Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
059 - Der Preller

059 - Der Preller

Titel: 059 - Der Preller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
zitternden Fingern hielt er das brennende Streichholz an den Tabak.
    »Sie müssen mir versprechen, Mr. Digle, alles, was ich Ihnen jetzt mitteile, als tiefstes Geheimnis zu bewahren.«
    Ein melodramatischer Anfang, ganz nach dem Herzen Digles.
    »Diese Wände haben schon viele Geheimnisse mit anhören müssen«, beruhigte er seinen Besucher. »Nichts davon ist an die Öffentlichkeit gedrungen. Sprechen Sie ruhig und unbesorgt.«
    Immer noch zögerte der andere.
    »Wenn es sich nun um eine Sache handelt«, fragte er und blickte den Hausherrn verstohlen an, »die ein Verbrechen beträfe?«
    Digle lächelte verhalten.
    »Geht mich auch nichts an. Ich kümmere mich nicht um ungelegte Eier. Sie können mich ruhig als Beichtvater betrachten, junger Mann, und sicher sein, daß mir Ihr Geheimnis heilig ist.«
    Endlich war der andere beruhigt.
    »Ich danke Ihnen für dieses Versprechen, Sir. Man hatte mir schon berichtet, daß man Ihnen volles Vertrauen schenken dürfe.«
    »Das können Sie auch«, bekräftigte Digle diese gute Meinung. Er war auf die Geschichte seines Besuchers aufs höchste gespannt.
    »Vor allen Dingen möchte ich vorausschicken, Mr. Digle, daß ich für mehr als zweitausend Pfund englische Kriegsanleihe besitze, die ich, wenn ich wollte, morgen in Bargeld umsetzen könnte. Ich habe sie bei mir.« Er faßte in die Tasche und entnahm ihr einen dicken Briefumschlag. Es wäre zu wenig behauptet, wenn man sagen wollte, daß Digle überrascht war. Die Besucher waren selten, die mit zweitausend Pfund in der Tasche zu ihm kamen.
    »Ich brauche, bis morgen nur, eintausend Pfund Darlehen, Sir«, fuhr der andere fort. »Ich werde Ihnen Zinsen zahlen und diese Anleihestücke als Sicherheit hinterlegen.«
    »Es wird sich vielleicht machen lassen«, meinte der Geldverleiher und warf einen Blick auf die Wanduhr. »Die Banken schließen um drei. Wenn die Sicherheit in Ordnung geht, können Sie den Scheck über tausend Pfund, sagen wir zu zehn Prozent für den einen Tag, haben.«
    Er warf dem Bittsteller einen prüfenden Blick zu.
    »Ach, die Zinsen machen mir kein Kopfzerbrechen«, meinte der Darlehenssucher ungeduldig. »Ich muß das Geld aber sofort haben.« Er unterbrach sich, anscheinend ohne jeden Grund. Er hatte die Sicherheit für das Darlehen bei sich. Digle hatte ihm das Geld so gut wie versprochen - warum also dieses neuerliche Zögern. Der Hausherr begann Lunte zu riechen und beschloß, der Sache auf den Grund zu gehen.
    »Zerbrechen Sie sich nicht unnötig den Kopf. Sie befinden sich bei einem Freund. Beichten Sie, was eigentlich los ist.«
    »Ich muß schon, denn ich brauche Ihren Rat. Ich will mit dem Geld meinen Bruder außer Landes schicken. Er muß vor Nachteinbruch über die Grenze sein, noch ehe seine Tat entdeckt wird.«
    »So? Ihr Bruder hat also etwas ausgefressen?«
    »Ja, er hat etwas getan, was er nie hätte tun dürfen. Er hat ein Verbrechen begangen, das wohl als das größte dieses Jahrhunderts anzusprechen ist. Ich weiß, ich darf Ihnen Vertrauen schenken. Sie meinen es ehrlich mit mir, das sehe ich Ihnen an.«
    Der geschmeichelte Wucherer lächelte.
    »Das größte Verbrechen dieses Jahrhunderts?« knüpfte er an die Bemerkung des andern an. »Ist das nicht ein wenig zuviel gesagt, mein junger Freund? Was kann er denn gemacht haben?«
    »Was würden Sie dazu sagen, wenn er eine Bank um zweihunderttausend Pfund Sterling beraubt hätte, Mr. Digle?«
    Nur ein leises Zucken der Augenbrauen verriet die Überraschung des Wucherers.
    »Ich müßte Ihnen recht geben. Es wäre das größte Verbrechen dieses Jahrhunderts«, begnügte er sich zu erwidern.
    »Schrecklich, entsetzlich.« Der junge Mann stöhnte. »Hunderte armer Leute werden ihr Geld verlieren. Und das Schlimmste ist, daß mein Bruder wußte, daß die Bank, die er bestahl, nicht mehr ganz sicher dastand. Er ließ sich aber nicht von der Ausführung seines Planes abhalten.«
    »Na, na, nicht jede Bank bricht wegen zweihunderttausend Pfund Verlust zusammen«, tröstete ihn Digle. Was ging ihn die Sache an? Er erhielt zehn Prozent für ein eintägiges Darlehen gegen beste Sicherheiten; alles andere interessierte ihn wenig.
    »Welche Bank ist es denn?« fragte er, mehr um das Gespräch fortzuführen als aus Interesse.
    »Eine Privatbank. Ja, wenn es eine der großen Banken wäre, würde es lange nicht so schlimm ...«
    »Eine Privatbank?« Langsam wiederholte Digle die Frage. »Wie heißt sie denn?«
    »Das möchte ich lieber

Weitere Kostenlose Bücher