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0585 - Der Mann, der eine Echse war

0585 - Der Mann, der eine Echse war

Titel: 0585 - Der Mann, der eine Echse war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hat oder zu einem anderen Gott betet, wird er von der Menge verstoßen oder gar erschlagen. Sind die Andersfarbigen oder Andersgläubigen zu vielen, führt man gegen sie einen Ausrottungskrieg. Wenn ihr schon innerhalb eurer eigenen Art keine Harmonie findet, wie würde es erst aussehen, wenn plötzlich eine absolut fremde Art mit auf eurer Welt lebt? Wir wären euch unheimlich, und ihr würdet uns erschlagen. Wir wären nichts anderes als Tiere.«
    Ausgerechnet einer der Säuger in Zamorras Begleitung hatte ihm zugestimmt: »Die Weißen treten die Farbigen, und die Farbigen werden diese Krokodilmenschen treten. Sie werden immer am untersten Ende der Hackordnung stehen. Man wird sie im günstigsten Fall zu Sklaven machen. Das macht die Menschheit doch immer so, seit Beginn ihrer Existenz.«
    Diese bitteren Statements hatte zumindest Charr Takkar nicht vergessen, und deshalb war er überzeugt, daß sie in ihrer bisherigen Gestalt nicht auf Dauer würden überleben können.
    Vielleicht in der Abgeschiedenheit eines indischen Dorfes, in dessen Nähe sie die Erde erreicht hatten, aber das war keine Lösung. Sie mußten sich überall auf der Welt frei bewegen können, das war Takkars erklärtes Ziel.
    Deshalb gab es für ihn nur eine Möglichkeit: die Veränderung!
    Die körperliche Veränderung!
    Wenn sie unter Menschen leben wollten, durften sie keine Echsen bleiben. Sie mußten selbst zu Menschen werden.
    Noch nie hatte ein Sauroide etwas Ähnliches gewagt: die Verwandlung des Körpers in eine andere Gestalt!
    Es war etwas anderes, als nur eine Illusion zu erzeugen, ein Trugbild, das den Menschen vorgaukelte, einen der Ihren vor sich zu haben. Es ging um mehr.
    Ein bloßes Trugbild wäre einfach zu erzeugen gewesen, zumal die magischen Kräfte der Sauroiden auf der Erde geradezu gigantisch waren. Das lag daran, daß das Niveau der magischen Energie auf der Echsenwelt um ein Vielfaches höher gewesen war als das der Erde. Der schwächste Magier der Sauroiden war auf der Erde ein Gigant. Umgekehrt brachte es selbst ein superstarker Magier der Erdbewohner auf der Echsenwelt nicht fertig, ein paar müde Funken zu erzeugen…
    Aber Takkar war nicht sicher, ob sich nicht das magische Niveau der Sauroiden dem der Säuger angleichen würde, je länger sie sich auf der Erde befanden. Entsprechende Experimente hatten niemals stattgefunden, die Sauroiden, von der Zerstörung ihrer Welt bedroht, hatten ganz andere Probleme gehabt, um deren Lösung sie sich kümmern mußten.
    Wenn ihre magische Kraft aber schwand und sich dem irdischen Niveau anglich, war es ein Risiko, sich auf die Wirkung von Trugbildern zu verlassen. Es war möglich, daß dann Säuger die Illusion durchschauten, daß sie erkannten, es mit einem Echsenwesen zu tun zu haben - vor allem, wenn die Kraft des Sauroiden während der Begegnung mit so einem Säuger plötzlich nachließ. Auch die Kraft der Sauroiden war nicht unerschöpflich und zwang immer wieder zu Erholungspausen.
    Auf der Erde natürlich weitaus seltener als auf der Echsenwelt, aber immerhin war bereits das ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
    Der einstige Oberpriester der Kälte begann darüber nachzudenken, wie eine permanente körperliche Veränderung durchgeführt werden konnte.
    Scheinbar gab es nur einen Weg.
    Und er sah ähnlich aus wie jener, mit dem einst Takkars Vorgänger, Orrac Gatnor, versucht hatte, das Fortschreiten der Entropie und die damit verbundene Zerstörung der Echsenwelt zu stoppen.
    Es war ein mörderischer Weg…
    ***
    Anfang Juni in Indien:
    Als es dunkel geworden war, schnitzte der ›Drachenmensch‹ eine hölzerne Figur. Es ging rasch, und er hatte diesen Plan schon länger gehegt, aber erst jetzt bot sich an, ihn zu vervollkommnen und auszuführen.
    Als der Kopf fertig war, legte der ›Drachenmensch‹ das Schnitzmesser beiseite. Er strich sich durch das schwarze Haar. Es war eigenartig, Haare zu besitzen. Es war nicht so, daß ihn dieses Gefühl störte, aber es war eben - anders.
    Es fiel ihm immer noch schwer, sich an viele Dinge zu gewöhnen, die neu für ihn waren. Die weiche, verletzliche Haut zum Beispiel, und das fremde Aussehen, wenn er sein Spiegelbild sah und begriff, daß es kein Zurück mehr gab, daß er diese Maske nicht mehr abnehmen konnte.
    Nie mehr.
    Er riß sich aus seinen Gedanken. Kümmerte sich wieder um seine Arbeit.
    Er nahm die Messing-Kobra, die ihm Ssacahs Hohepriester überlassen hatte, und entnahm ihr einen Teil ihrer magischen Funktion,

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