0586 - Gasthaus zur Hölle
gesichert.«
»Hoffentlich auch mit einem Sprung.«
»Das klappt schon. Falls ich dich hier nicht mehr antreffe, schaue ich im Gasthaus nach.«
»Oder im Grab.«
»Ich bewundere deinen Humor.« Suko schlug mir zum Abschied auf die Schulter, dann tauchte er weg. Ich leuchtete ihm. Er kam gut und sicher am Ende des senkrechten Schachts an.
»Wie sieht es da aus?«
»Es stinkt und ist dunkel.« Suko ging in die Hocke. Er leuchtete jetzt nach vorn. »Hier ist tatsächlich ein Gang. Wenn der keinen Bogen schlägt, führt er in Richtung Tor.«
»Und der Ghoul?«
»Der hat sich verzogen.«
»Dann geh.«
»Wenn ich ihn zu packen bekomme, bestelle ich schöne Grüße von dir. Okay?«
Suko nahm den Fall mit einer gewissen Portion Humor, der mir vergangen war. Es gefiel mir überhaupt nicht, das Grab mit meinem Namen entdeckt zu haben. Noch weniger gefiel mir, daß ich nicht wußte, was dahintersteckte.
Man schreibt nicht einfach den Namen eines Fremden an eine Grabplatte, schon gar nicht meinen.
Zum Abschluß leuchtete ich noch einmal in den Schacht, ohne Suko sehen und hören zu können.
Ich drehte mich um, weil ich den Weg wieder zurückgehen wollte.
Mich interessierte das Gasthaus zur Hölle, schließlich trug es nicht grundlos diesen Namen.
Die Büsche, durch die wir uns gezwängt hatten, standen wieder.
Hochaufgerichtet bildeten sie eine Wand, aus der plötzlich etwas Dunkles mit einer rasenden Geschwindigkeit hervorschoß.
Es war auf mich gezielt, nur bekam ich meinen Kopf nicht schnell genug zur Seite.
Das Dunkle, Große erwischte mich wie ein Dampfhammer. Jemand sprengte meinen Schädel. Der gesamte Kopf schien in Fetzen zu fliegen.
Bei mir verlöschte noch nicht sofort das Licht. Ich konnte noch einen Blick durch die Lücken zwischen den Zweigen erhaschen.
Zwei Gesichter standen dort, wie in die Luft gemalt. Jorge und Jacques. Es war der letzte Eindruck, bevor mich irgendeine Kraft in eine dunkle Tiefe zerrte…
***
Suko schüttelte sich, als er an den verdammten Ghoul-Gestank dachte. Er gehörte nicht zu den empfindlichen Menschen, doch dieser alte, widerliche Leichengeruch trieb ihm den Magen in die Höhe.
Es war einfach widerlich.
Der Tunnel stach unter den Gräbern hinweg in die Tiefe des Friedhofs hinein.
Aus bestimmten Gründen kannte sich der Inspektor mit Ghouls aus. Er wußte, daß diese Wesen gern auf alten Friedhöfen hausten und sich von den Toten ernährten. Deshalb konnte er auch davon ausgehen, daß der Gang, der vor ihm lag, irgendwann verästelte und mit seinen Seitenarmen zu den Gräbern hinführte.
Suko rechnete damit, auf Gebeine und blanke Knochenreste zu stoßen. Er dachte auch an die tote Gertrud Moser. Jetzt wußte er, wer sie umgebracht hatte.
Allein aus diesem Grund wollte er den Ghoul vernichten. Er freute sich schon darauf, zusehen zu können, wie dieses widerliche Wesen allmählich austrocknete und kristallisierte.
Die Ghouls gehörten nicht zu den mächtigen Dämonen. Sie waren auch nicht harmlos, ihr Instinkt galt allein dem Töten. Man konnte sie leicht vernichten, wenn man wußte, womit. Und bei ihnen reichte eine Silberkugel immer aus.
Der Gang war verdammt eng. Für einen Ghoul gerade richtig, nicht für Suko, der ziemlich breite Schultern besaß und sich schräg durch diesen Tunnel schieben mußte.
Von der Höhe her blieb er nicht gleich. Sein oberes Ende glich schon mehr einer Welle aus Lehm. Mal höher, mal niedriger.
Der Inspektor bewegte sich kniend voran. Die Lampe hielt er eingeschaltet. Im hellweißen Licht der Leuchte konnte er auch die Ränder des Tunnels erkennen. Sie waren nicht nur dunkel. An einigen Stellen klebten eingetrocknete Schleimspuren. Suko kratzte sie weg.
Die Luft konnte man kaum als solche bezeichnen. Zwar drang sie durch den offenen Schacht und verteilte sich auch innerhalb des Tunnels, nur überwog beim Einatmen der Ghoul-Gestank. Suko spielte mit dem Gedanken, sich ein Taschentuch vor den Mund zu binden, ließ es dann bleiben, biß die Zähne zusammen und atmete durch die Nase.
Der Tunnel behielt die Richtung bei. Zwar nicht kerzengerade, manchmal in kleinen Kurven verlaufend, aber die große Linie war doch nicht zu verfehlen.
Hin und wieder sah sich Suko gezwungen, den Kopf so tief einzuziehen, daß er nur robbend vorankam.
Einmal rieselte etwas in seinen Nacken. Er leuchtete hoch und sah über sich ein Loch, aus dem einige hölzerne Sargplanken wie starre Arme hervorhingen. Daneben schimmerten bleiche Knochen im
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