0588 - AQUARIUS - Dämon aus der Tiefe
mit drinstecken oder irgendwas darüber wissen, dann reden Sie jetzt besser!«
»Warum?« keuchte der Wirt und versuchte abermals, sich aus Zamorras Griff zu befreien, schaffte es jedoch nicht.
»Sie können mit mir reden - oder mit der Polizei!«
»Es gibt hier keine Polizei«, trumpfte der Wirt auf.
»Richtig«, sagte Zamorra. »Aber stellen Sie sich vor, meine Begleiterin und ich setzen uns einfach in unseren Wagen und fahren zum nächsten Ort, in dem es ein Telefon gibt… oder, noch einfacher, wir benutzen das Funkgerät in unserem Wagen! Glauben Sie, Sie könnten Ihre Kumpanen oder die Sikhs noch rechtzeitig alarmieren, um uns aufzuhalten? Und was, meinen Sie, wird hier wohl los sein, wenn wir die Behörden informieren?«
»Man wird Ihnen nicht glauben!«
»Da wäre ich mir an Ihrer Stelle nicht so sicher, Gond.«
Zamorra hielt den Inder immer noch fest, und in seinen Augen funkelte es drohend. Was ihm die Zeitschau seines Amuletts gezeigt hatte, hatte in ihm Abscheu und Wut geweckt.
»Man wird Sie töten!« ächzte Gond.
»Vielleicht…«
Etwas im Gesichtsausdruck des Inders veränderte sich. Zamorra hatte die richtige Taktik angeschlagen, in diese Richtung hatte er das Gespräch lenken wollen. Und auch die Gedanken des Inders.
Gond rechnete sich jetzt bestimmt bessere Chancen aus, wenn er Zamorra die Wahrheit sagte. Denn dann würde dieser nicht das Dorf verlassen und eine nahe Polizei-Station über die unheimlichen Vorkommnisse hier in Panaji informieren. Zamorra war schließlich Europäer, und die waren neugierig und immer auf der Suche nach Abenteuer und Nervenkitzel. Er und seine Gefährtin würden hier in Panaji bleiben und versuchen, dem Geheimnis allein auf die Spur zu kommen.
Und dann bestand die Möglichkeit, etwas gegen sie zu unternehmen.
So malte sich Gond die Sache aus.
Und Zamorra spekulierte darauf, daß er es so tat.
»Ich sage Ihnen, was Sie wissen wollen«, ächzte der Inder.
»Gut«, sagte Zamorra. »Was wissen Sie über den Sikh-Tempel oben im Dschungel?«
»Kein guter Ort«, antwortete Gond mit leicht zitternder Stimme. »Niemand geht dorthin.«
»Warum nicht?« fragte Zamorra.
»Weil der Tempel böse ist.«
»Der Tempel - oder die Menschen, die dort leben?«
»Beides.«
»Woher wissen Sie das?«
»Jeder weiß es.«
»Was geht da oben vor sich?« wollte Zamorra wissen.
»Böse Dinge«, erwiderte der Glatzkopf knapp, aber auf seiner Stirn hatte sich jetzt Schweiß gebildet.
»Was ist mit der Bucht? Ein Stück den Strand runter, dort geschehen auch böse Dinge, oder?«
»Ja.«
»Und haben Sie eine Ahnung, was für Dinge das sind?«
»Ja.«
»Dann sagen Sie's mir, verdammt!« verlangte Zamorra.
»Sie… sie opfern Menschen«, erklärte der Mann mit ehrfürchtiger, aber auch ängstlicher Stimme. Seine dunklen Augen waren leer und blicklos, starrten in Weiten, die außer Gond niemand sehen konnte. »Junge Frauen…«
»Wessen Frauen?«
»Unsere«, sagte Gond. Er mußte schlucken. »Die Frauen und Töchter der Männer von Panaji.«
Zamorra spürte, wie ein eiskalter Finger seine Wirbelsäule hinabstrich. Er beugte sich angespannt vor. »Und warum?« fragte er. »Warum tun sie das? Warum opfern die Sikhs eure Frauen und Töchter?«
»Um Agbar Nabob milde zu stimmen.«
Zamorra runzelte die Stirn. »Agbar Nabob? Wer ist das?«
»Der, der in der Tiefe wohnt.«
»Ein Dämon?«
»Ein Gott.«
»Ist er… ist er alt?«
»Älter als die Welt.«
»Dieser Agbar Nabob«, sagte Zamorra, »sind Sie ihm schon mal begegnet?«
»Nein«, sagte Gond. »Niemand außer den Sikhs darf sich ihm von Angesicht zu Angesicht zeigen.«
»Warum nicht?«
»Weil es verboten ist.«
»Na, das erklärt natürlich alles«, murmelte Zamorra. Laut sagte er: »Sind die Männer des Dorfes damit einverstanden, daß die Sikhs ihre Frauen und Töchter diesem Gott opfern?«
Gond schien verwirrt, dann sagte er leise: »Nein.«
»Und warum laßt ihr es dann zu?«
»Wir… wir haben keine andere Wahl.«
»Weshalb?«
»Weil dann wie einst die Plagen über uns kommen würden.«
»Wer sagt das?«
»Die Sikhs«, antwortete Gond. »Und Agbar Nabob.«
»Aber die Plagen liegen doch schon lange zurück.«
»Ich weiß.«
»Fast tausend Jahre!«
Wieder: »Ich weiß.«
»Ja, aber…« Zamorra zögerte, dann sah er den Inder eindringlich an. »Wie lange?« fragte er langsam. »Wie lange bringen die Sikhs Agbar Nabob schon Opfer dar, um ihn gütlich zu stimmen?«
»Vor ein paar Mpnaten kehrte
Weitere Kostenlose Bücher