»Mann, du wirst Schwierigkeiten kriegen. Ich mache keine Geschäfte mit Leuten, die kurz vorm Knast stehen.«
»Der einzige, der dafür sorgen könnte, daß ich Schwierigkeiten kriege, ist er«, sagte Kabel und wies auf den ehemaligen WHO-Arzt. »Wenn wir ihn umlegen, ist wieder alles im Lot.«
Prontos Blick richtete sich auf Frank Esslin. Er rieb sich sein Kinn und murmelte: »Das wäre natürlich auch eine Lösung.«
***
Ich lag auf einem Grashügel und beobachtete das Hausboot. In meinem Kopf herrschte ein wahrer Gedankensturm, fast schon ein Orkan.
Nie und nimmer hätte ich mir träumen lassen, hier in Amsterdam meinen einstigen Freund Frank Esslin wiederzusehen.
Großer Gott, wie lange war es her, daß wir beide auf der Seite des Guten gekämpft hatten. Ich hatte gehofft, Frank irgendwann zurückholen zu können, doch mit jedem Tag, jeder Woche, jedem Monat nahm diese Hoffnung ab, denn Frank stand unter dämonischem Einfluß.
Ich wußte nicht, was er schon alles verbrochen hatte, seit wir uns das letztemal sahen. Er konnte inzwischen in das Höllenheer eingegliedert worden sein.
Sollte das schon passiert sein, konnte ich diesen Mann abschreiben, denn einen Frank Esslin, den Asmodis zum Dämon geweiht hatte, konnten wir mit Sicherheit nicht mehr umdrehen.
In diesem Fall war Frank für die gute Seite unwiderruflich verloren.
Natürlich, es gab Ausnahmen.
Mr. Silver war eine solche. Als Dämon geboren, hatte er sich geweigert, nach den Gesetzen der Hölle zu leben. Er hatte sich vom Bösen abgekehrt und dem Guten zugewandt, doch Frank würde das, wenn er erst einmal ein Dämon war, bestimmt nicht tun.
Für ihn gab es ja nichts
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