0585 - Der Mann, der eine Echse war
spannte sich nach wie vor über das Château.
Das bedeutete, daß die Messing-Kobra nicht mal einen winzigen Hauch Schwarzer Magie in sich barg!
Also kein Ssacah-Ableger?
Oder… ein toter Ssacah-Ableger?
Gab es so etwas überhaupt? Bisher hatten sich die unschädlich gemachten Messing-Kobras geflissentlich aufgelöst. Sie bestanden durchgehend aus magischer Energie, und wenn die neutralisiert wurde, konnte sie natürlich auch keinen metallischen Scheinkörper mehr aufrecht erhalten.
Zamorra vertraute Merlins Stern wieder.
Schon in Mostaches Kneipe hatte das Amulett keine Schwarze Magie feststellen können. Niemand war gebissen worden.
Die Messing-Kobra war schon dort harmlos gewesen.
Aber was war dann die wirkliche Gefahr?
In welcher Gestalt zeigte sie sich?
Für Merlins Stern waren Fabius Rencalter und Jeanette Brancard jetzt unsichtbar!
»Zum Teufel!« knurrte Zamorra.
Wie sollten er und Nicole mit einer Bedrohung zurechtkommen, die für ihre magischen Hilfsmittel nicht erkennbar und somit auch unangreifbar war?
***
Nicole hatte Mostache und die anderen informiert, dann hatte sie Patricia mit ihrem Jungen bei den Lafittes abgeholt.
Der kleine Rhett war längst ermüdet eingeschlafen und wachte auch nicht auf, als seine Mutter ihn in Nicoles Auto trug.
Mit wenigen Worten setzte Nicole die Schottin darüber in Kenntnis, was sich zwischenzeitlich im Dorf abgespielt hatte.
»Ich werd's nie verstehen«, seufzte Lady Patricia Saris, »und ich will’s auch nicht verstehen, wieso ihr all dieses Teufelswerk geradezu wie ein Magnet anzieht!«
»Wenn du einmal anfängst, dich für bestimmte Dinge zu engagieren, kommst du nie wieder raus«, erwiderte Nicole. »Weißt du, manchmal träume ich schon davon, einfach nur ruhig vor mich hin leben zu können. Ohne die ständige Angst um mein Leben oder das von Zamorra oder das anderer Menschen. Ohne ständig überall mit Gefahren und Fallen rechnen zu müssen. Einfach nur das Leben genießen, Spaß haben, sonst nichts. Aber dann weiß ich wieder, daß es irgend jemanden geben muß, der sich den Finstermächten entgegen stellt. Wenn es sonst niemand tut, müssen es eben Zamorra und ich tun. Und außerdem haben wir uns schon so oft aus dem Fenster gelehnt, daß wir uns gar nicht mehr zurückziehen können. Wir haben uns eine solche Zahl von Feinden geschaffen, daß wir nur noch weitermachen können, um sie irgendwann vielleicht einmal endgültig auszuschalten. Tun wir es nicht, werden sie uns ausschalten. Sie werden es nicht zulassen, daß wir einfach so in Rente gehen…«
»Hübsche Bezeichnung dafür, in Rente gehen«, murmelte Patricia.
Nicole lenkte den Cadillac-Oldtimer aus dem Dorf hinaus und bog in die Privatstraße ein, die in Serpentinen den Berghang hinauf zum Château führte.
Plötzlich glaubte sie neben der Straße eine Bewegung zu sehen.
Sie nahm den Fuß vom Gaspedal.
Der Cadillac wurde sofort langsamer.
»Was ist los?« fragte Patricia beunruhigt.
»Da ist jemand auf dem Feld«, murmelte Nicole.
Vor ihr lag eine Biegung. Sekundenlang huschte das Scheinwerferlicht im Bogen über die Ackerfläche und streifte einen Mann, der sich erschrocken duckte.
Nicole stoppte endgültig, zog die Feststellbremse an und sprang aus dem Wagen.
»Rencalter!« rief sie. »Bleiben Sie stehen!«
Der Mann bewegte sich nicht mehr.
Nicole näherte sich ihm langsam.
»Was soll das, Mann? Warum flüchten Sie? Glauben Sie wirklich, daß wir Jeanette etwas angetan haben?«
Es war tatsächlich Rencalter, wie Nicole beim Näherkommen feststellte, aber er antwortete nicht. Er kauerte sich auf dem Feld zusammen.
»Wir sind keine Mörder. Das kann Ihnen jeder in der Umgebung bestätigen. Das kann Ihnen auch Jeanette sagen.«
»Jeanette kann nichts mehr sagen. Tote erzählen nichts.«
»Sie ist nicht tot.«
»Aber ich habe den Professor mit der Waffe in der Hand gesehen, und Jeanette lag am Boden.«
»Sie war bewußtlos. Inzwischen ist sie längst wieder aufgewacht.«
»Dann haben Sie Jeanette vorher niedergeschlagen!«
»Blödsinn!« entfuhr es Nicole. »Allmählich sollten Sie Ihre Zwangsvorstellungen mal ausschalten. Kommen Sie, steigen Sie ein!«
»Und dann fahren Sie mich irgendwohin, wo Sie mich stillschweigend verschwinden lassen können.«
»O Herr, schmeiß Hirn von Himmel«, stöhnte Nicole auf. »Ich bringe Sie ins Château, dort können wir reden. Und im Wagen sitzen eine junge Mutter und ihr Kind. Glauben Sie wirklich, ein Mordkomplott gegen Sie
Weitere Kostenlose Bücher